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Die Kritikeranalyse #4: filmsucht.org [Interview]

Willkommen zur vierten Ausgabe der Kritikeranalyse, bei der die großen Filmkritiker einmal genauer unter die Lupe genommen werden. Dieses Mal beehrt uns Tom Schünemann von filmsucht.org. Im Interview kristallisiert sich heraus, dass seine Kritikerseite einen wunderbaren Kontrast zu den Mainstreamkanälen bildet. Statt Hollywoodkritiken findet man hier den Fokus auf Filmgeschichte und unter anderem das asiatische Kino. Seine Texte haben es dabei in sich: Fast 5000 Filme kann der leidenschaftliche Connoisseur für sich verzeichnen. Dies merkt man auch in seinen Beiträgen, die filmwissenschaftlich sehr in die Tiefe gehen. Aufgrund des Blicks in die entferntesten Winkel der Welt kann man sich also sicher sein: Hier wird man mit absoluter Gewissheit Beiträge zu Filme finden, von denen hat wohl zumindest in Deutschland noch niemand jemals etwas gehört.

Zur Übersicht der Kritikeranalyse.

Für Menschen, die dich nicht kennen: Was kann man konkret von deinen Filmkritiken erwarten und in welcher Hinsicht hebst du dich von anderen Filmkritikern ab?

Die Ausrichtung von Filmsucht.org unterscheidet sich von den meisten anderen Seiten: Ich schreibe wenig zu aktuellen amerikanischen Filmen und widme mich stattdessen ausführlich den Klassikern der Kinogeschichte. Der Fokus liegt dabei auf namhaften Regisseuren wie Ingmar Bergman oder Alfred Hitchcock sowie auf einflussreichen Strömungen wie dem Poetischen Realismus oder der Japanischen Neuen Welle. Allerdings stelle ich nicht nur die Kanonfilme vor, sondern schreibe auch über Klassiker aus der zweiten Reihe, über Genrekino und Obskures. Meine Leser wissen nie, ob die nächste Kritik ein etabliertes Referenzwerk oder einen seltsamen slowenischen Horrorklassiker behandelt. Das sorgt regelmäßig für Überraschungen und die Gelegenheit, Filme kennenzulernen, über die sonst nirgendwo geschrieben wird. Abgerundet wird das Beuteschema von Texten zu relativ aktuellen Arthousefilmen.

Welche Menschen möchtest du am ehesten mit deinem Kanal ansprechen?

Eine spezifische Zielgruppe habe ich nicht. Egal ob Einsteiger oder Cineast: Wer besondere Filme sucht, wird auf Filmsucht fündig. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich gerne noch mehr Jugendliche und junge Erwachsene ansprechen, um ihnen Alternativen zum aktuellen Mainstreamkino aufzuzeigen.

Was bedeuten Filme persönlich für dich und warum gerade dieses Medium und nicht beispielsweise andere Medien wie Theater, Oper, Musik oder Literatur?

Jede Kunstform steht für sich, ich würde sie daher nicht vergleichen. Beim Medium Film gefällt mir besonders, dass sie ein verdichtetes Erlebnis bieten – eine ganze Welt, erzählt in zwei Stunden. Zudem lässt sich die Kinogeschichte deutlich schneller erschließen als etwa die Literatur, denn in der Zeit, die ein Roman von Pynchon oder Dostojewski veranschlagt, kann man problemlos die 20 wichtigsten Western, Film Noirs oder Vertreter der Nouvelle Vague schauen.

Die Literatur war insbesondere in meiner Jugend ein steter Begleiter. Beim Thema Film blieb ich hingegen völlig anspruchs- und ahnungslos, bis ein Gaspar Noé-Double Feature mein Leben auf den Kopf stellte. Mir wurde damals im Alter von 18 Jahren erstmals bewusst, welche Wirkung Filme über ihren Unterhaltungswert hinaus entwickeln können. Ich wurde filmsüchtig und startete eine Suche nach ähnlich krassen Filmerlebnissen, die mich unweigerlich zu kontroversen Klassikern wie Uhrwerk Orange oder Die 120 Tage von Sodom trieb. Mein Hang zu cineastischen Grenzerfahrungen ist inzwischen abgeflaut, aber die Liebe zu alten Filmen ist geblieben.

Gab es schon einmal eine Situation, in der du dich mit jemand über einen Film streiten musstest? Wenn ja, was genau ist dein Anspruch? Geht es dir – auch in deinen Kritiken – um den Dialog, um Aufklärung oder um etwas ganz anderes?

Konstruktives Streiten zählt für mich zu den Grundfesten der Kunstrezeption. Erst der Diskurs macht Kunst lebendig. Wenn mich eine Diskussion mit anderen Sichtweisen und Interpretationen konfrontiert, kann der besprochene Film nur gewinnen, weil er wächst. Es geht also nie um Rechthaberei, sondern um Erkenntnisgewinn. Das entspricht letztlich auch dem Prozess, den jeder Filmkritiker beim Schreiben einer Kritik durchläuft – einen inneren Diskurs führen, auch mal mit sich selbst ringen, und das Ergebnis dieses Streits nach außen tragen.

Was würde bei dir passieren, wenn jemand einen Film aufgrund einer gänzlich anderen Herangehensweise gut findet, währendem du diesen Film aus deiner Sicht als schrecklich empfindest? Und denkst du, dass beide Meinungen gleich viel wert sind?

Meinungen sind immer so viel wert wie die argumentative Basis, auf der sie beruhen. Wenn jemand gut argumentiert, kann eine oppositionelle Meinung erhellend sein, selbst wenn man ihr nicht zustimmt.

Was genau muss ein herausragender Film bei dir mitbringen?

Da gibt es keinen pauschalen Kriterienkatalog. Klar, die Inszenierung, der visuelle Stil und das Schauspiel sollten gut sein, aber das reicht noch nicht. Grundsätzlich imponieren mir Filme, die am Ende mehr ergeben als die Summe ihrer Teile. Und ich schätze es, wenn ein Regisseur in einen Dialog mit dem Zuschauer tritt, wie es etwa Alfred Hitchcock oder Yasujiro Ozu regelmäßig taten.

Welche Rolle spielen Gefühle bei der Filmrezeption bei dir? Und ist ein Film automatisch gut, wenn man bspw. Gänsehaut verspürt oder feuchte Augen bekommt?

Beim Schauen eines Films dürfen wir wieder Kind sein, staunen und weinen. Mit der Rezeption sollte das jedoch wenig zu tun haben – für eine Beurteilung ist es unerlässlich, den unmittelbaren Affekt von der Rezeptionshaltung zu trennen. Meine Gänsehaut, meine Langeweile oder meinen juckender Fuß sagen wenig über einen Film aus, sondern nur etwas über mich. Daraus kann der Leser oder Gesprächspartner keinen Nutzen für sich selbst ziehen. Deshalb tun wir gut daran, solche selbstbezogenen Befindlichkeiten nicht in das Denken und Diskutieren über Filme einzubringen – sie führen vom Film weg und nicht zu ihm hin.

Ich nehme Gefühle jedoch gerne als Sprungbrett: Wenn mich eine Szene emotional trifft, dann steckt dahinter ein Konzept, das offenbar funktioniert. Mit etwas Abstand können wir unserem Gefühl dann nachspüren und entschlüsseln, mit welchen Mitteln der Film es auslöst, wie er Emotionen forciert und uns aktiv einbindet. So lassen sich aus dem persönlichen Affekt allgemeingültigere Gedanken ziehen, die auch für andere Menschen interessant sein können.

Wie würdest du die Wichtigkeit von Emotionalität, Storytelling, Ideologie (Was sagt ein Film über unsere Welt aus?), Inszenierung, Virtuosität, Ästhetik und weiteren Aspekten bei der Filmrezeption sortieren?

Das Filmemachen ist ein schwieriger Vorgang und findet in einem komplexen Umfeld voller bewusster und unbewusster Einflüsse statt. Dass die vielen Faktoren in einem Ergebnis kulminieren und sich nicht mehr auseinanderdividieren lassen, macht für mich die Magie des Mediums aus.

Wenn man auf die Entstehungsgeschichte eines Films schaut, angefangen bei der Idee, bis hin zur Umsetzung und dem fertigen Resultat, welche Faktoren spielen die größte Rolle, wenn man den Anspruch hat, ein filmisches Meisterwerk zu kreieren?

Wenn es eine allgemeingültige Formel gäbe, würden wohl nur noch Meisterwerke im Kino laufen. Leider ist dem nicht so, denn die Kunstform unterliegt wie erwähnt einer Vielzahl von Einflüssen. Ein gutes Drehbuch taugt nichts, wenn der Regisseur unfähig ist; ein schlechter Schauspieler ruiniert jede noch so gut geschriebene Rolle; ein geldgieriger Produzent kann selbst ein tolles Endprodukt noch zerstören, indem er eine neue Schnittfassung oder Nachdrehs anordnet.

In einer idealen Welt, wo sich alle Beteiligten in Bestform befinden, halte ich den Regisseur für den wichtigsten Faktor. Schauspieler scheinen mir hingegen heutzutage überbewertet zu werden. Namhafte Stars sind enorm wichtig für das Marketing, für den Film selbst jedoch eher austauschbar, wenn die künstlerische Leitung gut ist. Quentin Tarantino oder Joel Coen können jedem soliden Schauspieler zu großen Momenten verhelfen.

Schaut man auf Hollywood, hat es den Anschein, dass in manchen Kreisen die Stimmen immer lauter werden und viele Fans mit den neuen Star Wars-Filmen oder selbst mit einem Fast and Furious 9 sehr unzufrieden sind. Bewegt sich Hollywood in Richtung eines Tiefpunkts oder denkst du es braucht solche Filme auch, sodass Regisseure daraus lernen?

Hollywood verkörpert zum Glück nicht länger nur Blockbuster, sondern hat sich in den letzten Jahrzehnten diversifiziert; im Spannungsfeld zwischen Independent- und Franchisekino entstehen sehenswerte Filme. So mag A24 ein Hollywood-Studio sein, Filme wie Midsommar und Der Leuchtturm sind aber keine typischen aalglatten Produktionen. Allerdings habe ich schon den Eindruck, dass das Niveau des amerikanischen Mainstreamkinos in den letzten 10-15 Jahren stetig gesunken ist. Die großen Filme gleichen immer mehr seelenlosen Industrieprodukten. Ist das schon der Tiefpunkt? Der kommt vielleicht erst in zehn Jahren und hängt davon ab, wie lange das Kinopublikum nach dieser Art von Konsumware verlangt. Ich hoffe darauf, dass sich nach 30 Jahren seichten Spektakelkinos eine Übersättigung einstellt, die Umsätze zurückgehen und die Studios umdenken müssen. Dieses Muster trat in der Filmgeschichte schon häufiger auf, vor der Japanischen Neuen Welle oder dem New Hollywood-Kino herrschte auch eine kreative Dürre. Eine weitere derartige Erneuerungsbewegung halte ich nicht für wahrscheinlich, aber für wünschenswert.

Wie vergleichst du die Filmrezeption, muss ein Film gleich bei der Erstsichtung direkt überzeugen oder würdest du doch eher sagen, dass man einen Film erst im Laufe der Zeit zu schätzen lernt?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass leichte Kost schon beim ersten Mal Spaß machen muss. Wenn ein Horrorfilm oder eine Komödie nicht schon beim ersten Mal funktioniert, ändert sich dieser Eindruck auch beim zweiten Versuch nicht. Bei anspruchsvollen Filmen ist das anders, da kann die Zeit ein Verbündeter sein. Mit Anfang 20 habe ich viel Bergman, Bresson und Antonioni geguckt, aber wenig verstanden. Aktuell unternehme ich eine Bergman-Werkschau und entdecke seine Filme noch einmal völlig neu. Film- und Lebenserfahrung machen da viel aus.

Womit kannst du dich in der Hinsicht eher anfreunden und warum: ein Film, den du nach der Erstsichtung grandios findest, der aber mit jeder weiteren Sichtung abnimmt oder ein Film, der von Sichtung zu Sichtung immer weiter wächst?

Es kommt bei mir eigentlich nie vor, dass ich einen Film beim zweiten Mal schlechter finde als zuvor. Die Gefahr besteht wohl nur bei Filmen, die fehlende Substanz durch überraschende Plotwendungen oder unorthodoxe Ideen ausgleichen wollen. Das funktioniert nur einmal und wird dann schal. Das andere Beispiel trifft schon eher zu und ist mir auch lieber: Da sich Verständnis und Erfahrung fortwährend weiterentwickeln, vermag ein zweiter Versuch mit einigen Jahren Abstand so manche alte Einschätzung über den Haufen zu werfen.

Kritik ist und bleibt immer subjektiv. Man kann jedoch trotzdem den Anspruch haben, ein wenig Objektivität oder Analyse miteinfließen zu lassen. Sollte da eher eine goldene Mitte gefunden werden oder spielt Objektivität keine so große Rolle?

Analyse klingt sehr technisch, zum Beispiel an der Filmhochschule Schnittfolgen zählen. Alles andere ist Filmkritik und die tut gut daran, einen absoluten Eindruck zu hinterlassen. „Deutlichkeit ist die Pflicht des Kritikers.“, um Marcel Reich-Ranicki zu zitieren. Eine Kritik sollte so klar und überzeugt wie möglich geschrieben werden. Um den Lesern eine Orientierung zu ermöglichen, muss man eine Position beziehen. Nichts ist schlimmer als diese vermeintlich ausgewogenen Kritiken, die nur oberflächlich an den Filmen herumzupfen, jedes zaghafte Urteil gleich wieder relativieren oder in subjektivistischen Erlebnisberichten verstecken. Das degradiert den Kritiker zum Erfüllungsgehilfen der PR-Agenturen. Damit unterstützt er das Marketing, nicht seine Leser.

Wie sieht deine Meinung generell über andere Kritiker aus? Was genau zertifiziert jemanden zu einem guten Kritiker und gibt es da Kanäle, die du gern verfolgst?

Da ich das aktuelle Kinogeschehen nur am Rande verfolge, lese ich eher Filmbücher als Internetkritiken. Aktuell ist das ein Klassiker: Paul Schraders „Transcendental Style in Film“. Im Internet lese ich gerne die Festivaltagebücher von Rüdiger Suchsland auf artechock und die Texte von Dietmar Dath in der FAZ. Die Landschaft der Filmpodcasts bietet ebenfalls spannende Kanäle, etwa den Projektionen-Podcast von Marcus Stiglegger und Sebastian Seidler.

Je nach Publikumserfolg reden die meisten Menschen immer über die „relevantesten“ Filme oder die, die gerade „in“ sind. Wie siehst du das an, ist das ein Problem? Und was fallen dir für grandiose (Neu-)Produktionen ein, bei denen du vermutest, dass diese wahrscheinlich nur die allerwenigsten kennen?

Worüber geredet wird, bestimmen die Marketingmillionen Hollywoods. Es mutet paradox an: Je größer das Budget, desto risikoärmer die Produktion. Ein 200-Millionen-Blockbuster gleicht einer selbsterfüllenden Prophezeiung, die gekaufte globale Aufmerksamkeit garantiert einen Geschäftserfolg. Bei einem Film für 50 Millionen ist das nicht möglich. Grandiose Kinofilme aus den letzten Jahren? Sicherlich kein Geheimtipp, aber spontan fällt mir Christian Petzolds Transit ein. Oliver Assayas’ Personal Shopper und Burning von Lee Chang-dong sind aber auch sehenswert.

Nachdem ich letztens Be Natural über die mutige Filmpionierin Alice Guy-Blaché geschaut habe, interessiere ich mich für Filme, die ihrer Zeit voraus sind und sich etwas trauen. Im Gespräch mit der Regisseurin fiel hierbei der Film Promising Young Woman. Auf welchen Film warst du zuletzt froh oder stolz, dass man sich mal etwas Waghalsiges getraut hat?

Promising Young Woman hat mich auch positiv überrascht. Der stiehlt sich zwar zum Ende hin aus seinem schwierigen Thema, bietet aber ein mitreißendes Filmerlebnis. Die letzten waghalsigen Filme, die ich gesehen habe, waren der schwedische Skandalfilm 491 von Vilgot Sjöman und der japanische Antikriegsfilm Red Angel von Yasuzō Masumura. Schon ein wenig älter, sind das im besten Sinne unangenehme Filme, die mit einfachen Mitteln eine maximale Wirkung erzielen.

Für Leute, die schon mehrere tausend Filme gesehen haben und das Beste vom Besten kennen, was sind deiner Meinung nach gute Orientierungspunkte, um auf sehenswerte Filme zu stoßen?

Ich glaube, niemand kennt das Beste vom Besten. Dafür gibt es viel zu viel zu entdecken, auch für Cineasten mit langjähriger Erfahrung. Kurzer Selbsttest: Satyajit Ray? Ousmane Sembène? Yoshishige Yoshida? Die IMDB Top 250 würde ich nicht als Anlaufstelle empfehlen, das ist ein reiner Popularitätswettbewerb für Filme, die den kleinsten gemeinsamen Nenner bedienen. Stattdessen sei icheckmovies.com genannt: Dort finden sich Bestenlisten zu nahezu allen Themen. Die darauf befindlichen Filme lassen sich abhaken, sodass es leicht fällt, Bildungslücken zu identifizieren und Inspiration zu finden.

Einsteigern würde ich dazu raten, mit 1001 Movies You Must See Before You Die anzufangen. Die Liste basiert auf dem gleichnamigen Buch, das es auch hierzulande zu kaufen gibt. Für (angehende) Cineasten empfehle ich die internationaler orientierte Liste von They Shoot Pictures, Don’t They?. Die bildet den meiner Meinung nach besten Filmkanon, in den mehr als tausend Bestenlisten kulminieren.

Was ist das Schlimmste im Kino für dich – der nächste Superheldenfilm, Horrortrash oder doch etwas ganz anderes? Und sind alle gleichermaßen schlimm oder wie differenzierst du in der Hinsicht?

Schlimm finde ich das alles nicht, differenzieren tue ich aber auch nicht. Einen Großteil der aktuellen Kinofilme ignoriere ich schlichtweg. Das hat auch etwas Befreiendes: Man löst sich von den ganzen Hypes, den aufmerksamkeitsheischenden News und Trailern, dem marketinginduzierten Grundrauschen. Letztlich ist es eine Frage der Ökonomie: Zeit und Geld sind begrenzt, die Auswahl ist gigantisch, es muss also priorisiert werden. Stellen wir uns die 120-jährige Filmgeschichte als endlose Straße voller Restaurants vor: Es steht für mich außer Frage, meinen Abend in einer Franchise-Frittenbude von McMarvel zu verbringen, wenn direkt daneben Sterne-Restaurants von Jean-Pierre Melville oder Kenji Mizoguchi stehen, die nicht einmal teurer sind.

Wie siehst du dich und filmsucht.org in zehn Jahren?

Das geschriebene Wort wird für Filmsucht.org immer das zentrale Format bleiben. In den kommenden Jahren möchte ich die Filmgeschichte systematisch erschließen. Die Kritiken zu den wichtigsten Filmen der Kinogeschichte werden weiterhin das Fundament bilden, Themenseiten zu Genres, Strömungen und Regisseuren sollen hinzukommen. Als Nächstes steht beispielsweise eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem italienischen Neorealismus an.

Bei so vielen Durchschnittsfilmen, die jedes Jahr neu herauskommen, reicht das aus, um „am Ball zu bleiben“? Anders gefragt: Auf Letterboxd sind bei dir mehr als 5.000 gesehene Filme vermerkt. Lässt die Faszination auch mal nach?

Davon merke ich nichts. Klar, man geht etwas routinierter an die Sache heran, aber dafür entwickelt man ein besseres Auge für Details und mehr Verständnis für inhaltliche, technische und filmhistorische Zusammenhänge. Vielleicht werden die nächsten 5.000 Filme deshalb noch besser? Eins ist sicher: Das Staunen, das bleibt.

Vielen Dank für deine Zeit und das tolle Gespräch!



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