End of Season
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End of Season

End Of Season
„End of Season“ // Deutschland-Start: 17. Februar 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

Mahmud (Mir-Mövsüm Mirzazade) ist glücklich: endlich eine eigene Wohnung! Dass diese sehr schäbig ist, macht ihm nichts aus. Für ihn ist es ein Gewinn, dass er von seinen Eltern Fidan (Zulfiyye Gurbanova) und Samir (Rasim Jafarov) wegkommt. Die waren auch schon mal glücklicher. Geld ist ebenso Mangelware, sie haben sogar Schulden angehäuft. Um wenigstens einen Tag lang diese Sorgen vergessen zu können, wollen sie gemeinsam an den Strand fahren. Einfach ausspannen, das Meer und das Wetter genießen, noch einmal zusammen sein. Doch schon bei der Ankunft wartet Ärger auf sie, als man sie zu einer Zahlung auffordert, die sie nicht ganz nachvollziehen können. Und es kommt noch deutlich schlimmer …

Der schöne Schein

Ein bisschen komisch ist es ja schon, wenn Mahmud in einer frühen Szene des Films seinem künftigen Vermieter erklärt, dass er ein richtig erfolgreicher Webdesigner ist, der sogar die Schulden der Eltern abbezahlen kann, wenn er will. Nicht nur dass der Vermieter sich offensichtlich nicht dafür interessiert. Die Selbstbeweihräucherung steht zudem in einem krassen Gegensatz zu der Wohnung selbst: Es gibt kein Waschbecken, für heißes Wasser muss man ins nahe Hamam, überall bröckelt der Putz von den Wänden. Da klafft schon eine gewisse Lücke zwischen dem Schein und der Wirklichkeit. Beispiele für solche innen-außen-Diskrepanzen gibt es in End of Season zuhauf. Das Paar ist in bedeutungslosen Ritualen erstarrt. Dass der Vater ein Schauspieler ist, den niemand engagieren will, passt da gut ins Bild.

Der Titel ist dabei von zweifacher Bedeutung. Zum einen bezieht er sich offensichtlich auf den Strand, wo entgegen der Aussagen des Geldeintreibers kaum etwas los ist. Nicht einmal die Bar hat offen, hier muss man für ein einfaches Getränk eine halbe Weltreise antreten. Vor allem aber bezieht sich End of Season auf die Beziehung des Ehepaares, welches wohl nur noch aus Gewohnheit zusammen ist. Eigentlich ist das alles längst vorbei. Das Ende der Ehe hätte längst schon beschlossen werden müssen, da sich die beiden nicht viel zu sagen haben. Und wenn es doch mal zu einer Art Kommunikation kommt, besteht die überwiegend aus einer Konfrontation. Beschimpfungen sind in der Familie keine Seltenheit. Und wenn einem mal nicht die passenden Worte einfallen, wird einem was anderes ins Gesicht geschüttet.

Enigmatisch und melancholisch

Ein Beispiel für souveränen zwischenmenschlichen Kontakt ist das hier nicht. Wobei das kein Alleinstellungsmerkmal der drei ist: Ganz offensichtlich hat Regisseur und Co-Autor Elmar Imanov kein übermäßiges positives Menschenbild. Ob wir uns nun mit der Familie herumplagen, sich Freunde aufdrängen, die niemand da haben will, oder auch Begegnungen mit Fremden anstehen, fast immer kommt es zu Konflikten. End of Season zufolge ist Aserbaidschan von Leuten bevölkert, die mindestens anstrengend sind, zuweilen auch richtig grauenvoll. Wobei das Drama daraus aber keine allgemeingültige Gesellschaftskritik ableiten will. Der Film bleibt vielmehr im Persönlichen, wenn er einen Ausschnitt aus dem Leben der drei anbietet.

Tatsächlich wird nicht so ganz klar, welche Aussage mit der Geschichte verbunden sein soll – oder ob es überhaupt eine gibt. Zwischenzeitlich sieht es so aus, als würde der Film eine völlig andere Richtung einschlagen, als es zu einem eigenartigen Zwischenfall am Strand kommt. Plötzlich ist alles möglich, auch ein kompletter Wechsel des Genres. Doch wie schon an den anderen Stellen täuscht End of Season an der Stelle. Der Fokus bleibt auf den kaputten Beziehungen der Figuren. Das ist gleichzeitig hässlich und doch erstaunlich kunstvoll inszeniert. So gibt es zwischendurch immer mal wieder schöne Bilder, welche die Traurigkeit fast überdecken. Aber eben nur fast: Imanov hat mit seinem Langfilmdebüt eine enigmatisch-bedrückendes Bild gezeichnet, welches Momentaufnahme und doch außerhalb der Zeit ist, gleichermaßen geprägt von Sehnsucht und Entfremdung. Wenn dann noch zu einer besonders melancholischen Interpretation von 99 Luftballons die Lichter entschwinden, bleibt das Publikum zwar ohne definitive Antworten zurück. Dafür aber mit jeder Menge Traurigkeit im Herzen.

Credits

OT: „End of Season“
Land: Aserbaidschan, Deutschland, Georgien
Jahr: 2019
Regie: Elmar Imanov
Drehbuch: Anar Imanov, Elmar Imanov
Kamera: Berta Valin Escofet, Driss Azhari
Besetzung: Zulfiyye Gurbanova, Rasim Jafarov, Mir-Mövsüm Mirzazade

Bilder

Trailer

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End of Season
Fazit
„End of Season“ folgt einer Familie, bei der eigentlich niemand mehr miteinander kann. Auch wenn es zwischenzeitlich so aussieht, als könnte die Geschichte in eine ganz andere Richtung gehen, handelt es sich doch in erster Linie um ein Drama, welches die Entfremdung und Sehnsucht der Menschen zum Thema hat.
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