Für die 19-jährige Schülerin Jeanny (Theresa Riess) scheint ein Traum wahr zu werden, als sie dem Steuerberater Johannes (Manuel Rubey) begegnet. Der ist zwar deutlich älter als sie, weshalb er zunächst auch ein wenig zurückhaltend reagiert. Doch schnell entwickelt sie große Gefühle für den charmanten Fremden, der ihr eine völlig neue Welt aufzeigt und zugleich bei der Schule hilfreich zur Seite steht. In der Umgebung der Jugendlichen geht hingegen die Angst um. Mehrere Mädchen sind verschwunden, alle im Alter von 18 bis 20 Jahren. Doch die Polizei ist machtlos, hat keine Ahnung, wer hinter all dem stecken könnte. Frustriert über die mangelnden Fortschritte beschließen einige daher, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und für Gerechtigkeit zu sorgen …
Der Film zum Lied
Bücher, Comics, Theaterstücke, Videospiele, Hörspiele, Schriftprotokolle – die Liste an möglichen Vorlagen für einen Film ist lang. Alles, was irgendwie eine Geschichte erzählt, bietet sich primär dafür an, mit Schauspielern und Schauspielerinnen noch einmal für Kino und Fernsehen aufbereitet zu werden. Schwierig wird es hingegen, wenn auch Musik wiederverwendet wird. Musicals und Opern mögen funktionieren, da sie Lieder in einen narrativen Kontext stellen. Ein einzelnes Lied jedoch, das geht nicht wirklich. Schließlich ist dieses gewöhnlich nur wenige Minuten lang. Selbst Filme, die Songtitel für sich selbst aufgreifen, wie etwa Yesterday oder Blinded by the Light, haben die Lieder nur bedingt zum Inhalt.
Mit Jeanny – Das fünfte Mädchen kommt nun tatsächlich ein Film, der zumindest versucht, ein Lied narrativ auf anderthalb Stunden auszubauen. Genauer nahm man sich Jeanny zur Vorlage, mit dem der österreichische Sänger Falco 1985 einen echten Volltreffer landete. Zwar war das Lied um verschwundene Mädchen und einen wahnhaften Mann, der seinem Opfer womöglich Gewalt zufügt, sehr umstritten. Es kam sogar zu Boykott-Aufrufen. Dem kommerziellen Erfolg schadete das aber nicht, das Lied schaffte es im deutschsprachigen Raum bis an die Spitze der Charts und ist neben Rock Me Amadeus bis heute das berühmteste Lied Falcos. Es wird auch nach wie vor diskutiert, da der Text vieles nur andeutet und somit eine Reihe unterschiedlicher Interpretationen zulässt.
Antworten, die die Welt nicht braucht
Im Rahmen eines Films diese Leerstellen auszufüllen, ist auf jeden Fall ein interessanter Gedanke. Der Film selbst ist jedoch deutlich weniger interessant. Während beim Lied die Mehrdeutigkeit durchaus zum Reiz beiträgt, entschied man sich hier, eine zumindest weitestgehend eindeutige Geschichte zu erzählen. Die fällt bei Jeanny – Das fünfte Mädchen zudem recht konventionell aus. Eine wirkliche Überraschung fehlt hier. Eine Zeit lang spielt das Drehbuch von Andreas Karlström und Thorsten Wettcke (Die Heimsuchung) noch mit der Möglichkeit, dass die beiden Handlungsstränge gar nichts miteinander zu tun haben. Auf der einen Seite haben wir die Liebesbeziehung von Jeanny und Johannes, auf der anderen die Bürgerwehr, die wie so oft zur Selbstjustiz übergeht – siehe etwa Die Jagd oder Tatort: Todesstrafe.
Der zweite Punkt wird aber nicht sonderlich vertieft. Ein schockierender Zwischenfall muss stellvertretend reichen, um ein bisschen, aber nicht zu sehr zu warnen. Damit verbunden sind Wendungen im späteren Verlauf, welche das Publikum vermutlich fesseln sollen. Der Plan geht jedoch kaum auf, da der Film an der Stelle schon reichlich absurd wird. Zum Schluss wird es sogar regelrecht peinlich. Wenn der Weg dorthin wenigstens packend gewesen wäre. Aber auch in der Hinsicht stellt sich Jeanny – Das fünfte Mädchen als Enttäuschung heraus. Der Thriller ist über weite Strecken so austauschbar, dass partout keine Spannung aufkommen will. So interessant die Idee des Projektes an sich gewesen sein mag: Im Gegensatz zum Lied, an das man sich Jahrzehnte später immer noch erinnert, ist der Begleitfilm schon am nächsten Tag aus den Erinnerungen verschwunden.
OT: „Jeanny – Das fünfte Mädchen“
Land: Deutschland, Österreich
Jahr: 2022
Regie: Andreas Kopriva
Drehbuch: Andreas Karlström, Thorsten Wettcke
Musik: Matthias Weber
Kamera: Josef Mittendorfer
Besetzung: Theresa Riess, Manuel Rubey, Eva Herzig, Patricia Aulitzky, Steffen Schroeder, Laura Bilgeri, Johann Nikolussi, Zeynep Buyrac
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