Eine riskante Entscheidung ZDF TV Fernsehen

Lisa Maria Potthoff [Interview]

In Eine riskante Entscheidung spielt Lisa Maria Potthoff die neue CEO des Pharmakonzerns Berner & Braun. Eigentlich ist Dr. Julia Schemmel damit beschäftigt den Börsengang des Unternehmens beschäftigt, als sie mit einer schwierigen Situation konfrontiert wird. Seit einer Weile schon arbeiten sie an einem Mittel gegen eine seltene Krankheit namens Kinderdemenz. Als die Eltern eines betroffenen Mädchens davon erfahren, setzen sie Himmel und Hölle in Bewegung, damit die Tochter das Medikament bekommt. Gibt Schemmel dieses aber weiter, könnte dies im schlechtesten Fall das Ende der aktuellen Studie und des Medikaments an sich bedeuten. Wir haben uns anlässlich der Ausstrahlung am 21. Februar 2022 um 20.15 Uhr im ZDF mit der Hauptdarstellerin über die Arbeit am Film, schwierige Entscheidungen und das Image von Pharmaunternehmen unterhalten.

 

Was hat Sie an Eine riskante Entscheidung gereizt?

Bevor ich überhaupt näher ins Thema eingestiegen bin, wusste ich, dass Elmar Fischer Regie führt. Ein Regisseur, dessen Filme ich wahnsinnig schätze und der auch ein geliebter Freund von mir ist. Wir haben schon einmal einen Film zusammen gemacht. Deswegen wusste ich, wie er arbeitet und dass ich auf jeden Fall sehr gerne wieder mit ihm arbeiten würde, ganz unabhängig vom Thema. Natürlich fand ich aber auch das Thema höchstspannend und das Drehbuch sehr feinsinnig von Jörg Tensing geschrieben. Die Figuren sind hier nicht vom Reißbrett, nicht schwarz weiß gezeichnet als die Guten oder die Bösen. Und mit Christian Erdmann und Annika Blendl drehen zu dürfen, war einfach eine große Freude!

In dem Film erzählen Sie von einer sehr selten Krankheit. Kannten Sie diese vorher?

Nein, die kannte ich nicht. Es gibt so viele Krankheiten, von denen nur wenige Menschen betroffen sind, weshalb sie keine Plattform haben. Wenn eine solche Krankheit junge Menschen trifft, ist das natürlich besonders berührend. Das hat mich dann auch selbst sehr mitgenommen, weil auch ich Mutter von relativ kleinen Kindern bin. Ich konnte mich sehr gut in die Eltern hineinversetzen, was für ein Schlag das sein muss, wenn man plötzlich so eine erschreckende Diagnose erhält.

Sie selbst spielen eine Unternehmerin, die – wie der Titel schon sagt – eine schwierige Entscheidung treffen muss. Wie hätten Sie in ihrer Situation reagiert?

Ich glaube, diese Frage kann ich nicht beantworten, weil das zu hypothetisch ist. Ich kann nur sagen, dass ich generell großen Respekt habe vor Menschen, die über das Schicksal anderer Menschen entscheiden müssen, ob es nun Politiker sind oder Mediziner. Das ist Horror und erfordert viel Verantwortungsgefühl. Da bin ich froh, als Schauspielerin über solche Themen informieren zu können, ohne selbst in einer solchen Situation sein zu müssen.

Da Sie in Eine riskante Entscheidung ein wenig hinter die Kulissen schauen konnten: Hat sich Ihre Einstellung zu Pharmaunternehmen durch die Arbeit an dem Film verändert?

Ich glaube nicht. Ich habe die Pharmaindustrie vorher aber auch schon nicht per se dämonisiert. Klar sehe ich die Probleme und Gefahren, die eine an Gewinn ausgerichtete Struktur der Pharmaindustrie mit sich bringt. Da können schon Situationen entstehen, die nicht im Sinne der Patienten sind. Bei unserer Geschichte ist das nicht so eindeutig. Wenn du hier das Leben eines Kindes retten willst, kann es sein, dass du dich gegen das Leben von fünfzig anderen entscheidest. Das ist ein echtes Dilemma. Und so kapitalistisch Pharmaunternehmen auch strukturiert sind, sie forschen schon für unsere Gesundheit. Gerade im Moment sehen wir, wie wichtig das ist. Es ist ein Wahnsinn, was die Unternehmen wie zum Beispiel Biontech mit den Impfungen gegen Corona bewirkt haben. Auch da ist nicht alles schwarzweiß.

Eine riskante Entscheidung ZDF TV Fernsehen
Dr. Julia Schemmel (Lisa Maria Potthoff) ist eine knallharte Geschäftsfrau, die in „Eine riskante Entscheidung“ über das Leben eines Mädchens bestimmen muss (© ZDF/Volker Roloff)

Kommen wir noch auf die Eltern in Ihrem Film zu sprechen. Die fangen schon recht schnell an, Grenzen zu überschreiten. Können Sie das nachvollziehen?

Ja, sehr. Väter und Mütter, die um das Leben ihrer Kinder kämpfen, würden fast alles tun. Da wäre ich selbst nicht anders. Wenn es um die Gesundheit meiner Kinder gehen würde und ihr Leben in Gefahr wäre, wäre ich selbst zu allem bereit ihr Leben zu retten. Mein eigenes Leben wäre da plötzlich sehr unwichtig.

Die Diskussion, ob das Kind die experimentelle Medizin erhalten soll oder nicht, wird sehr schnell sehr emotional. Kann man ein solches Thema überhaupt objektiv behandeln?

Eltern können das nur emotional beantworten, ganz klar. Sie wollen, dass ihr eigenes Kind überlebt. Alles andere wird zur Nebensache. Wir hatten während der Corona-Pandemie auch immer wieder die Diskussion zu einer möglichen Triage. Wäre mein Vater oder meine Mutter im Krankenhaus und stark durch Corona geschwächt, wäre für mich nur wichtig, dass er oder sie überlebt. Egal was das für Konsequenzen für andere hat. Deswegen wäre ich als Betroffene in einer solchen Situation gar nicht in der Lage zu entscheiden, was moralisch vertretbar ist. Dafür wäre ich viel zu subjektiv. Aus diesem Grund muss eine solche Entscheidung von nicht persönlich Betroffenen kommen wie den Ärzten oder einer Ethik-Kommission, die versuchen festzulegen, wie priorisiert wird. Bin ich emotional betroffen, kann ich das Leben anderer nicht in dem Maße berücksichtigen.

In Eine riskante Entscheidung geht es nicht allein um die Auseinandersetzung zwischen den Eltern und dem Unternehmen. Die Diskussion wird auch von den Menschen da draußen geführt, auf eine sehr erhitzte und emotionale Weise. Da reden plötzlich alle mit, auch durch die Influencer, die das Thema aufgreifen. Denken Sie, dass es gut ist, wenn jeder in solche Diskussionen einsteigen kann?

Da muss ich auf unseren Bundespräsidenten zurückgreifen, der vor einigen Wochen gesagt hat, dass es in einer Demokratie eine Debattenpflicht gibt. Das ist mitunter anstrengend, aber ich sehe es als ein Privileg, in einem Land zu leben, in dem man  eine eigene Meinung haben und sie ohne Angst laut äußern darf. Sofern du nicht gerade eine Meinung vertrittst, die andere diskriminiert oder  verletzt, sollte jede Meinung gehört werden. Schwierig wird es natürlich, wenn diese Diskussion eskaliert und polemisiert wird. Das fand ich auch gut an unserem Drehbuch: Es zeigt auf, wie schnell so eine öffentliche Diskussion kippen kann. Und das gilt eben auch für unsere aktuelle Situation. Wir leben in schwierigen Zeiten, bei denen man oft keine eindeutigen, schnellen Antworten findet.

Eine letzte Frage: Was sind Ihre nächsten Projekte?

Am 14. März läuft mit Geister der Vergangenheit ein neuer Teil aus der ZDF-Reihe Sarah Kohr. An einem weiteren arbeiten wir schon. Und am 4. August kommt Guglhupfgeschwader ins Kino, der nächste Eberhofer-Film.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Lisa Maria Potthoff  wurde am  25. Juli 1978 in Berlin geboren. Von 1997 bis 1999 absolvierte sie ihre Schauspielausbildung bei der Schauspielschule Schauspiel München. Im Kino ist sie regelmäßig als Freundin Susi in den Krimikomödien um Franz Eberhofer zu sehen, die auf den Büchern von Rita Falk basieren. Im Fernsehen kennt man sie vor allem durch die beiden Krimireihen Der Usedom-Krimi und Sarah Kohr.



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