Sacha TV Fernsehen arte Serie
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Inhalt / Kritik

Sacha TV Fernsehen arte Serie
„Sacha“ // Deutschland-Start: 3. Februar 2022 (arte)

Normalerweise ist es die Aufgabe von Anne Dupraz (Sophie Broustal), als Staatsanwältin Verbrecher für ihre Taten hinter Gitter zu bringen. Umso größer ist der Schock, als ausgerechnet sie beschuldigt wird, auf einen unbewaffneten Mann geschossen zu haben. Tatsächlich bestreitet sie nicht einmal, auf Gilles Saretti (Michel Voïta) geschossen zu haben, eine berüchtigte Größe der Schweizer Unterwelt, die seither in Lebensgefahr schwebt. Zu den Motiven schweigt sie jedoch, will nicht verraten, was sie dazu veranlasst hat. Erst nach und nach öffnet sie sich der Ermittlerin Carla Meier (Isabelle Caillat) und verrät ihr, wie sie als junge Frau (Vanille Lehmann) den Mann, der damals noch Philippe (Leon David Salazar) hieß, kennengelernt hat und eine lange gemeinsame Geschichte mit ihm verbindet …

Tipp für Fans düsterer Serien

In den letzten Monaten hat sich arte als eine gute Adresse für die Fans etwas andersartiger Krimis etabliert. Kürzlich strahlte der von manchen als elitär verkannte Sender Vigil – Tod auf hoher See aus, bei dem ein Mord an Bord eines U-Bootes geklärt werden musste, während dieses unterwegs ist und der Mörder mitten unter ihnen sein muss. Letztes Jahr war Guilt – Keiner ist schuld, ebenfalls eine britische Produktion, ein echter Geheimtipp. Damals war es ein Unfall mit Todesfolge, der nicht ganz so weitergeht, wie das zu erwarten war, sowohl für das Publikum wie auch die Täter. Und auch bei Sacha gibt es eine Reihe von Überraschungen für das Publikum, wenn der Schuss auf einen dubiosen Restaurantbesitzer mit zahlreichen Fragen einhergeht.

Eine Frage, die man ganz klassisch mit dem Krimi in Verbindung bringt, fehlt hier jedoch: die nach dem „wer“. Im Gegensatz zum regulären Whodunnit-Krimi, bei dem auf ein Verbrechen zahlreiche Verdächtige kommen, ist hier von vornherein klar, schließlich ist die Täterin geständig. Es ist auch nicht so, dass wie bei Columbo einst das Publikum in das Verbrechen eingeweiht ist und es nur noch darum ging, wie der Detektiv auf die Lösung kommt. Die tatsächlich relevante Frage bei Sacha ist die nach dem Motiv. Was könnte eine respektierte Staatsanwältin dazu bringen, auf einen unbewaffneten Mann zu schießen? Es ist nicht einmal so, dass dies aus Notwehr geschehen ist. Sonst würde sie das ja sagen. Stattdessen macht sie aus allem ein Geheimnis, im Wissen, dass sie deswegen für viele Jahre ins Gefängnis kommen wird.

Puzzle und Parallelstränge

Die Spannung der deutsch-französisch-schweizerischen Coproduktion liegt deshalb, zumindest anfangs, vor allem darin, dass man die Hintergründe herausfinden möchte. Die werden auch verraten, sogar früher, als man es erwarten konnte. Schon Mitte zur Hälfte weiß man in Sacha mehr oder weniger alles, was es fürs Puzzle braucht. Damit die Serie dennoch nicht langweilig wird, hat sich Regisseurin und Co-Autorin Léa Fazer einiges einfallen lassen. Auffällig ist beispielsweise, dass sie auf eine chronologische Erzählweise verzichtet. Zwar gibt es die Haupthandlung, die sich um die Gespräche zwischen Anne und Carla drehen. Doch diese werden immer wieder durch Ausflüge in die Vergangenheit unterbrochen. Diese betreffen nicht allein die jungen Jahre der Protagonistin, sondern auch einen anderen Fall, der parallel verfolgt wird.

Das Ergebnis ist im Großen und Ganzen gelungen. Zwar führen die diversen parallelen Stränge und Zeitebenen dazu, dass das Tempo der Serie eher gemächlich ist. Ungeduldigere Naturen könnten ihre Probleme damit, den sechs Folgen à 50 Minuten bis zum Schluss zu folgen. Brenzlige Situationen sind ohnehin nicht vorhergesehen, nur selten geschieht einmal etwas Bedrohliches. Die wenigen Szenen, auf die das doch zutrifft, liegen zudem alle in der Vergangenheit, weshalb ihr Schluss bereits vorweggenommen wird. Der Fokus liegt bei Sacha dann auch weniger auf der Spannungskurve, sondern auf den Figuren. Aus dem anfänglichen Krimi wird zunehmend ein Drama, wenn die zunächst so eisern abblockende Anne hinter die Fassade blicken lässt.

Der Mann ist die Hölle

Der Anblick ist hart und fordert dem Publikum schon einiges ab. Wenn zu Beginn der Serie von einer toxischen Beziehung zwischen der Frau und ihrem Schussopfer die Rede ist, dann ist das noch sehr freundlich ausgedrückt. Es ist vielmehr eine Hölle, durch die Anne seinerzeit ging und die bis heute ihre Spuren hinterlassen hat. Schade ist es ein bisschen, dass Sacha sich nicht allein damit begnügt, sondern auch noch eine Nebengeschichte aufbaut, die sich ebenfalls um Missbrauch dreht. Das und die Verwendung von „Zufällen“ tragen dazu bei, dass das hier ein wenig zu konstruiert ist. Dennoch ist die Geschichte um eine Staatsanwältin, die auf einmal mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird, absolut sehenswert. Vor allem Sophie Broustal als gebrochene Protagonistin, die zwischen Entschlossenheit und Zusammenbruch schwankt, hinterlässt viel Eindruck.

Credits

OT: „Sacha“
Land: Schweiz, Frankreich, Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Léa Fazer
Drehbuch: Nicole Castioni, Flavien Rochette, Léa Fazer, Mathilde Henzelin
Musik: Nicolas Rabaeus
Kamera: Quentin de Lamarzelle
Besetzung: Sophie Broustal, Michel Voïta, Vanille Lehmann, Thibaut Evrard, Estelle Bridet, Isabelle Caillat, Thierry Jorand, Karine Guignard, Leon David Salazar, Roland Vouilloz, Christian Gregori

Bilder

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„Sacha“ beginnt mit einem spannenden Rätsel: Warum sollte eine angesehene Staatsanwältin auf einen Verbrecher schießen? Später wandelt sich die auf mehreren Zeitebenen erzählte Serie von einem Krimi stärker zu einem Drama über eine persönliche Hölle und deren Folgen. Das ist zwar etwas konstruiert, aber doch sehenswert und stark gespielt.
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