Dr. Alex Hoffman (Josh Hartnett) und Hugo Quarry (Arsher Ali) sind nicht nur beste Freunde. Sie sind auch Geschäftspartner und wollen gemeinsam die Finanzwelt aufmischen. Tatsächlich verfolgen sie ein revolutioniere Idee: Eine von ihnen entwickelte künstliche Intelligenz soll Ängste an den Finanzmärkten frühzeitig erkennen und für sich nutzen. Geht der Plan auf, winken den beiden und ihren Investoren ein Vermögen. Doch das Geschäftliche rückt für Alex bald in den Hintergrund, als ein Mann bei ihm und seiner Frau Gabby (Leila Farzad) einbricht und ihn brutal überfällt. Der ermittelnde Polizist Jean-Philippe Leclerc (Grégory Montel) steht dabei vor einem Rätsel, denn es sind keinerlei Einbruchspuren zu finden. Hat Alex sich das alles nur eingebildet?
Das Geschäft mit den Gefühlen
In der Theorie klang das mit den Aktien eigentlich immer schlüssig. Man investiert als Außenstehender in ein Unternehmen. Geht es dem Unternehmen gut, profitiert man von diesen Investitionen. Inzwischen dürfte den meisten aber aufgegangen sein, dass der an Börsen festgestellte Wert nicht zwangsläufig den realen Wert eines Unternehmens widerspiegelt. Da geht es oft um Hype, um Erwartungen – und ganz viele irrationale Gefühle. Wenn in The Fear Index eben diese irrationalen Gefühle technologisch erkannt und ausgenutzt werden, ist das einerseits naheliegend. Bedürfnisse und Interessen von Menschen werden eh schon systematisch erfasst und wirtschaftlich genutzt, der gute alte Algorithmus. Und doch hat das hier noch einmal eine etwas andere Dimension. Gezielt Ängste auszunutzen, das ist schon irgendwie erschreckend.
Nun sind Finanzmärkte, so stark die Auswirkungen auch sein mögen, filmisch gesehen eher weniger interessant. Zahlenkolonnen auf großen Bildschirmen? Das löst höchstens bei Anlegern und Anlegerinnen Nervenkitzel aus. The Fear Index interessiert sich dann auch weniger für dieses konkrete Szenario, sondern befasst sich vor allem mit den Figuren und ihren Erlebnissen. Während Hugo zwar noch versucht, das Geschäft irgendwie am Laufen zu halten, bricht Alex immer weiter auseinander. Die Belastung durch den Einbruch macht ihm schwer zu schaffen. Hinzu kommen die vielen seltsamen Erfahrungen, die er zunehmend macht. So erhält er zu Beginn der Serie ein wertvolles Buch, hinter dem er schon länger her war. Nur kann ihm keiner erklären, wer es ihm geschickt hat.
Zwischen Mystery und Paranoia
Robert Harris (München – Im Angesicht des Krieges, Intrige), auf dessen Roman Angst die Serie basiert, hat eine ganze Reihe solcher Irritationen eingebaut. Die meisten davon sind eher harmlos. Doch je mehr von ihnen zusammenkommen, umso bizarrer wird es. Dabei schwankt The Fear Index zwischen Mystery-Thriller und Paranoia-Thriller, wenn alles zunehmend verworrener wird, man gleichzeitig aber auch gar nicht mehr genau sagen kann, was noch real ist. Die Geschichte basiert maßgeblich auf dem in dem Genre immer wieder beliebten Element, dass die Hauptfigur nicht so wirklich verlässlich ist. Das Publikum darf bis zum Schluss rätseln, ob der sich rasant verschlechternde Zustand von Alex die Folge der Ereignisse ist oder ob umgekehrt die angeknackste Psyche hinter dem steckt, was wir hier zu Gesicht bekommen.
Besetzt ist diese Figur etwas überraschend mit Josh Hartnett (Fear the Viper, 6 Below – Verschollen im Schnee), den man vielleicht nicht unbedingt für die Rolle des labilen Informatikers vor Augen hatte. Aber es passt: Der Schauspieler mit der etwas holprigen Hollywood-Karriere überzeugt. Man nimmt ihm die ansteigende Panik ab, wenn um ihn herum nichts mehr Sinn ergibt. Der Rest des Ensembles bekommt dabei weniger zu tun. Schade ist vor allem, dass seine Frau Gabby wirklich darauf reduziert wird, die Frau an seiner Seite zu sein. Zwischendurch darf sie zwar mal etwas aktiver um ihren Mann bemüht sein und sich selbst vor ihm fürchten. Im Grunde ist sie für die Geschichte aber überflüssig.
Keine Angst vor der Unglaubwürdigkeit
Das liegt auch daran, dass die Geschichte sehr geradlinig ist: Es gibt keine Nebenstränge, die Vorgeschichten sind minimal, auch die Zahl der Figuren ist sehr überschaubar. Dafür ist das Tempo hoch. Nicht einmal drei Stunden lang ist die Serie, kürzer als so mancher Kinoblockbuster, die vier Folgen sind schnell durchgeschaut. Das wird manchen zu wenig Gehalt haben. Andere dürfen sich freuen, dass hier konsequent auf Spannung gegangen wird, ohne große Verschnaufpausen. Über die Auflösung kann man sich bei The Fear Index so oder so streiten. Auf der einen Seite ist es schon irgendwie furchteinflößend, was Harris sich da ausgedacht hat. Richtig überzeugend ist es aber nicht, da muss man schon sehr großzügig sein, was die Plausibilität angeht. Wen das nicht stört, kann reinschalten und sich an einem Thriller erfreuen, der gleichzeitig sehr klassisch ist und doch auch erschreckend aktuell.
OT: „The Fear Index“
Land: UK
Jahr: 2022
Regie: David Caffrey
Drehbuch: Caroline Bartleet, Paul Andrew Williams
Vorlage: Robert Harris
Musik: Neil Davidge
Kamera: Kieran McGuigan
Besetzung: Josh Hartnett, Arsher Ali, Leila Farzad, Grégory Montel, Aïssa Maïga
https://www.youtube.com/watch?v=Yn2_6veCXmk
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