The Legend of Hei – Die Kraft in dir

Bislang hatte Hei immer in seinem Wald gelebt, zurückgezogen und glücklich. Doch damit ist es vorbei, als Menschen diesen zerstören, um die Fläche für sich zu nutzen. Seither irrt das gestaltwandelnde Wesen herum, auf der Suche nach einer neuen Heimat. Eben diese möchte ihm Stormend bieten, der ebenso wie Hei ein Spirit ist und ihn zu einem neuen Wald mitnimmt, dem alten sehr ähnlich. Diese Idylle hält aber nicht lange: Kurze Zeit drauf erscheint Infinity, ein Mensch und Vertreter der Gilde, die sich für ein harmonisches Zusammenleben von Menschen und Spirits einsetzt. Dieser entführt Hei und will ihn zu der Gilde mitnehmen, eine lange Reise voller Gefahren beginnt …

Chinesisches Abenteuer im Anime-Stil

Auch wenn China natürlich recht produktiv ist bei der Produktion von Filmen, es auch nur eine Frage der Zeit ist, bis der heimische Kinomarkt den der USA überholen wird: In einigen Genres gibt es doch eklatante Mängel. Eines davon ist der des Animationsfilms. Beispiele hierfür gibt es natürlich schon, hin und wieder schafft es sogar mal einer von ihnen zu uns. Die Boonies – Eine bärenstarke Zeitreise lief seinerzeit im Kino, White Snake landete immerhin in verschiedenen Filmfestprogrammen. Dennoch ist die Auswahl nach wie vor mager. Oftmals handelt es sich zudem um recht billig produzierte CGI-Werke, die einfach nicht die notwendige Optik mitbringen, um ein inzwischen von US-amerikanischen Studios verwöhntes Publikum vom Hocker zu hauen. Zu oft sieht das nur nach einer Low-Budget-Kopie bekannter Werke aus.

Dass es auch anders geht, beweist The Legend of Hei – Die Kraft in dir. Mit den üblichen Standard-Computer-Grafiken hat das hier wenig gemeinsam. Stattdessen orientierte man sich offensichtlich am Osten, genauer an Japan, das mit seiner langen Anime-Tradition die größte 2D-Bastion der heutigen Animationswelt darstellt. Vieles hier ist derart stark der japanischen Zeichentrickkunst angelehnt, gerade im Hinblick auf die Figurendesigns, dass man die Herkunft des Films kaum erraten würde. Dass der Film hierzulande als Anime verkauft wird, mag daher nicht ganz korrekt sein. Nachvollziehbar ist es aber schon. Unabhängig von der Frage nach dem Ursprungsland können sich die Bilder aber sehen lassen. Es gibt viele Farben, ohne dass es knallig ist. Technisch ist das alles sauber. Die Kombination aus realistischen und fantastischen Elementen funktioniert auch.

Ökologische Botschaft zwischen gut und böse

Inhaltlich standen offensichtlich ebenfalls diverse Titel aus Japan Pate. Vergleiche zu den Filmen von Anime-Legende Hayao Miyazaki (Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins Zauberland) drängen sich geradezu auf. Das Abenteuer um ein kleines Katzenwesen, das durch die Welt reist, auf der Suche nach einem Zuhause, ist jetzt auch nicht das originellste. Immerhin versuchte man sich in punkto Figurenzeichnung aber etwas an Ambivalenz. Immer wieder wird in The Legend of Hei – Die Kraft in dir darüber gesprochen, was gut und was böse ist. Auch wenn man in der Hinsicht nicht den größten Tiefgang erwarten sollte, der Film richtet sich nun einmal an ein etwas jüngeres Publikum: Man verzichtete auf die einseitigen Schurken, wie man sie in diesem Segment häufiger mal findet.

Die ökologische Botschaft, bei der es um ein friedliches Zusammenleben mit der Natur geht, ist ohnehin sympathisch, selbst wenn man sie in der einen oder anderen Form schon oft gehört hat. Aber nicht jeder Film muss komplett neu sein und das Publikum überraschen. The Legend of Hei – Die Kraft in dir vertraut auf die bewährten Elemente dieses Bereiches und setzt sie ansprechend um. Das Ergebnis ist ein Mix aus Abenteuer mit einigen actionreichen Momenten und ruhigen Momenten, die sich um die Annäherung von Hei und Infinity drehen. Das Ende ist ein bisschen hektisch, da hatte es Regisseur und Drehbuchautor MTJJ etwas eilig. Insgesamt ist seine Filmadaption eines Franchises, das unter anderem einen Webtoon und eine Graphic Novel umfasst, aber ein vielversprechendes Debüt.