Seitdem ein hochansteckendes Virus einen Großteil der Menschheit dahingerafft hat, ist jeder Tag im Leben des ehemaligen FBI-Agenten Ben Grant (Jonathan Rhys Meyers) ein Überlebenskampf. Mit der Außenwelt hat er nicht viel zu tun, weshalb es für ihn ziemlich überraschend kommt, als auf einmal Sarah (Ruby Modine) bei ihm auftaucht, die Schwester seines Freundes Guy (Tom Pecinka). Und sie wird nicht die einzige sein, die ihm einen Besuch abstattet: Kurze Zeit später steht auch Aaron Ramsey (John Malkovich) mit seiner Bande vor ihm und fordert die Herausgabe der jungen Frau. Weigert er sich, hätte das nicht nur die Zerstörung seiner Ranch zur Folge, sondern auch seinen eigenen Tod. Doch so schnell lässt sich Ben nicht einschüchtern …
Das Geschäft mit der Pandemie
Während anfangs bei Filmen und Serien versucht wurde, die Corona-Pandemie auszuklammern und so zu tun, als gäbe es sie gar nicht, wächst die Zahl an Titeln stetig, welche das Jahrhundertereignis in irgendeiner Form aufgreifen. Darunter sind eine ganze Reihe, die davon handeln, wie das Leben in einer solchen Situation ist. Die Sonderfolge von Mythic Quest etwa oder auch Language Lessons halten die Zeit fest, in der wir alle nur mittels Zoom und anderer Meetingprogramme den Kontakt zur Außenwelt hielten. Titel also, die möglichst authentisch unseren Alltag abbilden wollen. Dann und wann stolpert man aber auch über Beispiele, die das Szenario zu Unterhaltungszwecken aufgreifen. Das ist mit einem beträchtlichen Risiko verbunden, Songbird etwa war ein völlig missglückter Thriller, der Spannung durch Geschmacklosigkeit ersetzte.
Mit The Survivalist – Die Tage der Menschheit sind gezählt folgt nun ein weiterer Thriller, der offensichtlich mit der aktuellen Lage Kasse machen wollte. Anders als der oben genannte Film, der in einer unmittelbaren Zukunft zu leben vorgibt und dafür die Gegenwart eskalieren ließ, da schaute man hier deutlich weiter nach vorne. Die Frage: Wie geht es weiter, nachdem eine tödliche Pandemie weite Teile der Erde entvölkert hat? Antwort: so wie immer. Tatsächlich ist der Film prinzipiell kaum von den vielen anderen Endzeitwerken zu unterscheiden, bei denen die Menschheit nach einer Katastrophe ihre Menschlichkeit verliert. Wer nicht mehr gemütlich zum Supermarkt gehen kann, sondern um jede Dose Ravioli kämpfen muss, der kann sich das mit der Gemeinschaft und Freundlichkeit nicht erlauben. Ben weiß schon, warum er sich zurückgezogen hat: Jede Begegnung kann tödlich enden.
Bedrohung auf engem Raum
Dabei ist die ursprüngliche Bedrohung durch die Pandemie noch immer da. Auch wenn die Ansteckungsgefahr geringer geworden ist – wenn ein Großteil der Menschen tot ist, funktioniert das mit dem Social Distancing von ganz alleine –, das Virus ist nicht weg. Prinzipiell werden dadurch Vergleich zu anderen Pandemie-Thrillern naheliegend. Vor allem Carriers – Flucht vor der tödlichen Seuche fällt einem an der Stelle ein. Bei The Survivalist sind die Dimensionen jedoch deutlich kleiner. Eine ähnliche Rundreise durch das zerstörte Amerika war nicht drin, sei es durch das Budget oder die Corona-Bedingungen. Stattdessen spielt der Film praktisch ausschließlich auf der Ranch, welche Ben gegen die skrupellosen Invasoren verteidigen muss. Nach dem üblichen Muster kommt es zu einer Reihe von Shootouts, bis dann der obligatorische Showdown ansteht.
Sonderlich ambitioniert ist der Film also nicht gerade. Damit das Publikum aber zumindest ein bisschen Abwechslung geboten bekommt, wird die Haupthandlung immer wieder unterbrochen. Flashbacks zeigen, wie Ben mit dem von Julian Sands gespielten Vater Konflikte austrägt. Das war sicherlich gut gemeint, um dem Protagonisten mehr Kontur zu verleihen. Nur klappt das nicht so recht. Diese Mischung aus Home-Invasion-Thriller und Familiendrama ist sich ständig selbst im Weg. The Survivalist kommt über weite Strecken einfach nicht in die Gänge, weshalb trotz akuter Lebensgefahr keine Spannung aufkommen will. Wobei das Problem nicht allein die ständigen Unterbrechungen sind, sondern auch deren Inhalt: Die Diskussionen mit dem Vater sind so sehr konstruiert, dass man den beiden nicht abnimmt, wirkliche Menschen zu sein.
Die Strafe der Dialoge
Überhaupt sind die Dialoge grausam. Offensichtlich sollten einige der verbalen Ergüsse der Bande irgendwie besonders edgy und cool wirken. Stattdessen ist das alles eher unfreiwillig komisch, was nicht zuletzt auch an John Malkovich spielt. Der ist es mittlerweile so sehr gewohnt, irgendwelche irren Bösen zu spielen, dass er zu einer Karikatur verkommen ist. Wobei nicht ganz klar ist, wo die schauspielerischen Fehler aufhören und die des misslungenen Drehbuchs beginnen. Es ist nicht einmal so, dass die Actionszenen viel rausreißen würden, da Regisseur Jon Keeyes nicht sehr viel eingefallen ist, wie er diese inszenieren könnte. Selbst wenn man sich nicht daran stört, dass mit einem Pandemie-Thriller Kasse gemacht werden soll, heißt es hier Finger weg. The Survivalist ist so schlecht, dass er nicht einmal zum Zeitvertreib während eines Lockdowns taugen würde.
OT: „The Survivalist“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Jon Keeyes
Drehbuch: Matthew Rogers
Musik: Birger Clausen
Kamera: Austin F. Schmidt
Besetzung: Jonathan Rhys Meyers, John Malkovich, Ruby Modine, Jenna Leigh Green, Thaddeus Street, Jon Orsini, Julian Sands
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