Fünfzehn Jahre ist es mittlerweile her, dass sein älterer Bruder Sam fortgegangen ist, doch noch immer muss Nathan Drake (Tom Holland) oft an ihn denken. Umso mehr, da Sam verschwunden ist, keiner weiß, wo er steckt. Nathan selbst arbeitet inzwischen in einer Bar, wo er ganz gerne mal das reiche Klientel bestiehlt, ohne dass sie es merken. Dem Schatzsucher Victor „Sully“ Sullivan (Mark Wahlberg) ist dieses Talent aber durchaus bewusst. Mehr noch, er will es für sich selbst nutzen. Genauer überredet er den talentierten Gelegenheitsdieb, ihm beim Diebstahl eines goldenen Kreuzes zu helfen, der Schlüssel zu einem gewaltigen Schatz. Im Gegenzug könnte Nathan Sam wiedersehen, mit dem Sully zusammengearbeitet hat. Doch auch andere sind hinter dem Schatz her. Da wären der reiche Erbe Santiago Moncada (Antonio Banderas) und seine eiskalte Killerin Braddock (Tati Gabrielle). Aber auch Chloe Frazer (Sophia Ali), selbst Schatzsucherin, hat es auf die Wertstücke abgesehen …
Ein spielerischer Missgriff
Videospiele und das Kino: Das ist eine lange, teils sehr lukrative und doch oft frustrierende Beziehung. An Versuchen, bekannte Vorlagen für die große Leinwand zu adaptieren, mangelte es bekanntlich nicht. Tatsächlich überzeugend sind aber die wenigsten. Zuletzt enttäuschten so große Namen wie Mortal Kombat, Resident Evil: Welcome to Raccoon City und Monster Hunter. Die Erwartungen an Uncharted wären deshalb auch unter normalen Umständen nicht besonders hoch gewesen, einfach aus schlechten Erfahrungen heraus. Und die Umstände waren nicht normal. Seit 2008 schon wurde an der Adaption gearbeitet, alle paar Jahre wurde das Team ausgetauscht – die sprichwörtliche Entwicklungshölle. Und als es dann doch mal konkret wurde, sorgte die Besetzung für Kontroversen. Tom Holland und Mark Wahlberg? Echt jetzt.
Man darf da auch schon ein kleines Fragezeichen hinter die Entscheidungen setzen. Aus kommerzieller Sicht sind diese durchaus nachzuvollziehen, immerhin sind das zwei der derzeit bekanntesten Schauspieler. Und das braucht man, um ein Publikum jenseits der Fanbase anzusprechen und damit den Film profitabel zu machen. Außerdem bringt Holland die nötige Akrobatik mit, um bei den diversen Abenteuerszenen nicht völlig deplatziert zu wirken. Aber vom Alter her passt das eben nicht im Bezug auf die Spiele. Selbst wenn der Film Uncharted ein Prequel sein soll, welches das Kennenlernen von Nathan und Sully erzählt, ein bisschen komisch ist das schon. Wahlberg scheint sich zudem ein wenig schwer damit zu tun, hier zweite Geige und Mentor sein zu sollen. Passt nicht zum Selbstbild des Alpha-Helden.
Alles nochmal von vorne
Ansonsten wurde aber schon einiges dafür getan, damit das Spiele-Publikum sich hier heimisch fühlt. Nicht nur, dass die drei Hauptfiguren der 2007 gestarteten Reihe entnommen sind. Auch die eine oder andere Anspielung findet sich in dem Film. Tatsächlich kennen muss man die Vorlagen aber nicht. Der Vorteil eines Prequels ist nun einmal, dass man wirklich von vorne anfangen und so alle mitnehmen kann, die sich ins Kino verirren. Uncharted richtet sich auf diese Weise nicht nur an bestehende Fans, sondern auch an Zuschauer und Zuschauerinnen, die mal wieder ein klassisches Abenteuer sehen möchten. Solche sind schließlich inzwischen sehr rar geworden. Mit Jungle Cruise kam letztes Jahr zwar mal wieder eine Big-Budget-Ausgabe heraus. Aber die war dann doch mehr auf Humor ausgerichtet, zum Ende hin eine leicht kitschige Liebesgeschichte.
Bei Uncharted braucht man beides nicht zu befürchten. Der Humor besteht hier lediglich bei den Auseinandersetzungen der Figuren, vergleichbar überzeichnete Charaktere wie beim obigen Kollegen gibt es nicht. Und auch wenn Chloe natürlich als Love Interest von Nathan fungiert, ist das immer nur eine Begleiterscheinung, nicht der Fokus. Man wollte sich hier offensichtlich ein wenig Zeit lassen. Ein bisschen was muss ja noch für die potenziellen Fortsetzungen bleiben. Das hört sich prinzipiell erst einmal gut an. Es bedeutet aber auch, dass man in dem Film kaum etwas findet, das überhaupt irgendwie erwähnenswert ist, weder positiv noch negativ. Wirklichen Anlass zum Ärger gibt es nicht, was bei einer Videospieladaption schon mal nicht selbstverständlich ist. Anlass zur Freude aber ebenso wenig.
Erinnerungen an eine spannendere Vergangenheit
Stattdessen hat Regisseur Ruben Fleischer (Venom, Zombieland) hiermit ein Werk vorgelegt, das von den großen Namen abgesehen – Spiel wie Besetzung – völlig frei von einer Identität ist. In den letzten Jahren wurde immer mal wieder Filmen zum Vorwurf gemacht, dass sie nicht das Ergebnis eines kreativen Prozesses sind, sondern das Ergebnis eines Algorithmus. Bei Uncharted ist das ähnlich. Dann und wann ist es schön, wenn man sich hier an Klassiker erinnert fühlt, als das Abenteuergenre tatsächlich noch Blockbuster-relevant war. Vor allem Indiana Jones bietet sich als Vergleich an. Gleichzeitig macht es aber auch deutlich, wie langweilig der Erbe letztendlich geworden ist. Das sieht zwar alles ganz passabel aus, es gibt schöne Locations, um den Alltag zu vergessen. Nur hat man den Film im Anschluss ebenso schnell wieder vergessen. Die befürchtete Katastrophe ist der Streifen nicht. Gelohnt hat sich die lange Wartezeit aber kaum.
OT: „Uncharted“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Ruben Fleischer
Drehbuch: Rafe Lee Judkins, Art Marcum, Matt Holloway
Musik: Ramin Djawadi
Kamera: Chung-hoon Chung
Besetzung: Tom Holland, Mark Wahlberg, Sophia Ali, Tati Gabrielle, Antonio Banderas
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