Blue Bayou

Blue Bayou

Blue Bayou
„Blue Bayou“ // Deutschland-Start: 10. März 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

Antonio LeBlanc (Justin Chon) hatte es nicht immer einfach im Leben. So wurde der gebürtige Koreaner als Junge von einem US-amerikanischen Paar adoptiert, geriet später auf die schiefe Bahn und kam dabei mit dem Gesetz in Konflikt, was es ihm nun erschwert, eine neue Stelle zu finden. Dabei könnte er Geld momentan gut brauchen. Seine Arbeit als Tätowierer bringt nicht genug ein, um seine Frau Kathy (Alicia Vikander) und deren Tochter Jessie (Sydney Kowalske) zu versorgen. Ein weiteres Kind, das erste gemeinsame des Paares, ist bereits auf dem Weg. Aber es kommt noch schlimmer: Ace (Mark O’Brien), der Vater von Jessie, schikaniert ihn, wo er kann und missbraucht dafür auch schon mal seine Position als Polizist. Dabei gerät er eines Tages ins Visier der Einwanderungsbehörde, die ihn wieder nach Südkorea abschieben will, was für ihn bedeuten würde, alles aufgeben zu müssen …

Gesellschaft relevantes Thema

Als Schauspieler ist Justin Chon bereits seit 2006 unterwegs, hat inzwischen in rund zwei Dutzend Filmen und Serien mitgewirkt. Doch das reichte ihm nicht mehr, weshalb er in den vergangenen Jahren mehrfach auch selbst Regie geführt hat. In seinen Filmen thematisiert Chon, der selbst koreanischer Abstammung ist, gern das Leben asiatischer Menschen in den USA. Das mehrfach preisgekrönte Drama Gook etwa erzählt von zwei koreanisch-amerikanischen Brüdern und ihren Erfahrungen, die sie während der gewaltsamen Unruhen 1992 in Los Angeles machen. Bei Blue Bayou, dem inzwischen vierten Film des Multitalents, geht es zwar meist friedfertiger zu. Es wird aber nicht minder gesellschaftlich relevant – oder ambitioniert.

Tatsächlich arbeitete der Regisseur und Drehbuchautor mehrere Jahre an dem Stoff, sprach mit zahlreichen Betroffenen über deren eigenen Erlebnisse. Die Geschichte von Antonio, der in den USA völlig legal adoptiert wurde, später aber wieder ausgewiesen werden soll, mag erst einmal absurd klingen. Aber es ist doch traurige Realität: Am Ende listet Blue Bayou mehrere Männer und Frauen auf, die dasselbe Schicksal erleiden mussten. Manche von ihnen waren seit Jahrzehnten in dem Land, haben sich ein Leben aufgebaut und identifizierten sich als US-amerikanische Bürger und Bürgerinnen. Teilweise waren sie sogar verheiratet und hatten Kinder. Aber all das reicht nicht: Hat die ICE, kurz für U.S. Immigration and Customs Enforcement, einen erst mal im Visier, sind die Optionen limitiert. Ein Kampf kann zu einem schlimmen Eigentor werden.

Allein gegen das System

Ein bisschen gibt Blue Bayou dabei Einblick in die gesetzlichen Bestimmungen und wie es überhaupt zu dieser Situation kommen konnte. Richtig viel Tiefe sollte man dabei aber nicht erwarten. Das Drama, das bei den Filmfestspielen von Cannes 2021 Premiere feierte, legt den Fokus deutlich stärker auf das Einzelschicksal und was diese Entscheidungen für Betroffene bedeuten. Antonio, der schon seit seiner Kindheit immer wieder in Schwierigkeiten steckte und um seinen Platz in dem Land kämpfen musste, kann den Behörden nichts entgegensetzen. Wenn dann auch noch die Polizei als Gegner mitspielt, hier aus einer privaten und niederträchtigen Motivation heraus, dann stehen die Chancen schlecht. Er hat nicht die Möglichkeiten, nicht das Geld oder Verbindungen, um der Situation wirklich etwas entgegensetzen zu können.

Chon legt es dabei auf maximale Emotionalisierung an. Als wäre es nicht schon schlimm genug, was seiner Figur in der Gegenwart geschieht, ist auch die Vergangenheit von Leid und Schmerz geprägt, von einer Sehnsucht nach Stabilität und Familie, die seinerzeit nicht erfüllt wurde. Dass solche Vorgeschichten existieren, steht außer Frage. Einige der Menschen, mit denen der Filmemacher im Vorfeld gesprochen hatte, haben dies eben so geschildert. Blue Bayou setzt sich damit aber nicht auseinander, sondern holt das nur in einem Moment hervor, wo es der Geschichte nützt. Danach ist es wieder vergessen, was schon ein wenig irritierend ist. Das Trauma wird hier zu einem bloßen Mittel zum Zweck.

Richtig viel Kitsch

Dafür trägt Chon an anderer Stelle recht dick auf. Vor allem zum Schluss hin sind gibt er sich völlig ungeniert der großen Manipulation hin, will um jeden Preis das Publikum zu Gefühlen nötigen. Das passt nicht so recht zu der anfänglich zurückhaltenden, eher dokumentarischen Inszenierung des Stoffes. Es ist sogar ärgerlich, wie billig der Regisseur seine Geschichte verkaufen will, anstatt sich auf den eigentlichen Inhalt zu verlassen. Denn das hätte er gar nicht nötig gehabt. Wer über die späte Eskalation hinwegsehen kann, die bei der Figurenzeichnung komische Sprünge macht und dafür Kitsch drüber kleistert, findet dennoch ein solides Drama mit guter schauspielerischer Leistung und schönen Bildern. Man darf daher gespannt sein, was sich das Multitalent für seinen nächsten Film aussuchen wird.

Credits

OT: „Blue Bayou“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Justin Chon
Drehbuch: Justin Chon
Musik: Roger Suen
Kamera: Matthew Chuang, Ante Cheng
Besetzung: Justin Chon, Alicia Vikander, Mark O’Brien, Linh Dan Pham, Sydney Kowalske, Vondie Curtis-Hall, Emory Cohen

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Film Independent Spirit Awards 2022 Beste Kamera Matthew Chuang, Ante Cheng Nominierung

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Blue Bayou
Fazit
„Blue Bayou“ folgt einem aus Korea stammenden Mann, der als Kind von einem US-amerikanischen Paar adoptiert wurde und nun abgeschoben werden soll. Die Geschichte des Kampfes gegen das System geht zu Herzen, ist zum Ende hin aber schon sehr dick aufgetragen. Ganz so viel Kitsch hätte es dann doch nicht sein müssen.
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