Im Jahre 1907 versetzt eine Serie von Todesfällen eine kleine Gemeinde mitten in den Karpaten in Angst und Schrecken. Nach einem weiteren Vorfall wird ein Kommissar gerufen, der wiederum den Gerichtsmediziner Paul Eswai (Giacomo Rossi-Stuart) beauftragt, eine Obduktion an der jungen Dame durchzuführen. Die Ankunft im Dorf ist ernüchternd, denn neben der vom Kommissar bereits erwähnten Mauer des Schweigens wird ihre Arbeit von den Bewohnern behindert, die an einen Fluch glauben, der durch das Erscheinen der Beamten noch schlimmer gemacht wird. Im Dorf macht Eswai aber auch die Bekanntschaft von Monica (Erika Blanc), einer jungen Ortskundigen, die schon seit vielen Jahren nicht mehr im Dorf lebt und in einer großen Stadt Medizin studiert. Für den Doktor wird sie zu einer großen Hilfe, die sich nicht nur in der Medizin auskennt, sondern auch mit dem Aberglauben der Bewohner, die den Ursprung des Fluchs zurückführen auf die Villa Graps, dem Sitz einer traditionsreichen Adelsfamilie.
Das Resultat einer Wette
Mit Der Dämon und die Jungfrau (1963) hatte der italienische Regisseur Mario Bava seinen bislang letzten Horrorfilm vorgelegt, der Gothic-Elemente aufwies und damit in der Tradition der zahlreichen Edgar Allen Poe Verfilmungen und der Produktionen der britischen Hammer-Studios stand. Wie Bava behauptet, sei Die toten Augen des Dr. Dracula in erster Linie auf Basis einer Wette entstanden, ob ein solches Projekt noch in der zweiten Hälfte der 1960er Erfolg haben könne, was der Regisseur durchaus beweisen wollte. Zudem bestätigte der Film Bavas Status als „Retter“ von Produktionen, die durch diverse Umstände unvollständig zu bleiben drohten, denn als während der Dreharbeiten das Geld ausging, gelang ihm unter anderem das Kunststück, die Besetzung und die Crew zum Weitermachen zu motivieren sowie die Filmmusik zusammenzustellen, welche größtenteils aus Stücken aus anderen Produktionen bestand.
Dass es sich bei Die toten Augen des Dr. Dracula um ein Werk handelt, dessen Szenen oftmals improvisiert wurden oder dem die finanziellen Mittel während der Dreharbeiten ausgingen, merkt man dem Werk als Zuschauer an keiner Stelle an. Ganz im Gegenteil wirkt der Film wie aus einem Guss. Wie die Vision eines Künstlers, was Mario Bava zweifelsohne war, auch wenn es lange brauchte, bis sich dies vor allem in Kritikerkreisen herumgesprochen hatte. Die Gothic-Elemente, die vor allem in der Exposition durchaus eine gewisse Nähe zum Roman Bram Stokers aufweisen, werden abgelöst von traumähnlichen Elementen, besonders wenn die Figuren das berüchtigte Anwesen der Familie Draps betreten. Bava vermischt vertraute, fast schon altmodische Elemente mit einer modernen Ästhetik, die uns wie auch dem Hauptcharakter Fragen stellt ob der Wirklichkeit des Geschehens, des Fassbaren und des Rationalen. Türen und insbesondere Treppenhäuser markieren jene Übergänge in ein anderes Reich, in dem Vernunft und Ordnung aufgehoben zu sein scheinen, und die gerade deshalb an jenen Gang von Alice ins Wunderland ähneln, auch wenn dieses im Falle Bavas sehr viel unheimlicher ist.
Das Ende des Erklärbaren
Im Zentrum des Horrors steht das Schicksal der auf seltsame Weise ums Leben gekommenen Melissa Graps, gespielt von Valerio Valeri, die durch ihr Erscheinen das Ableben eines Menschen ankündigt und als Repräsentation jenes Einflusses dient, welchen der Fluch über das Dorf und dessen Bewohner besitzt. Neben dem Kostüm sowie Valeris minimalistischem Spiel sind es Elemente wie der Sound und die Kameraführung, welche durch den Fokus auf Details, durch Verzerrung und andere Elemente eine durchweg unheimliche Atmosphäre erzeugen, die Bavas Film nicht nur zu halten, sondern dramaturgisch noch weiter zu steigern vermag. Unterstrichen wird ebenso jener bereits erwähnte Übergang in ein anderes Reich, die Eswai hinter sich bringt, und welche ihn immer weiter hinein in eine Welt des Irrationalen bringen, in welcher er mehr und mehr seine Hilflosigkeit zugeben muss, mit der er buchstäblich in einer der wohl markantesten Szenen des Filmes konfrontiert wird.
Zuletzt ist es wohl ein Fehler, zumindest filmhistorisch, Die toten Augen des Dr. Dracula lediglich in der Tradition des Gothic-Horror zu betrachten. Wenn Bava ein Kind als den Ursprung des Bösen zeigt, hat dies mehr gemein mit Produktionen wie Roman Polanski Rosemaries Baby oder William Friedkins Der Exorzist, die ebenso Kinder oder Teenager als Ursprung des Bösen zeigten und damit als Spiegel einer Zeit dienen, in der sich der Generationenkonflikt mehr als deutlich abzeichnete. Konsequenterweise sind es besonders junge Mädchen, die zu den Opfern des Fluches werden, die von ihm gebrandmarkt werden und ebenso wie Melissa einem grausamen Schicksal entgegensehen.
OT: „Operazione paura“
Land: Italien
Jahr: 1966
Regie: Mario Bava
Drehbuch: Romano Migliorini, Roberto Natale, Mario Bava
Musik: Carlo Ristichelli
Kamera: Antonio Rinaldi, Mario Bava
Besetzung: Giacomo Rossi-Stuart, Erika Blanc, Fabienne Dali, Piero Lulli, Max Lawrence, Michaela Esdra, Valerio Valeri
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