Tre Piani Drei Etagen
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Drei Etagen

Drei Etagen
„Drei Etagen“ // Deutschland-Start: 17. März 2022 (Kino) // 29. Juli 2022 (DVD)

Inhalt / Kritik

Der Schock ist groß bei den Bewohnern und Bewohnerinnen, als der junge Andrea (Alessandro Sperduti) im betrunkenen Zustand eine Frau überfährt und anschließend ins Gebäude kracht. Schon vorher war das Verhältnis zwischen ihm und seinem Vater Vittorio (Nanni Moretti) angespannt, seine Mutter Dora (Margherita Buy) steht ratlos daneben. In derselben Nacht bringt Nachbarin Monica (Alba Rohrwacher) ihr erstes Kind zur Welt und ist in Folge oft überfordert, zumal ihr Mann Giorgio (Adriano Giannini) beruflich ständig unterwegs ist. Währenddessen steigert sich Lucio (Riccardo Scamarcio), der ebenfalls in dem Haus wohnt, in die Vorstellung hinein, dass sich sein alter, demenzkranker Nachbar Renato (Paolo Graziosi) an seiner Tochter vergriffen haben könnte, worunter auch Lucios Ehe zu Sara (Elena Lietti) zu leiden beginnt …

Fremde, bekannte Geschichten

Lange hat es gedauert, bis sich Nanni Moretti mal wieder mit einem Werk zu Wort meldete. So hat er in den letzten Jahren lediglich den Dokumentarfilm Santiago, Italia sowie einige Kurzfilme gedreht. Sein letzter Spielfilm Mia Madre erschien bereits 2015. Gut möglich, dass dem italienischen Filmemacher inzwischen ein wenig die Ideen ausgehen. Zumindest ist es auffällig, dass Drei Etagen keine eigene Geschichte Morettis darstellt. Vielmehr verfilmte er hier den Roman Über uns des israelischen Schriftstellers Eshkol Nevo, womit das Drama sein erstes Werk ist, das nicht ursprünglich von ihm stand. Ein bisschen kreativen Einsatz zeigte er aber schon, indem er und seine Co-Autorinnen Federica Pontremoli und Valia Santelli den Stoff ein wenig umänderten. Die auffälligste Neuerung: Er verlegte die Handlung von Tel Aviv nach Rom.

Im Grunde ist es aber auch egal, wo die Geschichte spielt, da Drei Etagen auf sehr universelle Gefühle und zwischenmenschliche Dynamiken bezieht, die es so oder so ähnlich praktisch überall gibt. Tatsächlich hat gerade die Zeichnung der Geschlechter etwas recht Altmodisches. So werden die Männer durch die Bank weg als zerstörerisch beschrieben, die in ihrer Sturheit im Zweifel sogar Familien auseinanderreißen. Die Frauen sind da deutlich sanfter und um Ausgleich bemüht, halten sich aber mehr im Hintergrund. Das fällt gerade bei dem Handlungsstrang um Dora auf, die plötzlich zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn steht und dabei nicht weiß, wie sie sich verhalten soll. Also macht sie … nichts. Und es passiert, was passiert.

Tragödie Marke Eigenbau

Das ist als rein beobachtender Zuschauer bzw. Zuschauerin ein wenig frustrierend, wie hier mehr und mehr kaputt geht, ohne dass ernsthafte Versuche unternommen werden, den Bruch zu verhindern oder gar zu reparieren. Drei Etagen zeigt lauter Menschen, die aus irgendeinem Grund ein Händchen dafür haben, immer das Falsche zu tun. Das ist nicht immer ganz nachzuvollziehen. Vor allem Lucios Eskapaden muss man nicht verstehen, wenn er sich gleich mehrfach mutwillig dämlich verhält. Wobei auch Vittorio, den Moretti selbst spielt, Anlass bietet, sich die Hände über den Kopf zusammenzuschlagen. Nicht dass dessen Filmsohn sympathischer wäre. So ein bisschen Reue dafür, dass er eine Frau totgefahren hat, wäre sicher nicht zu viel verlangt gewesen.

Auf diese Weise bewegt sich der Film von einer Tragödie zur nächsten, viele davon selbst verschuldet, einige auch schuldlos. Dabei teilt sich das Drama, welches im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes 2021 lief, nicht nur in drei Handlungsstränge, sondern auch drei Zeitabschnitte, die in 5-Jahres-Schritten erzählt werden. Die einzelnen Stränge haben dabei nur indirekt etwas miteinander zu tun. Da alle Familien im selben Haus leben, läuft man sich natürlich schon auch über den Weg. Außerdem gibt es Themen, die sich in Drei Etagen spiegeln, darunter das der Schuld oder die besagten Geschlechterrollen. Man hätte die Geschichten aber auch in separate Filme packen können, ohne dass es aufgefallen wäre.

Zwischen dokumentarisch und überzogen

Phasenweise ist das sehr sehenswert und angenehm zurückhaltend inszeniert. Moretti schlachtet die einzelnen Dramen nicht aus, sondern zeigt sie eher beiläufig, fast schon dokumentarisch. Dennoch, so richtig alltäglich ist das nicht, was Drei Etagen zu erzählen hat. Vielmehr handelt es sich um ziemliche Ausnahmesituationen. Selbst der Strang um Monica, die anfangs mit ihrem Mutterdasein so ihre Probleme hat, wird später durch das Auftauchen des Schwagers verkompliziert. Gebraucht hätte es das alles nicht, zumal das Ensemble an anderen Stellen gezeigt hat, dass es die leisen, unspektakulären Auftritte beherrscht. Dadurch bleibt am Ende ein zwar solider Film, von dem man sich angesichts des Talents der Beteiligten aber mehr hat versprechen dürfen.

Credits

OT: „Tre Piani“
Land: Italien, Frankreich
Jahr: 2021
Regie: Nanni Moretti
Drehbuch: Nanni Moretti, Federica Pontremoli, Valia Santelli
Vorlage: Eshkol Nevo
Musik: Franco Piersanti
Kamera: Michele D’Attanasio
Besetzung: Margherita Buy, Riccardo Scamarcio, Alba Rohrwacher, Nanni Moretti, Alessandro Sperduti, Adriano Giannini, Stefano Dionisi, Anna Bonaiuto, Denise Tantucci

Bilder

Trailer

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Drei Etagen
Fazit
„Drei Etagen“ begleitet mehrere Familien, die in einem gemeinsamen Haus leben, und berichtet von deren jeweiligen Problemen. Die sind teilweise schon recht überzogen, während gleichzeitig die Inszenierung angenehm zurückhaltend ist. Das gut gespielte Drama sorgt auf diese Weise für Irritationen und wird nicht so universell, wie es die einzelnen Themen eigentlich sind.
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