Eigentlich war der Polizist Tom Falk (Jochen Matschke) gerade bei einem Undercover-Einsatz, als er zufällig erfährt, dass der Armbrustkiller wieder zugeschlagen hat. Für ihn bedeutet das, seine aktuelle Mission sofort abzubrechen und an den Tatort zu eilen. Schließlich hatte der Mörder eine Reihe von Frauen erledigt, darunter seine eigene Freundin Paula, worüber er noch immer nicht hinweg ist. Seine unüberlegte Aktion sorgt bei der Polizei für viel Irritation, besonders bei seinem Bruder Sebastian (Peter Fieseler), der selbst dort arbeitet und die Sondereinheit anführt. Davon lässt sich Tom aber nicht abhalten und ermittelt auf eigene Faust weiter. Unterstützung erhält er dabei durch die ebenfalls in Ungnade gefallene Hubschrauber-Pilotin Nina Thal (Agnes Decker) und den früheren Gebirgsjäger Moritz „Polle“ Pollard (Hendrik Heutmann) …
Mörderjagd in den Bergen
Angesichts der unzähligen Krimireihen, die Woche für Woche für Woche auf den öffentlich-rechtlichen Sendern laufen und damit regelmäßig ein Millionenpublikum anziehen, ist es schon etwas verwunderlich, dass die privaten Sender in der Hinsicht so zurückhaltend sind. Vor allem in einer Phase, in der man sich zum Ziel gesetzt hat, sich doch den TV-Urgesteinen anzunähern. Jetzt gibt es aber doch mal wieder einen Versuch, sich in dem Genre zu etablieren. Einsatz in den Alpen: Der Armbrustkiller ist zwar offiziell ein Einzelfilm, der auch eine in sich abgeschlossene Geschichte erzählt. Doch schon der Titel verrät, dass das hier auf ein serielles Erzählen ausgerichtet ist, sofern das Publikum das Angebot denn annimmt.
Ein Verkaufsargument ist ebenfalls schon im Titel zu finden: Der Film spielt in den Alpen, genauer im österreichischen Teil davon. Zumindest wird das gesagt, raushören kann man das nicht. Wie auch? Die Hauptdarsteller und Hauptdarstellerinnen sind allesamt deutsch, wie so oft bei hiesigen TV-Krimis, die so tun, als wären sie internationale Produktionen. Nur bei der Gegenseite sind tatsächlich zwei Österreicher zu finden. Aber um Sprache geht es hier ohnehin nicht. Die Ohren bekommen in der Hinsicht recht wenig geboten, die Augen umso mehr. Immer wieder verschlägt es Tom in Einsatz in den Alpen: Der Armbrustkiller in die Berge, wo er entweder Spuren nachjagt, Verbrecher stellt oder um seine tote Paula trauert. Schöne Kulissen gibt es also mehr als genug, das Setting ist der inoffizielle Star in der Runde.
Hauptsache Action
Die Augen bekommen aber noch anderweitig zu tun: Im Gegensatz zu den meisten deutschen Genrevertretern ist das hier deutlich actionreicher. Logisch, es handelt sich schließlich um einen Film, der beim Streamingdienst RTL+/TV Now Premiere feierte, bevor er auch im linearen RTL-Fernsehen ausgestrahlt wird. Dort darf es ein bisschen mehr krachen. Tatsächlich kommt Regisseur Ralph Polinski eigentlich aus dem Serienfach, hat zuvor insgesamt 22 Episoden von Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei gedreht. Und das merkt man Einsatz in den Alpen: Der Armbrustkiller auch an, wenn immer mal wieder von dröhnender Haudrauf-Musik begleitete Actionszenen eingebaut werden. Inhaltlich sind die selten zu rechtfertigen. Eine anfängliche Szene um zwei Radfahrer, die durch die Berge rasen, hat mit der Geschichte nichts zu tun. Aber sie sorgt für Rasanz.
Insgesamt richtet sich der Film dann auch eher an ein Publikum, das sich überwältigen lassen will und nicht den Anspruch hat, über das Gesehene groß nachzudenken. Es gibt zwar tatsächlich einen Kriminalfall, der gelöst werden muss. Vor allem die Frage, was der Mörder mit seinen Taten beabsichtigte, sorgt für Rätsel. Wer hinter allem steckt, ist hingegen klar: Der im Krimibereich erfahrene Drehbuchautor Timo Berndt (Sarah Kohr: Geister der Vergangenheit, Ein starkes Team: Die letzte Runde) verrät dem Publikum schon früh die Identität des Täters. Zuschauer und Zuschauerinnen, die gerne grübeln und Hypothesen anstellen, sind bei Einsatz in den Alpen: Der Armbrustkiller daher völlig fehl am Platz. Hier geht es um Schauwerte, nicht Kopfarbeit.
Zwischen kurios und konturlos
Das gilt dann auch für die Figuren. Die meisten von ihnen sind reine Wegwerfware, die selbst zum Vergessen zu konturlos sind. Mit Nina Thal gibt es zwar noch eine Frau, die sich in einem reinen Männerumfeld behaupten muss. Sehr viel hat Berndt darüber aber nicht zu sagen. Im Gegensatz dazu ist Poll sehr überzeichnet. Wie oft sieht man einen offensichtlich autistischen Scharfschützen, der mit einem Esel unterwegs ist und irgendwelche Nummern auswendig lernt? Der passt dann zwar so gar nicht in die ansonsten konturlose Alphamännchen-Machopose. Aber immerhin sorgt das für Irritationen in dem ansonsten wenig bemerkenswerten Film. Klar, wer solche actionlastigen, reißerischen Thriller mag, kann reinschauen, und sei es nur der Bilder wegen. Sollte es im Anschluss aber eine Serie geben, dann darf die ein bisschen mehr in den Inhalt investieren, anstatt sich ausschließlich auf ein audiovisuelles Dauerfeuer zu verlassen.
OT: „Einsatz in den Alpen: Der Armbrustkiller“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Ralph Polinski
Drehbuch: Timo Berndt
Musik: Daniel Freundlieb
Kamera: Christian Paschmann
Besetzung: Jochen Matschke, Peter Fieseler, Agnes Decker, Hendrik Heutmann, Alissa Jung, Sinha Melina Gierke, Rainer Wöss, Aaron Friesz
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