Der Journalist Daniel Mandelkern (Albrecht Schuch) kann sein Glück kaum fassen, als er die Bekanntschaft von Tuuli Kovero (Alina Tomnikov) macht. Denn die könnte ihm einen lang gehegten Traum ermöglichen, einmal den von ihm bewunderten Mark Svensson (Friedrich Mücke) zu treffen und zu interviewen. Der Schriftsteller lebt zurückgezogen mit seiner Freundin Kiki Kaufmann (Ina Geraldine Guy) in Italien, seit Jahren hat er schon nichts Neues mehr veröffentlicht. Er ist auch nicht wirklich scharf darauf, den neugierigen und penetranten Bewunderer zu treffen, geschweige denn mit ihm zu reden. Doch trotz der Mauer des Schweigens gelingt es Mandelkern, mehr und mehr über Svensson und Kovero zu erfahren. Aber auch über Felix Blaumeise (Daniel Sträßer), der Dritte im Bunde, der vor vielen Jahren verschwunden ist …
Die Wahrheit hinter der Oberfläche
Die Erfahrung dürften schon so manche gemacht haben: Die Leute, die man bewundert, sind oft gar nicht so wirklich bewundernswert, wenn man sie einmal vom Nahen sieht. Diese Erfahrung macht auch Daniel, als er Mark gegenübersteht. Es ist nicht das erste Mal, dass er diesen trifft, viele Jahre zuvor ist das schon einmal geschehen. Davon erfährt das Publikum aber erst später. So wie es vieles in Funeral for a Dog erst mit der Zeit erfährt. Denn wenn einen die Sky Serie eines lehrt, dann dass die Wahrheit sich nicht unbedingt nach außen zu erkennen gibt. Teilweise muss man schon richtig bohren, um an das zu kommen, was tief unter der Oberfläche begraben ist, begraben werden sollte. Und das ist jede Menge, zumindest die Hauptfiguren betätigen sich regelmäßig als Totengräber der eigenen Gedanken und Gefühle.
Das bedeutet aber nicht, dass das Verborgene keinen Einfluss mehr hat. Tatsächlich erzählt die Adaption des Romans Bestattung eines Hundes von Thomas Pletzinger, wie Menschen ihre Vergangenheit jahrelang mit sich herumtragen, zu Gefangenen eben derselben werden. Nur weil etwas aus den Augen ist, ist es deshalb dann doch nicht unbedingt aus dem Sinn. Das betrifft vor allem Mark und Tuuli, die eine lange Vorgeschichte haben. Diese ist in Italien dann auch zu jeder Zeit zu spüren, das gleicht teilweise schon einem Mausoleum. Aber eines, von dem man alle Namensschilder entfernt hat und so tut, als gäbe es das alles nicht. Felix spielt in der Hinsicht bei Funeral for a Dog eine große Rolle, der auch nach dem Verschwinden überall präsent ist. Ein Geist, der von Raum zu Raum huscht und selbst in intimen Momenten noch da ist in seiner schattenhaften Präsenz.
Fragen nach was und warum
Das hat schon einen gewissen Mystery-Faktor. Funeral for a Dog erzeugt bewusst, nicht ganz subtil, aber doch sehr effektiv Neugierde, was es denn nun mit allem auf sich hat. Die Frage, was mit Felix geschehen ist, rückt die Serie zeitweilig sogar etwas in die Krimirichtung. Das offensive Schweigen der Hinterbliebenen spricht zumindest dafür, dass da etwas nicht ganz mit rechten Dingen vor sich ging. Wichtiger noch ist für Pletzinger, der auch an der Drehbuchadaption mitarbeitete, aber die Beschreibung der Figuren und vor allem der Verhältnisse untereinander. Dabei rückt besonders die ganz eigene Dreiecksbeziehung von Tuuli, Mark und Felix in den Mittelpunkt. Aber auch Daniel darf mehr sein als ein übergriffiger Journalist, der zum Fragengeber reduziert wird. Er ist nicht minder verkorkst, wie das Publikum feststellen darf.
Das geschieht ganz klassisch mithilfe von Flashbacks. So wird die Erzählung in der Gegenwart, in der Journalist und Schriftsteller aufeinandertreffen, kontinuierlich von Szenen von früher unterbrochen werden. Das ist grundsätzlich natürlich nichts Besonderes, viele Filme und Serien greifen darauf zurück. Bei Funeral for a Dog geschieht das jedoch deutlich kunstvoller, als man es oft gewohnt ist. Das Spiel mit der Zeit erlaubt es nicht nur, immer wieder neue Perspektiven zu gewinnen, wenn wir bislang unbekannte Facetten der Figuren kennenlernen, sie dadurch an Komplexität gewinnen. Die vertrackte Erzählstruktur passt zudem sehr gut zu der Geschichte, bei der es eben maßgeblich darum geht, wie die Vergangenheit sich immer wieder ihren Weg in die Gegenwart kämpft, so sehr sich die Leute auch dagegen wehren. Wo Flashbacks oft recht billige Mittel sind, da werden sie hier zu einem festen Bestandteil des Konzeptes.
Nuanciert gespielt und schön bebildert
Für das Publikum bedeutet das, dass es sich schon ein wenig anstrengend muss, um bei den ganzen Sprüngen noch mithalten zu können. Gerade anfangs ist Funeral for a Dog schon ein wenig verwirrend. Aber es lohnt sich dranzubleiben, aus vielfältigen Gründen. So ist die Geschichte zum einen sehr abwechslungsreich, wenn es uns im Laufe der vielen Jahre, die hier abgehandelt werden, an die unterschiedlichsten Orte verschlägt. Ein Schlüsselereignis ist dabei der 11. September 2001 in New York. Die Serie wird auf diese Weise auch zu einem Zeitporträt, zeigt zudem, wie sich Menschen mit den Jahren und den Erfahrungen, die sie sammeln, allmählich verändern. Wie der Idealismus junger Jahre verschwindet und dafür Trauer und Einsamkeit Platz macht. Das ist einfühlsam und nuanciert gespielt. Wunderbare Aufnahmen, gerade auch von den Landschaften, runden das schöne Bild des melancholisch-nachdenklichen Serienhighlights ab.
OT: „Funeral for a Dog“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Barbara Albert, David Dietl
Drehbuch: Hanno Hackfort, Bob Konrad, Thomas Pletzinger
Vorlage: Thomas Pletzinger
Musik: Michael Kamm
Kamera: Frank Griebe
Besetzung: Friedrich Mücke, Alina Tomnikov, Albrecht Schuch, Daniel Sträßer, Ina Geraldine Guy, Anne Ratte-Polle
https://www.youtube.com/watch?v=r_GLdkBW3Mc
Wer noch ein bisschen mehr über die Arbeit an der Serie erfahren möchte: Anlässlich des Starts von Funeral for a Dog unterhalten wir uns im Interview mit Friedrich Mücke über die Hintergründe, aber auch Themen wie Liebe und Freundschaft.
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