Als der reiche Immobilienmakler Ralph Wagner tot aufgefunden wird, nachdem jemand sein Boot angezündet hatte, führt eine erste Spur in die linksextreme Szene. Schließlich war der Verstorbene dort eine absolute Hassfigur, nicht zuletzt wegen seines Vorhabens, die Autonomen aus ihrem Haus zu vertreiben. Dabei macht Helen Dorn (Anna Loos), die den Fall übernommen hat, auch die Bekanntschaft von Dirk Müller (Florian Lukas), der Sprecher der Gemeinschaft. Der weist jedoch jede Schuld von sich, will mit anderen Waffen kämpfen als mit der Gewalt. Vielleicht hat aber auch Thomas Lehmann (Jan Messutat) etwas mit der Tat zu tun, der Geschäftspartner des Verstorbenen. Und was verheimlicht Ehefrau Katrin Wagner (Annett Renneberg)?
Grauenvolle Figuren
Seit ziemlich genau sieben Jahren ermittelt Helen Dorn bereits in der gleichnamigen ZDF-Krimireihe. Und auch wenn die Zuschauerzahlen bei den Filmen mitunter recht stark schwanken, so hat sich die LKA-Kommissarin doch beim Publikum etabliert und gehört zum festen Personal der Samstagabendunterhaltung. Dabei hat sie eigentlich nichts, was sie zu einem Publikumsliebling qualifizieren würde. Im Gegenteil, die überzeugte Einzelkämpferin geht einem zuweilen mit ihrer abweisenden Art und den unnötigen Alleingängen ziemlich auf den Keks. Zuletzt wurde sie da aber etwas besser. Bei Helen Dorn: Das rote Tuch, dem mittlerweile 16. Teil der Reihe, darf sie zwischendurch zwar mal über Kollegen herziehen. Ansonsten ist sie vergleichsweise verträglich.
Das mag aber auch daran liegen, dass diesmal auf der Gegenseite so grauenvolle Leute herumstolzieren, dass im Vergleich selbst Dorn schon irgendwie sympathisch wirkt. Drehbuchautor Andreas Karlström (Jeanny – Das fünfte Mädchen) suchte sich hierfür ein recht einfaches Feindbild aus: Immobilienmakler. In den Zeiten akuter Wohnungsnot und explodierender Mieten braucht es nicht viel, um das Publikum in Rage zu versetzen. Schon die Andeutung, jemand könnte beim Thema Immobilien mehr Profit suchen, reicht aus, damit die Leute ihre Fackeln und Heugabeln herausholen. Und für den Fall, dass das doch nicht ausreichen sollte, wird bei Helen Dorn: Das rote Tuch der Geschäftspartner des Toten als schmierig-widerliches Arschloch dargestellt, den man schon aus Prinzip hassen muss.
Krimi mit Gesellschaftskritik
Nachvollziehbar ist das. Zudem zeigt die Reihe, dass sie nach dem Thema Rettungsdienst (Wer Gewalt sät) und dem Gesundheitswesen (Die letzte Rettung) erneut gesellschaftlich relevante Ambitionen pflegt. Genauer werden mit Wohnungsnot, Zweiklassengesellschaft und #MeToo gleich mehrere Punkte angesprochen, welche die Menschen umtreiben. Grundsätzlich kann man das schon machen. Nur ist eben Helen Dorn: Das rote Tuch wie schon die vorangegangenen Filme nicht sonderlich feinfühlig oder nuanciert. Da wird lieber der Holzhammer ausgepackt. Das Publikum soll sich aufregen können. Selbst nachdenken ist hingegen nicht gefordert, es werden einem sämtliche Entscheidungen abgenommen. Man versucht nicht einmal so zu tun, als gäbe es da mehr als schwarz und weiß. Selbst bei den Autonomen wird nicht diskutiert, sondern nur brav das eigene Dogma mitgetragen.
Wenn wenigstens der Krimipart besser wäre. Zwar gibt es prinzipiell schon mehrere Verdächtige, weswegen das Publikum grübeln darf, wer es denn nun am Ende wirklich gewesen ist. Interessant ist aber keine der Möglichkeiten, zumal man im weiteren Verlauf noch eine Nebenhandlung aufmacht, die es nicht gebraucht hätte. Bei aller Sympathie für den Versuch, ein paar wichtigere Themen einzubauen, anstatt „nur“ unterhalten zu wollen: Das Ergebnis überzeugt nicht. Wer sich bisher nicht an den schwachen Drehbüchern gestört hat oder auch an den etwas plumpen Inszenierungen der Actionszenen, der wird vermutlich mit Helen Dorn: Das rote Tuch ebenso wenig Probleme haben. Aber da gibt es doch deutlich Besseres und Spannenderes in dem Bereich.
OT: „Helen Dorn: Das rote Tuch“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Friedemann Fromm
Drehbuch: Andreas Karlström
Musik: Edward Harris
Kamera: Ralf Noack
Besetzung: Anna Loos, Ernst Stötzner, Tristan Seith, Nagmeh Alaei, Florian Lukas, Barbara Prakopenka, Jan Messutat, Annett Renneberg, Leonie Wesselow, Lilly Charlotte Dreesen
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