Bislang führten Zoey (Gabrielle Union) und Paul Baker (Zach Braff) ein recht harmonisches, wenngleich chaotisches Leben. Das liegt einerseits an Pauls Frühstücksrestaurant, das ebenso kosten- wie zeitintensiv ist. Aber auch die Kinder machen den beiden zuweilen zu schaffen. Und von denen gibt es jede Menge: Insgesamt neun Stück haben sie zusammen, teils gemeinsame, teils aus vorherigen Ehen mitgebrachte, eins ist adoptiert. Das erfordert viel Geduld, gute Planung – und gute Nerven. Während sich die zwei an den Zustand gewöhnt haben, geschieht etwas, das alles auf den Kopf stellt: Paul hat eine Soße erfunden, die so unwiderstehlich und zugleich vielseitig ist, dass sie zu einem enormen Verkaufsschlager wird. Tatsächlich machen sie damit so viel Geld, dass sie in ein Luxushaus im Vorort ziehen können. Aber es dauert nicht lange, bis erste Schwierigkeiten auftreten …
Eine bekannte Geschichte, ganz anders
Dass Hollywood ganz gerne mal Remakes dreht, wenn niemandem mehr etwas einfällt, das ist bekannt. Doch was, wenn man alle schon mal durch hatte? Ganz einfach: Man macht Remakes der Remakes. Ursprünglich war Im Dutzend billiger ein Buch: In dem 1948 veröffentlichten Werk erinnerten sich die Geschwister Frank Bunker Gilbreth Jr. und Ernestine Gilbreth Carey, wie es war, als Großfamilie in den 1920ern zu leben. Dieses Buch war so erfolgreich, dass bereits zwei Jahre später eine erste gleichnamige Verfilmung in die Kinos kam. 2003 gab es eine weitere, sehr freie Adaption mit Im Dutzend billiger – Chaos hoch 12, dem 2005 bereits Im Dutzend billiger 2 – Zwei Väter drehen durch! folgte. Und weil das alles so gut funktionierte, startet nun mit dem Disney+ Film Im Dutzend noch billiger ein weiterer Anlauf, von dem berühmten Namen zu profitieren.
Immerhin, eines muss man dem Team dahinter zugutehalten: Sie begnügten sich nicht damit, einfach die alte Geschichte noch einmal neu zu erzählen, sondern machten etwas ganz Eigenes daraus. Tatsächlich hat Im Dutzend noch billiger bis auf den englischen Titel Cheaper by the Dozen kaum noch etwas mit dem Original zu tun. Die erste große Änderung, von der Verlegung in die Gegenwart einmal abgesehen, die einem ins Auge sticht: Es gibt hier keine zwölf Kinder mehr. Das Paar hat „nur“ neun, wovon eines adoptiert ist. Ein zehntes kommt später noch leihweise hinzu, als Pauls drogenabhängige Schwester in die Entzugsklinik kommt und sich jemand um ihren Sohn Seth (Luke Prael) kümmern muss. Die Wahl fällt auf Zoey und Paul, wohl in der Annahme, dass bei dieser Truppe ein Kind mehr oder weniger auch schon keinen Unterschied mehr macht.
Aus dem Leben einer gemischten Patchwork-Familie
Da schon die eigenen Kinder aus insgesamt drei Ehen stammen, wird daraus eine richtig große Patchwork-Familie. Die Reduktion der eigenen Kinder dürfte wohl auch aus dem Gedanken heraus entstanden sein, dass Großfamilien heute eine absolute Seltenheit geworden ist und entsprechend schwer zu verkaufen sind. Es gibt Kenya Barris und Jenifer Rice-Genzuk Henry, die gemeinschaftlich das Drehbuch geschrieben haben, zudem die Möglichkeit, einiges zu den Themen Toleranz und Identität zu sagen. Schwarz, weiß, gemischt, alles lebt unter einem Dach. Das funktioniert innerhalb dieser Blase. Außerhalb wird es schwierig: Im Dutzend noch billiger ist bemüht, das aktuelle und dringende Thema Rassismus anzusprechen, weshalb einige Familienmitglieder mit Anfeindungen zu kämpfen haben.
Das ist grundsätzlich sympathisch. Die Idee war auch gut: Eine derart zusammengewürfelte Familie eignet sich gut, um die unterschiedlichen Lebensrealtitäten aufzuzeigen, die sich noch immer an der Hautfarbe festmachen. Nur ist das eben nicht alles, wovon Im Dutzend noch billiger sprechen mag. Ein großes Thema ist außerdem, wie Dan mit seiner kleinen Soße auf einmal zum großen Unternehmen aufsteigt und dabei sich und seine Familie aus den Augen verliert. Seth wiederum wird genutzt, um etwas über Vorurteile zu sagen. Da er zuvor mit dem Gesetz in Konflikt war, sehen in ihm manche einen Verbrecher, der als erstes verdächtigt wird, wenn etwas vorfällt. Beweise? Braucht es nicht.
Alles nur Oberfläche
Allerdings bleibt es bei recht oberflächlichen Lippenbekenntnissen. Bei anderen Themen gibt es nicht einmal das. Die Drogenabhängigkeit von Pauls Schwester wird nur nebenbei erwähnt. Dass eine eigene Tochter der Bakers im Rollstuhl sitzt, wird auch nicht angesprochen. So etwas kann gut sein, um den Alltag aufzuzeigen und betroffene Menschen nicht allein durch ihre körperliche Beeinträchtigung zu definieren. Nur wird in Im Dutzend noch billiger praktisch niemand definiert: Am Ende des Films sind die Kinder überwiegend unvermindert nichtssagend. Man hätte ihnen auch einfach Nummern geben können statt Namen, das wäre ehrlicher gewesen. Ein weiteres Versäumnis ist der Humor, der hier schon ziemlich schwach ausgeprägt ist – selbst unter Berücksichtigung der jüngeren Zielgruppe. Da ist einfach nichts, das man selbst mit viel Wohlwollen tatsächlich komisch finden müsste. Trotz der sympathischen Ansätze und eines spielfreudigen Zach Braff (Kings of Hollywood), dieses Exhumierung hätte es nicht gebraucht.
OT: „Cheaper by the Dozen“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Gail Lerner
Drehbuch: Kenya Barris, Jenifer Rice-Genzuk Henry
Vorlage: Frank Bunker Gilbreth Jr., Ernestine Gilbreth Carey
Musik: John Paesano
Kamera: Mitchell Amundsen
Besetzung: Gabrielle Union, Zach Braff, Erika Christensen, Timon Kyle Durrett, Journee Brown, Kylie Rogers, Andre Robinson, Caylee Blosenski, Aryan Simhadri, Leo A. Perry, Mykal-Michelle Harris, Christian Cote, Sebastian Cote, Luke Prael
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