Irina Palm
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Irina Palm
„Irina Palm“ // Deutschland-Start: 14. Juni 2007 (Kino) // 4. September 2009 (DVD)

Inhalt / Kritik

Als der kleine Olly (Corey Burke) schwer erkrankt, bedeutet das für seine Familie gleich in mehrfacher Hinsicht eine enorme Belastung. Als wäre es nicht schon schlimm genug, ihn leiden zu sehen und sich die düsteren Prognosen anzuhören, mangelt es auch an dem nötigen Geld, um ihn richtig behandeln zu lassen. Da seine Eltern Tom (Kevin Bishop) und Sarah (Siobhán Hewlett) trotz aller Bemühungen die Summe nicht auftreiben können, entschließt sich seine Großmutter Maggie (Marianne Faithfull) auszuhelfen. Sie würde sogar dafür arbeiten. Nur als was? Nennenswerte Qualifikationen hat sie nicht, was für eine Frau in ihrem Alter bedeutet, dass der reguläre Arbeitsmarkt für sie keine Verwendung mehr hat. Aber es gibt eine Alternative: Miki (Predrag Manojlovic) bietet ihr an, dass sie in einem Sexclub anonym Männer mit der Hand befriedigt. Nach anfänglichem Zögern entwickelt sie tatsächlich Talent. Außerdem hat sie samtweiche Hände, was ihr den Künstlernamen Irina Palm einbringt …

Die Geschichte einer etwas anderen Sexarbeiterin

Die Figur der Prostituierten hat im Bereich des Films eine lange Tradition. In Krimis sehen wir sie immer wieder als wichtige Informantinnen. In Actionfilmen dürfen sie mit ihrem guten Herzen den Helden aushelfen. Und dann wäre natürlich noch Pretty Woman, das aus dem oftmals verachteten Beruf die Grundlage für eine Cinderella-Geschichte machte. Mit dem realen Leben von Prostituierten hatte das dann zwar weniger zu tun. Dem Publikum aber war es egal und machte aus der Liebeskomödie einen der größten Hits von 1990 und Julia Roberts zum umjubelten und umschwärmten Superstar. Sehr viel weniger erfolgreich, dafür aber mit ganz eigenen Qualitäten erzählt auch Irina Palm von einer Sex-Arbeiterin. Der Film erzählt aber vor allem von Familien und Hilfsbereitschaft.

Und er erzählt von Scham. So will Maggie ihrem Enkel unbedingt helfen, es soll aber niemand wissen, was genau sie da tut. Überhaupt ist der Film ein Beispiel dafür, wie das Thema Sex tabuisiert wird. Etwas, das zwar alle tun und wollen, offiziell aber nicht stattfindet. So versteckt Miki die Tätigkeit hinter einem anderen Begriff, Euphemismus, wie er es nennt. Es gibt Affären, die im Verborgenen stattfinden, verbunden mit Vorlieben, die nicht ausgesprochen werden dürfen. Aber auch der Akt an sich wird in Irina Palm versteckt. In dem Club werden ausschließlich Penisse in die Hand genommen, die durch ein Loch gesteckt werden. Mann und Frau können sich nicht sehen. Eine der intimsten Begegnung, die zwei Menschen haben können, wird auf diese Weise völlig vom Menschen entkoppelt und zu einer reinen Mechanik reduziert.

Zwischen Sozialdrama und Wohlfühlkomödie

Gleichzeitig handelt es sich bei Irina Palm um einen sehr warmherzigen Film. Es gibt Momente der Gemeinschaftlichkeit und Fürsorge, sowohl innerhalb wie außerhalb der Familie. Die Arbeit in dem Sexklub verliert mit der Zeit den anfänglichen Schrecken und wird zu einer Art zweites Zuhause, in dem man sich umeinander kümmert. In dem es aber auch durchaus zu hässlichen Szenen kommen kann. Auf diese Weise hält Regisseur Sam Garbarski (Vijay & ich – Meine Frau geht mit mir fremd) die Balance aus einem harschen Sozialdrama und einer eher märchenhaften Wohlfühlkomödie. Auch wenn die Rede ist von schwierigen Lebensverhältnissen, von fehlenden Perspektiven und traurigen Vorgeschichten, am Ende soll das Publikum mit einem Lächeln zurück in die Welt da draußen entlassen werden.

Wirklich mutig ist der Film in der Hinsicht also nicht. Da sollte niemandem zu viel zugemutet werden, Pleasure über die US-amerikanische Pornoindustrie geht einem da schon deutlich mehr an die Nieren. Aber es macht doch Spaß und ist irgendwie schön, der etwas anderen Sexarbeiterin Gesellschaft zu leisten, wie sie ihrem Enkel zuliebe die eigene Komfortzone verlässt. Dabei ist neben dem originellen Szenario vor allem die Leistung von Marianne Faithfull (Intimacy) hervorzuheben, die hier in einer ihrer eher seltenen Filmrollen glänzt. Sie überzeugt mit einer Mischung aus Willensstärke und Zerbrechlichkeit, aus Distanz und Nähe, wenn sie zu einer gewöhnlichen Oma mit ungewöhnlicher Tätigkeit wird. Leider erfährt man über die anderen Figuren, denen die Protagonistin begegnet, nicht so viel. Statt eines Mikrokosmos ist das hier dann doch eine One-Woman-Show. Aber eben eine, die sich lohnt.

Credits

OT: „Irina Palm“
Land: UK, Deutschland, Belgien, Frankreich, Luxemburg
Jahr: 2007
Regie: Sam Garbarski
Drehbuch: Martin Herron, Philippe Blasband
Musik: Ghinzu
Kamera: Christophe Beaucarne
Besetzung: Marianne Faithfull, Miki Manojlovic, Kevin Bishop, Siobhán Hewlett, Dorka Gryllus, Jenny Agutter, Corey Burke

Bilder

Trailer

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Irina Palm
Fazit
„Irina Palm“ erzählt die Geschichte einer Großmutter, die zum Wohl ihres kranken Enkels anonym Männer sexuell befriedigt. Das Ergebnis ist eine Mischung aus Sozialdrama und Wohlfühlkomödie, die von Scheinheiligkeiten ebenso wie von Gemeinschaftlichkeit erzählt. Auch wenn da sicher mehr Tiefe drin gewesen wäre, schön ist der Film allemal.
Leserwertung19 Bewertungen
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8
von 10