Im Leben von Russell (Thomas Duplessie) läuft eigentlich nichts so wie geplant. Seine Karriere als Schauspieler kommt nicht voran, er findet keine Anstellung. Und dann endet auch noch seine Beziehung. Und so fährt er erst einmal zu seiner Großmutter Margaret (Cloris Leachman) mitten in der Einöde, um dort auf andere Gedanken zu kommen. Zu seinem Entsetzen stellt er dabei fest, wie gebrechlich sie inzwischen schon geworden ist. Eigentlich kann die betagte Dame auch schon gar nicht mehr alleine leben, baut körperlich wie geistig immer mehr ab. In ein Heim will sie aber nicht, das lässt ihr Stolz nicht zu. Und so wohnen sie vorläufig zusammen und versuchen gemeinsam dem Leben zu trotzen, das nicht so will wie sie …
Eine steinalte Oma und der Drag-Queen-Enkel
Es gehört zu den immer wieder beliebten Mitteln in Filmen: Man nehme zwei Menschen, die eigentlich unterschiedlicher nicht sein könnten, und zwingt sie, Zeit miteinander zu verbringen. Das ergibt gerade am Anfangen Reibungen, gerne mal solche komischer Natur, bevor zum Ende hin dann alle zusammenfinden. Road Movies greifen gern auf solche Konstellationen zurück, Buddy Movies wie Beverly Hills Cop sowieso. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass auch Jump, Darling in diese Kategorie fällt. Eine steinalte Großmutter, die allein im Nirgendwo lebt, und ihr schwuler Enkel, der seine Vorliebe für Drag-Queen-Auftritte entdeckt hat? Da schreiben sich die Witze eigentlich von selbst, ein bisschen Culture-Clash-Klamotte eben.
Aber daran hatte Regisseur und Co-Autor Phil Connell offensichtlich gar kein Interesse. Irgendwelche derben Witze, in denen man sich wahlweise über Russells Kleidung oder Margarets körperliche Beeinträchtigungen lustig macht, stehen nicht auf dem Programm. Eigentlich enthält Jump, Darling allgemein kaum etwas, das man unbedingt als Witz bezeichnen müsste. Wenn überhaupt sind es die Dialoge, die dem Film eine humorvolle Note geben. Vor allem die Schlagfertigkeit der Seniorin sorgt immer mal wieder für ein bisschen Heiterkeit. Sie mag alt sein und sich nicht mehr so gut erinnern, was sie am Tag zuvor getan hat. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht mit Biss und Spott alles kommentieren kann, was um sie herum geschieht. Alleine dafür würde es sich schon lohnen, den Film anzusehen.
Das Leben feiern
Die über 90 Jahre alte Schauspielveteranin Cloris Leachman, die seinerzeit in mehreren Filmen von Mel Brooks zu sehen war (Höhenkoller, Frankenstein Junior), gibt in ihrer letzten Hauptrolle eine ebenso unterhaltsame wie bewegende Vorstellung. Auch wenn eigentlich gar nicht so wahnsinnig viel geschieht, zeigt sie im hohen Alter eine Präsenz, von der andere nur träumen können. Eine Würde, die ihr unter all den Furchen im Gesicht geblieben ist. Dem gegenüber steht ihr in Jump, Darling mit Thomas Duplessie ein junger Mann, der ebenso wie die von ihm verkörperte Figur, noch ganz am Anfang seiner Laufbahn steht. Aber er kann durchaus mit seiner berühmten Kollegin mithalten. Wenn er sich seiner Persona hingibt, tut er das mit einer Energie, die mitreißend ist. Russell ist jemand, der durchs Leben stolpert, nicht genau weiß, was er damit anfangen soll. Der auch schon die eine oder andere Demütigung verkraften musste.
Jump, Darling macht aber selbst Mut, den Menschen da draußen, die den Film im Kino sehen oder bei sich daheim, dennoch nicht aufzugeben. Weiterzumachen. Zu träumen, von alten Zeiten und einer prachtvollen Zukunft, die kommt oder auch nicht kommt. Am Ende der Geschichte ist niemand wirklich weiser geworden, da Connell im Grunde nichts erzählt, was man nicht schon kennt und weiß. Aber es ist doch ein schöner Film mit einem tollen Duo. Mit der erwarteten Annäherung, die doch auch eigen ist und einen mit dem bittersüßen Ende ein wenig glücklicher wieder entlässt, ohne sich auf billigem Kitsch auszuruhen. Das Leben als solches wird hier gefeiert, selbst wenn es nicht so läuft wie gewünscht. Selbst wenn Träume platzen und Beziehungen zerbrechen, einen der eigene Körper im Stich lässt.
OT: „Jump, Darling“
Land: Kanada
Jahr: 2020
Regie: Phil Connell
Drehbuch: Genevieve Scott, Phil Connell
Musik: Harry Knazan
Kamera: Viktor Cahoj
Besetzung: Thomas Duplessie, Cloris Leachman, Jayne Eastwood, Linda Kash
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