Eigentlich ist man in der Familie Gamache als Schneider tätig, seit Generation schon kleiden sie die unterschiedlichsten Leute ein – darunter auch die Paternòs, eine kanadische Mafiafamilie. Doch Vince Gamache (Marc-André Grondin) ist das nicht genug, er will lieber selbst in der Welt des Verbrechens kräftig mitmischen. Um Frank Paterno (Sergio Castellitto), Oberhaupt des Clans, zu beeindrucken, plant er deshalb das ganz große Dinge. Tatsächlich gelingt es ihm, mit einer waghalsigen Aktion den Gangsterboss für sich einzunehmen und so einen rasanten Aufstieg hinzulegen. Das wiederum gefällt dessen Sohn Giaco (Donny Falsetti), eigentlich ein Freund von Vince, überhaupt nicht. Und so beschließt der seinerseits, alles dafür zu tun, um den unerwünschten Nebenbuhler aufzuhalten …
Das organisierte Verbrechen in Kanada
Wenn Filme von wahren Verbrechern erzählen, dann werden gern die ganz großen Namen ausgepackt. Capone zum Beispiel oder auch Lansky – Der Pate von Las Vegas. Leute eben, die einem auch als Laien etwas sagen und mit denen man richtig schön Werbung machen kann. Bei Mafia Inc. ist das anders. Zwar liefert auch hier die Realität eine Vorlage. Genauer wurde das Sachbuch Mafia Inc: The Long, Bloody Reign of Canada’s Sicilian Clan der Journalisten André Cédilot und André Noël als Inspirationsquelle genommen, um daraus die Geschichte einer Gangsterfamilie zu machen. Das Setting ist dabei sicher ungewohnt. Während es unzählige Filme und Serien über Clans gibt, die in den USA oder Italien ihr Unwesen treiben, da ist Kanada als Ort des Verbrechens recht selten.
Wer deshalb davon ausgeht, dass das alles ganz harmlos ist und man sich gegenseitig mit Samthandschuhen anfasst, der sieht sich getäuscht. Das geht in Mafia Inc. teilweise schon richtig zur Sache. Eindruck hinterlässt beispielsweise eine Szene in einer Metzgerei, bei der man gar nicht weiß, was mehr imponiert: die Freude am Sadismus oder die Kaltschnäuzigkeit, mit der hier jemand die Sache erledigt. So oder so, geschenkt wird nichts. Das Krimidrama ist die Geschichte einer zunehmenden Eskalation, wenn die anfänglichen Konflikte zu einem regelrechten Krieg heranwachsen. Da findet ein hemmungsloser Verdrängungswettkampf statt, bei dem im Zweifelsfall über Leichen gegangen wird.
Zwischen Tragik und Brutalität
Sehr viel Action gibt es dabei aber nicht. Auch wenn da natürlich schon die eine oder andere Szene dabei ist, bei der die Verbrecher Taten sprechen lassen, ist das hier einem Drama näher als einem Actionfilm. Im Kern des Debakels steht der Wunsch nach Anerkennung, der beide junge Männer antreibt. Dass diese durch denselben Mann erfolgen soll, macht die Situation natürlich besonders tragisch. Über diesen zentralen Konflikt hinaus erfährt man jedoch relativ wenig über die Protagonisten. Mafia Inc. liefert lediglich die Sozialisierung durch die jeweiligen Umfelder und nimmt das als Basis der Charakterisierung. Da waren andere Gangsterporträts spannender, die noch stärker auf das Psychologische gegangen sind. Der kanadische Film hat dafür keine rechte Verwendung und begnügt sich mit dem Nötigsten.
Diese inhaltliche Vereinfachung geht dafür mit durchaus schönen Bildern einher. Regisseur Podz gelingt es, gemeinsam mit seinem Kameramann Steve Cosens (Born to Be Blue) diese Kämpfe ins rechte Licht zu rücken, selbst in den weniger erfreulichen Momenten. Da auch die Ausstattung gelungen ist, kommt hier schon einiges zusammen, weshalb sich ein Blick lohnt. Natürlich erzählt Mafia Inc. keine neue Geschichte. Hier geschieht relativ wenig, was man nicht von vergleichbaren Filmen schon kennt. Doch das, was da ist, wurde gut und packend umgesetzt. Man darf hier bis zum Schluss mitfiebern, wie das alles ausgehen wird – zumal man nicht einmal weiß, wen man hier überhaupt anfeuern sollte. Zu guter Letzt trägt auch das Lokalkolorit dazu bei, dass zumindest Fans solcher Werke hier einmal vorbeischauen sollten. Selbst wenn es die recht kleine Produktion nicht mit den ganz großen Klassikern aus diesem Bereich aufnehmen kann, für sich genommen überzeugt das hier.
OT: „Mafia Inc.“
Land: Kanada
Jahr: 2019
Regie: Podz
Drehbuch: Sylvain Guy
Vorlage: André Cédilot, André Noël
Musik: Milk & Bone, Joseph Marchand
Kamera: Steve Cosens
Besetzung: Marc-André Grondin, Sergio Castellitto, Mylène Mackay, Gilbert Sicotte, Tony Nardi, Benz Antoine, Vittorio Rossi, Domenic Di Rosa, Donny Falsetti
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