Wie eigentlich jede Nacht zieht der junge Cowboy Caleb (Adrian Pasdar) um die Häuser seiner verschlafenen Heimatstadt in Texas, such nach etwas Unterhaltung, einem Drink und vielleicht einem Mädchen, was er mit nach Hause nehmen kann. Dieses Mal wird er schnell fündig, doch die Begegnung mit der Herumtreiberin Mae (Jenny Wright) ist vom ersten Moment an sehr besonders. Sie ziehen die ganze Nacht um die Häuser und er zeigt ihr gar sein Pferd, jedoch drängt sie ihn schließlich dazu, dass er sie nach Hause bringt, noch bevor sie Sonne aufgeht. Noch ehe Caleb eine Erklärung für das seltsame Verhalten seiner neuen Freundin erhält, beißt diese ihn in den Hals und flieht. Als er sich auf den Heimweg macht, hält ein dunkler Transporter vor ihm, jemand zieht in den Wagen und fährt davon. In dem Wagen befindet sich neben einer Reihe Unbekannter auch Mae, die ihn sorgenvoll ansieht. Der Anführer, ein Mann namens Jesse (Lance Henriksen) will seinen neuen Passagier sofort töten, wobei ihn vor allem der übermütige Severin (Bill Paxton) bestärkt, aber Mae kann sie beide schließlich überzeugen, Caleb eine Chance zu geben, sodass er eine Woche Zeit hat, sich zu bewähren.
Während Calebs Vater die Suche nach seinem entführten Sohn in die Hand nimmt, lernt Caleb das dunkle Geheimnis der Bande um Jesse und Mae kennen. Bei ihnen handelt es sich um Kreaturen der Nacht, die tagsüber schlafen oder durchs Land fahren, nur um dann nach Sonnenuntergang auf die Jagd zu gehen, nach Blut, was ihr Lebenselixier ist. Um sich zu bewähren, muss Caleb ebenfalls einen Menschen umbringen und dessen Blut trinken, damit er beweist, dass er überleben kann und zu Jesses Bande gehört.
Vampire und Western
In den 1980er Jahren erlebte der Vampirfilm nach Filmen wie Die rabenschwarze Nacht oder Lost Boys eine Art Revival, sodass weitere Projekte innerhalb dieses Untergenres des Horrorfilms durchaus interessant waren. So erklärt es sich auch, dass Regisseurin Kathryn Bigelow und Drehbuchautor Eric Red die Nähe zum Vampirfilm suchten, als man ihnen die Finanzierung für einen Western nicht zugestand. Für diese Mischung aus Horror und Western gab es jedoch wenig Begeisterung seitens des Publikums, wohingegen die Kritik gerade diesen Aspekt, neben vielen anderen, durchaus würdigte. Über die Jahre hat sich Near Dark – Die Nacht hat ihren Preis dann zu einem Kultfilm entwickelt und gehört neben Strange Days zu den wohl interessantesten Projekten Bigelows, die sich trotz des kommerziellen Misserfolgs dieses Films einen Namen in Hollywood zu machen begann.
Dass Near Dark im Jahre 1987 kommerziell nicht so recht zünden wollte, ist sehr bedauerlich, erscheint aber vielleicht nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass gerade der Genremix, noch zu mit dem Western, nichts besonders populär war. Regisseure wie beispielsweise Walter Hill, der in vielen seiner Projekte eine gewisse oder sehr direkte Nähe zu Westernfilm hatte, konnte viele solcher Filme für sich verbuchten, welche sich im Nachhinein zu wahren Kultfilmen entwickelten. Im Kontext von Near Dark sind die Vampire, die in der Geschichte nie so genannt werden, jene Gesetzlosen, die sich außerhalb der sozialen Hierarchien bewegen und die Straße zu ihrer Heimat gemacht haben und alles, was zu dieser gehört, also Motels und Diners. Auch rein optisch heben sie sich von ihrer Umgebung ab, wirken teilweise wie Gothic-Anhänger durch ihr Äußeres oder wie Spät-Punks, wenn man an das Auftreten Bil Paxtons denkt. Die Ästhetik des Western sowie dessen Konventionen, beispielsweise das unvermeidliche finale Duell oder der Ritt auf einem Pferd in die Stadt, machen die ganz besondere Atmosphäre dieses Filmes aus, der sich in jenen Grenzbereichen der Gesellschaft bewegt, im Zwielicht, wenn man so will.
Die Nacht frisst ihre Kinder
Nicht nur die Schauspieler betonen durch ihr Spiel den Kontrast zwischen dem Licht und dem Dunkel, sondern auch das Besondere an der Nacht und den vielen Möglichkeiten, die sie bereithält. Paxton, Goldstein oder Henriksen sind erfahrene Jäger, welche die nächtliche Weite des Landes zu ihrem Jagdrevier auserkoren haben, während eine Figur wie die von Jenny Wright gespielte Mae noch eine dunkle Romantik mit dieser verbindet, wenn sie beispielsweise Caleb gegenüber von deren Schönheit berichtet, von deren Licht und deren facettenreicher Geräuschwelt. Bigelows Inszenierung und die Bilder von Kameramann Adam Greenberg stilisieren die Nacht als eine Zeit der Gewalt und zugleich eine der Romantik und Verführung, einer dunklen wie auch eine positiven, bei der sich die Figuren zwischen ihren Gefühlen füreinander oder dem ewigen Leben und damit einem der Gewalt entscheiden müssen.
Neben den Bildern und den Schauspielern ist Near Dark auch wegen seiner Musik beachtlich. Die deutsche Band Tangerine Dream, die bereits die Filmmusik zu Produktionen wie Der Einzelgänger oder Atemlos vor Angst beigesteuert hatten, unterlegen die Bilder von Near Dark mit jenen für die Band typischen, atmosphärischen Klängen, welche die Romantik der Nacht genauso unterstreichen wie auch die Dunkelheit im Herzen der Figuren, zu der sich Caleb gleichermaßen hingezogen fühlt.
OT: „Near Dark“
Land: USA
Jahr: 1987
Regie: Kathryn Bigelow
Drehbuch: Eric Red, Kathryn Bigelow
Musik: Tangerine Dream
Kamera: Adam Greenberg
Besetzung: Adrian Pasdar, Jenny Wright, Lance Henriksen, Bill Paxton, Jenette Goldstein, Tim Thomerson
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