Bei Peter läuft es gerade nicht so wirklich. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass er auf seine kleine Schwester Anna aufpassen und sie zur Schule begleiten soll, hat er auch noch Ärger mit ein paar Jungs. Da kann er Annas verrückte Geschichte von einem sprechenden Käfer nun wirklich nicht gebrauchen. Dass dieser die Hilfe der beiden braucht, um auf den Mond zu fliegen und dort seine geliebte Birke und sein fehlenden Bein zu holen, kümmert ihn deshalb auch nicht besonders. Erst als Anna sich mit dem Maikäfer Sumsemann allein auf den Weg macht, packen den Jungen Gewissensbisse. Noch im Schlafanzug läuft er ihr hinterher, ohne zu ahnen, dass er bald auf einer großen Reise sein wird, die voller Gefahren ist …
Neufassung eines Klassikers
Mehr als 100 Jahre ist das Märchen Peterchens Mondfahrt von Gerdt von Bassewitz bereits alt, hat im Laufe der Jahre die unterschiedlichsten Formen angenommen. Was als Theateraufführung begann, wurde als Buch richtig bekannt. 1926 folgte das erste von mehreren Hörspielen. Auch zwei Filme entstanden auf dessen Basis: 1959 erschien eine Realverfilmung, 1990 eine Zeichentrickvariante, die noch zu einer Serie erweitert wurde. Aber offensichtlich reicht das nicht aus, zumindest nicht für ein heutiges Publikum. Dafür haben sich die Sehgewohnheiten zu sehr verändert. Und so startet nun ein Versuch, die bekannte Geschichte noch einmal aufzubereiten, zu modernisieren und dabei gleich in ein zeitgemäßes Gewand zu packen.
Für Regisseur Ali Samadi Ahadi (Pettersson und Findus: Findus zieht um, 45 Minuten bis Ramallah) bedeutete das, sich von dem klassischen Zeichentrick zu verabschieden und stattdessen auf die inzwischen vorherrschende computergenerierten Bilder zu setzen. Das kann man dann schade finden, zumal sich rein designtechnisch gesehen Peterchens Mondfahrt nicht wirklich von anderen Filmen unterscheidet. Gut umgesetzt ist das aber durchaus. Europäische CGI-Animationsfilme leiden oft unter dem offensichtlich geringen Budget, mit dem beim besten Willen nicht gegen vergleichbare Werke aus den USA konkurriert werden können. Das wird gerade dann ein Problem, wenn man sich stilistisch an diesen orientiert. Hier kann sich das Ergebnis aber durchaus sehen lassen: Die deutsch-österreichische Coproduktion ist technisch sauber, gefällt mit schönen Settings und hat zwischendurch ein paar witzige Designs im Angebot.
Moderner, aber austauschbarer
Inhaltlich orientierte man sich ebenfalls am Animationsmainstream US-amerikanischer Machart. Das bedeutet, dass das Tempo im Vergleich zu früher deutlich erhöht wurde. Es gibt mehr Actionszenen, als von Bassewitz seinerzeit konzipiert hatte. Auch der Humoranteil wurde verstärkt, ohne Slapstick geht bei der jüngeren Zielgruppe heute nichts mehr. Das macht Peterchens Mondfahrt leider etwas austauschbar, an vielen Stellen wirkt es so, als habe man die Erfolgsformel solcher Filme genommen und nur nachträglich die Geschichte reingepackt, anstatt umgekehrt das Buch bzw. die Theateraufführung verfilmen zu wollen. Das Märchenhafte des Originals bleibt bei dieser aktionistischen Hektik zuweilen etwas auf der Strecke, was schon recht schade ist und entsprechend negative Kritiken nach sich ziehen dürfte.
Löst man sich jedoch von der Vorstellung, dass der Film wie damals ist und betrachtet ihn für sich genommen, dann ist Peterchens Mondfahrt mindestens solide. Die Geschichte ist, selbst in dieser Fassung, fantasievoll, nimmt uns mit an ferne Orte und zeigt wundersame Figuren. Der Unterhaltungsfaktor stimmt auch, sowohl auf den Action- wie den Humorpart bezogen. Wer für den Nachwuchs einen neuen Animationsfilm braucht, der macht hiermit daher nichts verkehrt. Dass in hundert Jahren noch jemand davon sprechen wird, vergleichbar zu der Vorlage, ist zwar ziemlich ausgeschlossen. Für den Moment reicht es aber.
OT: „Peterchens Mondfahrt“
Land: Deutschland, Österreich
Jahr: 2021
Regie: Ali Samadi Ahadi
Drehbuch: Arne Nolting, Ali Samadi Ahadi
Vorlage: Gerdt von Bassewitz
Musik: Ali N. Askin
Animation: Red Parrot Studios
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