Rot Turning Red Pixar Disney+
© 2021 Disney/Pixar
Rot Turning Red Pixar Disney+
„Rot“ // Deutschland-Start: 11. März 2022 (Disney+) // 12. Mai 2022 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Bislang war das Leben der 13-jährigen Mei eigentlich nicht schlecht. Sicher, ihre dominante Mutter macht ihr immer mal wieder zu schaffen. So muss das in Toronto lebende Mädchen chinesischer Abstammung ständig im Tempel der Familie aushelfen. Außerdem sind da die hohen Erwartungen an sie, alles andere als Perfektion wird nicht toleriert. Dafür hat sie einige beste Freundinnen, mit denen sie alles machen kann – etwa von der Boyband 4*Town träumen. Doch all das droht sich zu ändern, als Mei eine unheimliche Erfahrung macht: Sie steckt plötzlich im Körper eines Roten Pandas. Und das immer wieder, jedes Mal wenn die Jugendliche gestresst ist und von ihren Gefühlen überwältigt wird, verwandelt sie sich in ein riesiges Tier. Für sie ist das natürlich eine absolute Katastrophe. Was soll sie nur ihren Eltern sagen? Dabei sind die mit dem Phänomen durchaus vertraut, handelt es sich doch um einen Familienfluch, der von Generation zu Generation weitergegeben wird …

Das Streaming-Abstellgleis

Die Pixar Studios können einem schon leid tun. Früher galt das Studio als Spitze der Animationskunst, ihre Filme waren Events, auf die sich die ganze Familie freuen konnte und die zum Maßstab für andere Künstler und Künstlerinnen aus diesem Bereich wurden. Inzwischen scheint Disney in dem Studio jedoch einen reinen Lieferanten für den eigenen Streamingdienst Disney+ zu sehen. Onward – Keine halben Sachen war 2020 wenigstens noch kurz in den Kinos zu sehen, bevor es von der Corona-Pandemie ausgebremst wurde. Soul und Luca wurden gleich ganz auf virtuelle Vorführungen beschränkt. Und auch Rot bleibt eine Auswertung in den Lichtspielhäusern dieser Welt verwehrt, obwohl die Kinosituation inzwischen wieder ordentliche Ergebnisse zulässt. Ob dies tatsächlich die Reaktion auf die Pandemie ist, darüber lässt sich streiten. Gut möglich, dass das Abschneiden von Encanto auch seinen Einfluss hatte. Schließlich lief der Film in den Kinos eher mäßig, wurde als Stream zu Weihnachten aber eine Sensation.

Das ist insofern schade, da dies impliziert, es handele sich bei den Filmen um solche zweiter Wahl. Im Gegensatz zu so manchem Titel, der zu Disney+ abgeschoben wurde, lässt sich qualitativ an den Pixar-Werken aber nach wie vor nicht wirklich viel aussetzen. Und auch Rot ist deutlich besser, als man bei einem Streaming-only-Titel erwarten darf. Wie bei den meisten Produktionen des Studios wird hier auf einen Mix aus Alltag und Fantasie gesetzt, dazu aus Familienunterhaltung und erwachsenen Elementen. Das Ziel ist, irgendwie für jeden und jede etwas bieten zu können. Hier sollen sich alle irgendwie wiederfinden können und vielleicht auch gemeinsam den Film anschauen. Die Perspektiven auf das Geschehen mögen unterschiedlich sein, zu entdecken gibt es aber mehr als genug.

Fantasievolle Coming-of-Age-Geschichte

Im Grunde erzählt Regisseurin und Co-Autorin Domee Shi, die nach ihrem mit einem Oscar ausgezeichneten Kurzfilm Bao ihr Spielfilmdebüt vorlegt, eine klassische Coming-of-Age-Geschichte. Vieles von dem, womit sich Mei herumplagt, ist so universell, dass es ganz losgelöst von jedem Kontext funktioniert. Da geht es um Selbstbestimmung und Selbstfindung, um erste Liebe und eine aufkommende Sexualität. Freundschaften spielen eine große Rolle, während nach einem Weg durch das Gefühlschaos gesucht wird. Und natürlich sind da noch die Eltern, die Orientierungshilfe und Gefängniswerter in einem sind. Die vielen Erwartungen, die Mei zu erfüllen hat, bilden den Rahmen für allerlei Selbstzweifel. Rot zeigt auf, wie man als junger Mensch geformt wird und gleichzeitig dagegen ankämpft, ohne ganz genau zu wissen, wer man selbst eigentlich ist.

Nur wird dieses Coming-of-Age-Material eben in einen Fantasy-Rahmen gepackt, der viel von kulturellem Erbe spricht. Schließlich geht es um eine chinesische Familie, die in einer kanadischen Großstadt lebt. Die Idee, Mei in einen Roten Panda verwandeln zu lassen, ist dabei clever. Sie empfindet sich in den Momenten als Monster, fühlt sich im eigenen Körper fremd und hat das Gefühl nirgends hinzugehören. Hinzu kommt, dass so ein Panda, zumindest in der gezeigten Form, ein recht tollpatschiges Tier ist. Immer wieder geht etwas zu Bruch, was Anlass für die eine oder andere Slapstick-Szene ist – zur Freude des jüngeren Publikums. Dieses darf sich aber auch an dem Design des Tieres erfreuen, das so flauschig ist, dass ihm an der Schule bald die Herzen zufliegen. Und eben nicht nur dort. Rot ist da auf jeden Fall ein Geschenk für die Marketing-Abteilung, das Merchandising zum Film produziert sich fast von selbst.

Tabubruch und Aussöhnung

Anders als so manch anderer Animationsfilm, der sich hinter knuffigen Tieren versteckt, hat Rot aber durchaus etwas zu sagen. So ist es einerseits hoch anzurechnen, dass hier, wenn auch über Umwege, tatsächlich mal über Punkte wie Menstruation gesprochen wird, was zu einer Enttabuisierung beiträgt. Die Aussage: Du musst dich nicht dafür schämen, du bist gut so, wie du bist. Überhaupt ist das hier ein sehr versöhnlicher Film, sowohl im Hinblick auf den eigenen Körper wie auch das Verhältnis zwischen den Generationen. Da liegt zunächst einiges im Argen, auch weil Sorgen um die Kinder zu fragwürdigen Entscheidungen führen. Der Wunsch, die Tochter zu beschützen, ist aus dem Guten heraus entstanden, selbst wenn er keine guten Folgen hat. Am Ende geht es daher wie so oft um einen Austausch und Akzeptanz, geht es um Kommunikation und darum füreinander da zu sein, selbst wenn man unterschiedliche Vorstellungen davon hat, wie der weitere Weg auszusehen hat. Das ist rührend und unterhaltsam, dazu noch tröstlich für ein jugendliches Publikum, das sich selbst im eigenen Körper fremd fühlt und von Unsicherheit und Scham geplagt ist.

Credits

OT: „Turning Red“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Domee Shi
Drehbuch: Domee Shi, Julia Cho
Musik: Ludwig Göransson
Animation: Pixar Animation

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über Rot erfahren? Wir durften uns zum Start des Pixar Animationsfilms mit Regisseurin Domee Shi und Produzentin Lindsey Collins über die Arbeit am Film, peinliche Jugendjahre und Frauenfreundschaften unterhalten.

Domee Shi / Lindsey Collins [Interview]

Special

Wer mehr über die Geschichte von Pixar erfahren möchte: In unserem Themenspecial verraten wir euch mehr über das berühmte Animationsstudio und stellen Dutzende von Werken vor.

Pixar Studios (Special)

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Rot
Fazit
„Rot“ folgt einer 13-Jährigen, die sich plötzlich in Stresssituationen in einen Roten Panda verwandelt. Das ist oft komisch, das Tier ist zudem richtig knuffig geworden. Vor allem ist der Animationsfilm aber eine versöhnlich stimmende Geschichte um Selbstakzeptanz und Aussöhnung, um kulturelles Erbe und Generationenkonflikte. Darum, dass man sich als Teenager nicht dafür schämen muss, wer man ist.
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