Als Pier Ulmann (Niels Schneider) vom Tod seines Vaters hört, geht ihm die Nachricht sehr nahe. Kontakt hatte zu ihm dabei seit seiner Kindheit keinen mehr gehabt. Dennoch lässt ihm dessen Schicksal keine Ruhe: Der begabte Diamantenschleifer verlor bei einem Arbeitsunfall seine Hand, später seinen Lebensmut und starb am Ende mittellos und von der Familie im Stich gelassen auf der Straße. Um sich für dessen Schicksal zu rächen, sucht der junge Mann daher die Nähe seines Onkels Joseph (Hans-Peter Cloos), den er für die Tragödie verantwortlich macht, sowie seines Cousins Gabi (August Diehl). Während Pier auf diese Weise selbst langsam in den von der Familie betriebenen Diamantenhandel einsteigt, schmiedet er einen Plan, wie er die anderen bestrafen kann …
Eine etwas andere Rache
Im Thrillergenre ist das Motiv der Rache ein wichtiger Grundpfeiler. Vor allem der B-Movie-Sektor wimmelt vor Leuten, denen irgendwie ein Unrecht angetan wurde und die nun alle Schuldigen büßen lassen, vorzugsweise mit dem eigenen Leben. Oft handelt es sich dabei um Leute, die aus dem einen oder anderen Grund Erfahrung im Kämpfen haben – Söldner oder Agenten stehen da hoch im Kurs. Denn auf diese Weise lässt sich ein schönes Gemetzel veranstalten, zur Freude des Publikums. Bei Schwarzer Diamant ist das ein wenig anders. Zunächst verblüfft ein wenig, dass Pier überhaupt so starke Gefühle empfindet, hatte er doch mit seinem Vater keinen wirklichen Kontakt. Im Gegensatz zu vielen Rachethrillern weiß man hier zunächst nicht so recht, warum der junge Mann überhaupt seinen Plan verfolgt.
Der zweite Unterschied ist, dass Pier nicht dem Bild des wild um sich schießenden Helden entspricht. Heldenhaft ist der junge Mann, der mit Einbrüchen seinen Lebensunterhalt aufbessert, ohnehin nicht. Seine Waffe ist zudem keine, die mit Patronen geladen wird. Er versucht lieber sein Talent zu nutzen, andere um ihren Besitz zu bringen. Schwarzer Diamant ist dadurch einem Heist Movie deutlich näher als der sonst meist actionreichen Interpretation des Rachethemas. Ganz auf körperliche Gewalt muss das in der Hinsicht geneigte Publikum zwar nicht verzichten. Aber es bleibt doch eher die Ausnahme, nicht zuletzt, weil unser Protagonist im Geheimen agiert. Da sind direkte Kämpfe keine wirkliche Option.
Zwischen Profit und Abgrund
Spannend ist das Krimidrama aber auch ohne solche gewalttätigen Eskalationen durchaus. Regisseur und Arthur Harari (Sibyl – Therapie zwecklos) investiert einiges in die Vorbereitung des Coups sowie in das Porträt dieser Branche. Gemeinsam mit Pier, der zuvor nur wenig mit dem Diamantenhandel zu tun hatte, tauchen wir ein in eine dunkel schimmernde Welt. Das geht mit einigen Turbulenzen einher, wenn immer mal wieder etwas Unvorhergesehenes geschieht. Und natürlich mit Konflikten. So gehen Figuren immer mal wieder auf Konfrontation, etwa bei den Diskussionen, wie das Geschäft in Zukunft geführt werden soll. Schwarzer Diamant ist eben nicht nur die Geschichte einer Rache, sondern das Bild einer kaputten Familie, bei der Egos und Gewinnsucht zu hässlichen Szenen führen können.
Inmitten dieser Trümmer sucht Pier nach einem Ausweg und Antworten. Das ist mit weniger Selbstvertrauen verbunden, als es andere Heist-Movie-Masterminds sind. Aber das muss ja nicht verkehrt sein: Schwarzer Diamant vergisst vor lauter Verbrechen die Tragik nicht, die allem zugrunde liegt. Niels Schneider (Ad Vitam: In alle Ewigkeit) ist für einen derartigen melancholischen Nicht-ganz-Helden natürlich eine gute Wahl. Trotz seines wenig vorbildlichen Verhaltens erfüllt er noch am ehesten den Bedingungen für eine Figur, der man die Daumen drücken möchte. Zumindest anfangs, später wird auch das nicht mehr funktionieren. Harari zeigt eine Welt, in der sie irgendwie alle verkommen sind, entweder von Natur aus oder weil sie dazu gemacht werden. Eine Welt, aus der es dann auch kein wirkliches Entkommen mehr gibt, sobald man sich auf diese eingelassen hat.
OT: „Diamant noir“
IT: „Dark Diamond“
Land: Frankreich
Jahr: 2016
Regie: Arthur Harari
Drehbuch: Arthur Harari, Vincent Poymiro, Agnès Feuvre
Musik: Olivier Marguerit
Kamera: Tom Harari
Besetzung: Niels Schneider, August Diehl, Hans-Peter Cloos, Abdel Hafed Benotman, Raphaële Godin, Raghunath Manet, Jos Verbist
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
César | 2017 | Bester Nachwuchsdarsteller | Niels Schneider | Sieg |
Bester Debütfilm | Nominierung | |||
Prix Lumières | 2017 | Bester Debütfilm | Nominierung |
Filmfest Hamburg 2016
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