Auch wenn Anna Welsendorf (Katerina Jacob) und ihr spröder Untermieter Werner Kurtz (Ernst Stötzner) doch sehr unterschiedlich sind, haben sie sich daran gewöhnt, die Wohnung zu teilen, und ein für beide Seiten passendes Arrangement getroffen. Doch genau dieses droht nun empfindlich gestört zu werden, als auf einmal zwei Leute vor der Tür stehen und Annas Hilfe erbitten. Während ihre Freundin Gundula Dietrich (Lisa Kreuzer) aufgrund einer Knieverletzung Probleme damit hat, sich selbst und allein zu versorgen, hat Annas Ex-Mann Willi (Armin Rohde) mal wieder Geldsorgen. Zwanzig Jahre zuvor hatte er sich nach Thailand abgesetzt, weil er mit dem Leben in Deutschland überfordert war. Nun ist er wieder zurück. Während Kurtz versucht, diese Störenfriede wieder loszuwerden, muss er sich mit einem eigenen Problem auseinandersetzen, das er viel zu lange ignoriert hat …
Zeit für Freitagabend-Berieselung
Der Freitagabend dient im Ersten meistens der eher seichten Berieselung mit höherem Wohlfühlfaktor, vor allem mit einem humorvollen Anstrich. So liefen auf diesem Programmplatz zuletzt etwa Freundschaft auf den zweiten Blick oder Servus, Schwiegersohn!, von diversen Folgen der erfolgreichen Reihe Praxis mit Meerblick ganz zu schweigen, die es auf mittlerweile 15 Filme bringt. Ganz so weit wird man bei Anna und ihr Untermieter wohl nicht kommen. Zumindest scheint die Reihe nicht übermäßig eifrig verfolgt zu werden. Der erste Teil Aller Anfang ist schwer soll im Oktober 2020 zwar recht erfolgreich gelaufen sein. Dennoch dauerte es im Anschluss anderthalb Jahre, bis mit Dicke Luft ein Nachfolger in den Startlöchern steht. Fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen ist das eine gefühlte Ewigkeit.
Andererseits macht es das für ein Publikum leichter mittendrin einzusteigen. Dass es eine Vorgeschichte des Films gab, merkt man zwar daran, dass eine wirkliche Einführung fehlt. Neulinge werden sich erst einmal fragen, wer denn Anna und Werner sind, warum sie zusammenwohnen und in welchem Verhältnis sie zueinanderstehen. Das geht Annas Ex aber nicht anders, der nach der Ankunft selbst nicht wirklich weiß, was diese WG genau bedeutet. Eindeutiger ist Anna und ihr Untermieter: Dicke Luft da schon, wenn es um das Verhältnis zwischen Willi und den anderen geht. Er ist gedankenlos, verantwortungslos, noch dazu ohne Perspektive, jemals sein eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen. Da wundert es nicht, dass die Begeisterung eher geringer ist, wenn er plötzlich wieder vor der Tür steht. Vor allem seine Tochter Karin (Katharina Schlothauer), die er als Kind verlassen hat, tut sich schwer damit ihn wiedersehen zu müssen.
Alles recht oberflächlich
Die Zuschauer und Zuschauerinnen sollen hingegen damit Spaß haben, wie er für Chaos sorgt und sich durchs Leben schnorrt. Klar, sie müssen sich ja auch nicht damit herumärgern. Armin Rohde (Tatort: Das Haus am Ende der Straße, Keinohrhasen) ist für diese Figur natürlich eine gute Besetzung. Er kombiniert Bodenständigkeit und Tagträumerei, Hilfsbereitschaft und Egoismus zu einem Mann, der einem auf die Nerven geht, dabei aber durchaus Charme beweist. Gundula ist im Vergleich sehr farblos. Tatsächlich weiß man bei ihr nicht so recht, welche Persönlichkeit sie haben soll – oder ob sie überhaupt eine hat. Dafür dient sie in Anna und ihr Untermieter: Dicke Luft dazu, noch ein bisschen was zu einem gesellschaftlichen Diskurs beizutragen, wenn das Thema Altersarmut angeschnitten wird.
So richtig viel Interesse hat Drehbuchautor Martin Rauhaus (Endlich Witwer, Und wer nimmt den Hund?) aber nicht daran, dieses Thema zu vertiefen. Überhaupt ist seine Geschichte recht oberflächlich geworden und verzichtet bei der Figurenzeichnung auf nennenswerte Nuancen. Beim Humor sieht es nicht besser aus. Wie so viele Komödien des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist auch bei Anna und ihr Untermieter: Dicke Luft die Suche nach tatsächlichen Gags kaum von Erfolg gekrönt. Einzelne Szenen, bei denen man ein wenig schmunzeln darf, gibt es zwar schon. Grund zum Lachen jedoch kaum. Stattdessen plätschert der Film vor sich her und bestätigt das Bild der Freitagabend-Belanglosigkeit, die niemandem weh tut und zum innerlichen Abschalten einlädt. Drüber ärgern muss man sich nicht. Seine Wochenendpläne umzuwerfen, nur um hier dabei zu sein, muss man jedoch ebenso wenig.
OT: „Anna und ihr Untermieter: Dicke Luft“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Ralf Huettner
Drehbuch: Martin Rauhaus
Musik: Steffen Britzke
Kamera: Thorsten Harms
Besetzung: Katerina Jacob, Ernst Stötzner, Armin Rohde, Lisa Kreuzer, Katharina Schlothauer, Andreas Birkner
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