So richtig toll ist das Leben von Evelyn Couch (Kathy Bates) nicht. Zwar muss sich die Hausfrau um nichts Sorgen machen, aber ihr Alltag ist von Routine geprägt – und von ihrem Mann Ed (Gailard Sartain), der sich mehr fürs Sportfernsehen als ihre Wünsche interessiert. Als sie eines Tages in einem Altersheim ist, um die Tante von Ed zu besuchen, macht Evelyn die Bekanntschaft von Ninny Threadgoode (Jessica Tandy), einer rüstigen und sehr redseligen Rentnerin. Obwohl diese Evelyn überhaupt nicht kennt, beginnt sie schnell, die Geschichten aus dem Ort im Süden der USA zu erzählen. Dabei sind es vor allem die Schicksale von Idgie Threadgoode (Mary Stuart Masterson) und Ruth Jameson (Mary-Louise Parker), die in den 1930ern dort aufgewachsen sind, die zu einer Inspiration von Evelyn werden …
Frühe und späte Emanzipation
In den letzten Jahren wurde im Rahmen der #MeToo-Bewegung viel über die allgemeine Rolle der Frau gesprochen. Es ging nicht allein darum, nicht weiter missbraucht und ausgenutzt zu werden, sondern um Themen wie Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Das wirkt sich auch auf die Filmlandschaft aus, bei der immer mehr starke Frauen selbst entscheiden dürfen, wer sie sein wollen. Dabei gab es solche Filme natürlich vorher schon. Einer der bekannteren ist Grüne Tomaten, der 1991 zu einem größeren Kassenerfolg wurde und für zwei Oscars im Rennen war. Nun kommt er drei Jahrzehnte später erneut ins Kino im Rahmen der „Best of Cinema“-Reihe, bei der regelmäßig Klassiker gezeigt werden – allerdings immer nur einen Tag lang. Da muss man sich also schon etwas beeilen, wenn man ihn auf der großen Leinwand sehen mag.
Sehenswert ist der Film dabei, ganz gleich ob man ihn nun im Kino oder daheim auf dem Sofa sieht. Grüne Tomaten haben die 30 Jahre nichts antun können, bis heute ist die Tragikomödie eine geschmackvolle, zum Teil etwas süßliche Reise in die Vergangenheit. Dabei sind die Anfänge überaus bitter, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Die Rahmenhandlung um Evelyn Couch zeigt sie als unterdrückte Frau, die daheim nichts zu sagen hat und auch außerhalb der eigenen vier Wände kein eigenes Leben hat. Die eigentliche Geschichte um die zwei jungen Frauen in den 1930ern beginnt sogar mit einem heftigen Schicksalsschlag, den die Protagonistinnen und das Publikum erst einmal verkraften müssen.
Trotz ernster Themen ein Wohlfühlfilm
Auch später wird es immer wieder ernste Themen und hässliche Momente geben. Dennoch ist der Film kein reines Drama, der mit dem Leid betroffen machen will. Stattdessen erzählt die Adaption des 1987 veröffentlichten Romans Fried Green Tomatoes at the Whistle Stop Cafe von Fannie Flagg, die ebenso am Drehbuch beteiligt war, von Frauen, die diesen Widerständen trotzen. Das ist dann auch das gemeinsame Element der beiden Handlungsstränge, die ansonsten nur notdürftig verbunden sind. Evelyn nimmt die historische Geschichte zum Vorbild, um ihr eigenes Leben zu überdenken. Je mehr sie über die Frauen erfährt, vor allem die selbstbewusste und burschikose Idgie, umso mehr findet sie auch in sich die Stärke, selbst jemand zu sein.
Grüne Tomaten ist deshalb schon eine Art Wohlfühlfilm, selbst wenn sich Themen wie Missbrauch und Rassismus eigentlich nicht für einen solchen Film anbieten. Anstatt die Brutalität und Hässlichkeit in ihrer Konsequenz zu zeigen, wird das hier zu einem bloßen Hindernis, das – etwas Mut vorausgesetzt – überwunden werden kann. Dazu gibt es dann echte Crowdpleaser-Momente wie die unvergessliche Szene auf dem Parkplatz, die sicher ihren Anteil daran hatten, dass die Menschen in Scharen in die Kinos liefen. Den Rest erledigen die stimmungsvolle Ausstattung und die prominente weibliche Besetzung. Das mag dann vielleicht nicht den Tiefgang haben, den man bei einem derartigen Inhalt erwarten kann und darf. Dass die im Buch deutlich explizitere Liebesbeziehung zwischen den zwei jungen Frauen für den Film derart verwässert wurde, ist ebenfalls bedauerlich. Aber es bleibt doch ein schöner und inspirierender Film, der Mut macht, sich all dem zu stellen, was da draußen auf einen wartet.
OT: „Fried Green Tomatoes“
Land: USA
Jahr: 1991
Regie: Jon Avnet
Drehbuch: Fannie Flagg, Carol Sobieski
Vorlage: Fannie Flagg
Musik: Thomas Newman
Kamera: Geoffrey Simpson
Besetzung: Kathy Bates, Mary Stuart Masterson, Mary-Louise Parker, Jessica Tandy, Cicely Tyson, Gailard Sartain
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 1992 | Beste Nebendarstellerin | Jessica Tandy | Nominierung |
Bestes adaptiertes Drehbuch | Fannie Flagg, Carol Sobieski | Nominierung | ||
BAFTA | 1993 | Beste Hauptdarstellerin | Jessica Tandy | Nominierung |
Beste Nebendarstellerin | Kathy Bates | Nominierung | ||
Golden Globes | 1992 | Bester Film (Komödie oder Musical) | Nominierung | |
Beste Hauptdarstellerin (Komödie oder Musical) | Kathy Bates | Nominierung | ||
Beste Nebendarstellerin | Jessica Tandy | Nominierung |
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