Unterhalten sich zwei Filmfreunde miteinander, welche unabhängig voneinander Spion wider Willen angeschaut haben, könnte schon nach wenigen ausgetauschten Sätzen bei beiden der Eindruck entstehen, der jeweils andere hätte einen völlig anderen Film gesichtet. Wenn der eine den Protagonisten als Jackie Chan bezeichnet, mag der andere denken, es wäre lediglich der Hauptdarsteller referenziert worden, oder aber gutmütig darauf hinwiesen, dass der Rollenname ja Buck lautete, was beim ersten wiederum auf Unverständnis stieße. Kommen sie auf die geheimnisvolle Substanz zu sprechen, hinter der jeder im Film her ist, wähnt sich der eine in der Überzeugung, es handele sich um das tödliche, als Waffe eingesetzte Anthrax II, während der andere felsenfest behauptet, es handele sich eindeutig um die Superdroge Opium maxa. Während der eine postuliert, es ginge um einen Konflikt zwischen einem Gangsterboss und türkischen Dörflern, schwört der andere Stein und Bein, es ginge ja wohl eindeutig um einen Drogenkrieg zwischen koreanischen und türkischen Dealern. Bevor sie sich in die Haare darüber kriegen können, ob Spion wider Willen nun eine Laufzeit von 84 oder von 108 Minuten hat, ist der eine schon wutentbrannt aus dem Haus gestürmt, bevor er dem anderen den Schädel einschlägt.
Ein Film, zwei Geschichten
Die schlechte Nachricht ist, dass sich die zwei ehemaligen Freunde zerstritten haben und kein Wort mehr miteinander wechseln, was – ähnlich wie viele künstlich herbeigeführte Konflikte in Filmen – verhindert hätte werden können, wenn sie besser kommuniziert hätten. In gewisser Weise haben nämlich beide in allen Punkten jeweils Recht, da es schlicht zwei Versionen des Streifens gibt. Die 108-minütige Originalfassung war vorwiegend Hongkongern vorbehalten, während die fürs internationale Publikum gedachte Version auf 84 Minuten heruntergekürzt und durch die Synchronisation storytechnisch stark verändert wurde. Auch am Plot wurde ein wenig herumgedoktert, so sind einige Szenen in neuer Reihenfolge arrangiert. Das Kurioseste ist aber das DVD-Cover, welches neben Jackie Chan zwei Frauen und einen Mann zeigt, während im Hintergrund Kampfjets und Fallschirmspringer zu sehen sind – abgesehen von Chan kommt absolut nichts und niemand davon im Film vor. Die gute Nachricht nun aber ist, dass wir es immer noch mit einem Jackie-Chan-Film zu tun haben, was im Grunde bedeutet, dass sowieso nur die allerwenigsten der Handlung wegen einschalten. Wir sind hier für Action und den ein oder anderen flotten oder flapsigen Gag.
Actionszenen à la Jackie Chan
Zuschauer, denen Jackie-Chan-Filme oft zu überladen mit Witzen sind, sollten diesen hier nicht direkt abschreiben. Der Humor ist noch da, aber deutlich zurückgeschraubt; Spion wider Willen nimmt überwiegend einen etwas ernsteren Ton an. Bei der Action wurde sich allerdings nicht zurückgehalten. Während alles andere im Prinzip zwei Minuten, bevor es überhaupt angeschaut wurde, bereits wieder vergessen ist, bleiben die Actionszenen doch deutlich länger im Gedächtnis. In bekannter Jackie-Chan-Manier lässt der flinke Kung-Fu-Akrobat aus Fernost die Handkanten fliegen und nutzt die Umgebung sowie greifbare Objekte zu seinem Vorteil. Ob auf engem Raum in einem Fahrstuhl oder mit Defribrillatoren im Krankenhaus oder aber als flüchtender Nackedei auf einem Basar – Jackie Chan weiß, was die Zielgruppe erwartet und liefert wunderbar ab. Ob Original- oder gekürzte Fassung, die Actionszenen sind auch immer gekonnt so platziert, dass sie trotz magerer Handlung jedes Mal genau rechtzeitig einsetzen, bevor wirklich Langeweile aufkommen kann. Danach bietet der Plot dann wieder die Möglichkeit, sich davon zu erholen, da er keine große Aufmerksamkeit erfordert.
OT: „Dak mo mai sing“
Land: Hongkong
Jahr: 2001
Regie: Teddy Chan
Drehbuch: Ivy Ho
Musik: Peter Kam, Michael Wandmacher
Kamera: Wing-Hang Wong
Besetzung: Jackie Chan, Eric Tsang, Vivian Hsu, Min Kim, Hsing-Kuo Wu
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