White Building MUBI
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White Building

White Building MUBI
„White Building“ // Deutschland-Start: 13. April 2022 (MUBI)

Inhalt / Kritik

Im Herzen Phnom Penhs steht das White Building, so genannt wegen seiner weißen Fassade, doch auch wegen seiner ehemaligen Bedeutung als Wohnort für Künstler und städtische Beamte. Von diesem einstigen Glanz ist jedoch nicht mehr viel erhalten und schon seit langer Zeit plant die Stadtverwaltung den Abriss des Gebäudes, in dem noch viele Familien wohnen, welche in einem heftigen Gefecht mit der Stadt sind. Das White Building ist auch die Heimat des 20-jährigen Samnang (Piseth Chhun), der zusammen mit seinen Freunden davon träumt, es einmal auf die großflächigen Werbebanner in der Stadt zu schaffen. Dafür sind die drei Jugendlichen seit vielen Jahren am Proben, denn sie wollen bei einem Talentwettbewerb mit ihrer Tanzchoreografie überzeugen und den großen Preis gewinnen. Um ihn herum merkt er jedoch, dass viele das Träumen längst aufgegeben haben, denn die, welche noch nicht ausgezogen sind, versuchen vergeblich, die Inhaber des White Buildings dazu zu bewegen, etwas an den katastrophalen Wohnbedingungen zu tun. Samnangs Vater (Hout Sithorn) kommt dabei eine wichtige Rolle zu, denn er ist Wortführer der Mietergemeinschaft. Samnang und seine Mutter beobachten, wie das zähe Verhandeln seinen Vater nicht nur ermüdet, sondern ihm auch gesundheitliche Probleme bereitet. Gleichzeitig haben sich seine Eltern mit seiner Schwester zerstritten, die keine Zukunft im White Building mehr sieht und sich auf ihre Zukunft konzentrieren will, wohingegen ihre Eltern nach wie vor dort wohnen wollen.

Mehr als nur ein weißes Gebäude

Wie auch der Protagonist seines Spielfilms White Building, der bereits auf vielen internationalen Festivals wie dem Chicago International Film Festival oder dem London Film Festival lief, war auch Regisseur Kavich Neang einer der vielen Bewohner des White Building und verlebte dort seine Kindheit und Jugend. Bereits in seiner Dokumentation Last Night I Saw You Smiling widmete er sich dem Gebäude und seinen Bewohnern und hielt etwas mit der Kamera fest, dessen Tage bereits gezählt waren. Als Spielfilm ist White Building zum einen Coming-of-Age-Geschichte, doch andererseits auch ein Film über die Bedeutung dieses Gebäudes, welches in vielfacher Hinsicht ein Symbol für die facettenreiche Geschichte des Landes und seiner Gesellschaft war.

Zweifelsohne ist das White Building für jemanden wie Samnang mehr als nur ein Wohnort, auch wenn die marode Baustruktur und die Jahre des Verfalls sichtbare Spuren an dem Gebäude hinterlassen haben. Ein Gang durch die Flure oder eine Fahrt mit dem Fahrrad an den vielen Wohnungen vorbei, von denen selten eine verschlossen zu sein scheint, sind zugleich eine Tour durch die Mannigfaltigkeit einer lebendigen Gemeinde, in der jeder jeden kennt und die Gemeinschaft groß ist, zumindest so lange, bis die Stadtverwaltung oder die Bauträger mit einem neuen Angebot daherkommen. Piseth Chhun spielt überzeugend einen jungen Mann, der hin- und hergerissen ist zwischen diesem Ort als seine Heimat und der Notwendigkeit, sich von diesem zu lösen, was wiederum einem Bruch mit der Familie gleichkommt, den seine Schwester bereits vollzogen hat. So changiert auch Neangs Film zwischen Nostalgie und der Unbeschwertheit der Jugend zum einen und zum anderen der Gewissheit, dass diese Station des Lebens, wie auch das White Building an sich, vorbeigehen müssen und niemals wiederkommen.

Ein Erinnerungsfilm

Bereits Last Night I Saw You Smiling sah Neang in erster Linie als einen Erinnerungsfilm und es ist durchaus korrekt, dies auch im Falle von White Building zu behaupten. Zwar ist die Geschichte um den jungen Protagonisten und seine Familie durchaus wichtig, doch die Sichtweise auf das Gebäude, seine Symbolhaftigkeit und seinen Verlust ist ständig im Vordergrund und eng mit der Geschichte der Familie verknüpft. Mehrmals hält die Kamera Douglas Seoks nicht nur das Innenleben des Gebäudes fest, sondern zeigt das White Building als Zentrum Phnom Penhs, wobei man anhand der Wolkenkratzer im Hintergrund nicht nur den Kontrast erkennt, handelt es sich doch bereits um Vorboten eines unaufhaltsamen Wandels. Die Bilder in White Building wollen festhalten, wollen eine Erinnerung an das Leben, die Kindheit und die Jugend sowie an diesen Ort geben, der nicht mehr da ist.

Credits

OT: „Bodeng sar“
Land: Kambodscha, Frankreich
Jahr: 2021
Regie: Kavich Neang
Drehbuch: Kavich Neang, Daniel Mattes
Musik: Jean-Charles Bastion
Kamera: Douglas Seok
Besetzung: Piseth Chhun, Sithan Hout, Sokha Uk, Chinnaro Soem, Sovann Tho, Jany Min, Chandalin Y

Trailer

Filmfeste

Venedig 2021

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White Building
Fazit
„White Building“ ist ein wehmütiges Coming-of-Age Drama und zugleich ein Erinnerungsfilm. Regisseur Kavich Neang erzählt von den letzten Tagen eines bedeutsamen Bauwerks in seiner Heimat Kambodscha, dessen Bewohnern und ihren Biografien. Nicht zuletzt die Bilder von Kameramann Douglas Seok machen den Film sehenswert und deutlich, um was es Neang geht, auch wenn die eigentliche Familiengeschichte dabei fast schon etwas zu kurz kommt.
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