Alles in bester Ordnung
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Alles in bester Ordnung

„Alles in bester Ordnung“ // Deutschland-Start: 26. Mai 2022 (Kino) // 17. November 2022 (DVD)

Inhalt / Kritik

Fynn (Daniel Sträßer) braucht nicht viel im Leben. Sein Hausstand besteht aus weniger als 100 Gegenständen – Sockenpaare inbegriffen. Er mag alles auch lieber aufgeräumt und übersichtlich, so wie bei der Arbeit, wo er als IT-Experte unterwegs ist. Als er sich jedoch als Handwerker versucht und die Heizung reparieren will, kommt es zu einem Unglück. Die gesamte Wohnung ist anschließend überschwemmt. Hilfesuchend wendet er sich an seine Nachbarin Marlen (Corinna Harfouch), blitzt aber sofort ab. Denn während die so ziemlich jeden Gegenstand hortet und ihre Wohnung damit zu einer riesigen Rumpelkammer gemacht hat, kann sie mit Menschen nicht viel anfangen. Vor allem solchen, die sich in ihr Leben einmischen …

Bewährtes und doch ungewöhnliches Regiedebüt

Mehr als 40 Jahre ist es inzwischen her, dass Natja Brunckhorst als Titelfigur des Drogendramas Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo zu Ruhm kam. Seither hat sie in einer Reihe von Kino- und TV-Produktionen mitgespielt. In den letzten Jahren verschob sich der Fokus aber zunehmend auf das Geschichtenerzählen. So hat sie eine Reihe von Drehbüchern verfasst, darunter für eine Tatort-Folge wie auch den Familienfilm Amelie rennt. Mit Alles in bester Ordnung wechselt sie nun erstmals selbst auf den Regiestuhl und verfilmt ein eigenes, mitverfasstes Drehbuch. Damit zeigt sie nicht nur künstlerisch eine neue Seite von sich. Auch inhaltlich ist der Film ein Beweis dafür, dass Brunckhorst einiges mehr über das Leben und die Welt zu erzählen hat und man ihren Namen nicht ausschließlich mit einem Junkie von der Straße in Verbindung bringen sollte.

Dabei ist ihre Tragikomödie gleichermaßen klassisch wie originell. Klassisch ist das grundsätzliche Szenario, dass zwei grundverschiedene Menschen mehr oder weniger gezwungen sind, Zeit miteinander zu verbringen, und die sich mit der Zeit wohl oder übel näherkommen. Ob nun Liebeskomödien, Roadmovies oder Buddy-Action – das funktioniert alles nach demselben Prinzip. Innerhalb dieses Rahmens fanden Brunckhorst und ihr Co-Autor Martin Rehbock aber einige Möglichkeiten, doch noch etwas Eigenes zu machen. So lassen die beiden in Alles in bester Ordnung einen pragmatischen Ordnungsfanatiker und eine nostalgische Zwangssammlerin aufeinanderprallen. Grundsätzlich ist auch das bekannt: Viele der Buddy-Geschichten stellen einen unkonventionellen Typen einem korrekten gegenüber, damit es auch möglichst arg kracht.

Der Schatz im Müllhaufen

In Alles in bester Ordnung geht es jedoch um mehr, da damit auch zwischenmenschliche Themen verbunden sind. Wenn Marlen sich mit der Zeit öffnet und ihrerseits Geschichten erzählt, die mit den Gegenständen verbunden sind, lernt Flynn – und damit das Publikum – diese von einer ganz neuen Seite kennen. Was vorher nur messy war, ein Fall für die Mülltonne, wird auf einmal zu einem Schatz. Die Wohnung der Neurotikerin, so bedrückend, überwältigend und nervig sie sein mag, wird zu einem fast magischen Ort, an dem man sich selbst gern verlieren mag. Dabei hält der Film immer schön die Balance, ergreift nie einseitig für eine der zwei Figuren Partei. Stattdessen haben sie beide ihre Stärken und Macken, die zunächst konträr sind, später aber dazu führen, dass ihr jeweiliges Leben stark bereichert ist.

Schön ist an der Stelle, dass der Film daraus keine Liebeskomödie macht, wie es so oft der Fall ist. Stattdessen entwickelt sich hier eine Freundschaft zwischen Mann und Frau, obwohl mehr als zwanzig Jahre zwischen den beiden liegen. Alles in bester Ordnung ist auf diese Weise noch etwas versöhnlicher, als es solche Geschichten ohnehin schon sind. Hier gibt es keine Gräben, die zu weit sind, als dass man sie nicht überwinden könnte. So etwas kann schnell kitschig werden. Brunckhorst zieht aber einen lockeren Tonfall vor und erzählt lieber von den kleinen Veränderungen in den jeweiligen Leben, ohne da viel aufbauschen zu wollen. Sie lässt auch einiges in der Schwebe.

Spaßig mit kleinen Längen

Dabei kann sie sich auf ihr Schauspielduo verlassen. Corinna Harfouch zeigte vor einigen Wochen schon ihre Klasse, als sie in Das Mädchen mit den goldenen Händen schon einmal jemanden spielte, der krampfhaft an der Vergangenheit festhält und gegen Gefahren von außen verteidigt. Hier darf sie verbal genüsslich zubeißen und sich mit Daniel Sträßer (La Palma) kleine Duelle liefern, wenn dessen Figur es einfach mag und sich damit vieles zu einfach macht. Allein schon für die beiden lohnt es sich, die Tragikomödie einmal anzuschauen, die 2021 beim Filmfest Hamburg Premiere feierte. Dafür nimmt man dann auch die eine oder andere Länge in Kauf, die sich gerade in der zweiten Hälfte einstellt, wenn die Geschichte sich nur noch minimal weiterentwickelt.

Credits

OT: „Alles in bester Ordnung“
Land: Deutschland
Jahr: 2021
Regie: Natja Brunckhorst
Drehbuch: Natja Brunckhorst, Martin Rehbock
Musik: Lambert
Kamera: Niklas Lindschau
Besetzung: Corinna Harfouch, Daniel Sträßer, Luise Kinner, Simon Hatzl, Steffen Will, Joachim Król

Bilder

Trailer

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Alles in bester Ordnung
Fazit
„Alles in bester Ordnung“ folgt einer zwanghaften Objekte-Sammlerin und einem Pragmatiker, der am liebsten gar nichts hat. Diese ungewöhnliche Konstellation wird ganz klassisch genutzt, um Komik zu erzeugen, bis es dann versöhnlich wird. Das Ergebnis ist trotz kleiner Längen sehenswert und ein schöner Film über eine neue Freundschaft, die beide Leben bereichert.
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