Nhung dua tre trong suong Children of the Mist
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Children of the Mist

Nhung dua tre trong suong Children of the Mist
„Children of the Mist“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Obwohl es eigentlich abgeschafft wurde und die Praxis teils sogar in vielen Kulturen verboten wurde, ist die Idee einer arrangierten Ehe nach wie vor in vielen Ländern nicht nur weit verbreitet, sondern in gewissen Bevölkerungsschichten sehr beliebt. Man muss noch nicht einmal bis nach Indien gehen, einem Land, dessen Kultur in den Köpfen vieler ein Synonym für das Konzept ist. Es reicht meist schon ein Blick in die eigene Umgebung, insbesondere in die von sozialen Hierarchien geprägten Bevölkerungen. Zwar ist es theoretisch möglich und natürlich nicht verboten, dass Angehörige verschiedener sozialer Schichten heiraten. Doch oftmals sieht man ebenso, wie eine solche Verbindung auf Widerstand seitens der Eltern oder des gesamten sozialen Umfelds stößt.

Schon während der Aufklärung, einer Epoche, in der es um die Aufhebung ständischer Gesellschaften ging, erzählte Friedrich Schiller in Kabale und Liebe von einer Verbindung, die durch höfische Intrigen und Vorbehalte zerstört wurde, wobei man aus heutiger Sicht vielleicht sogar festhalten sollte, dass der bekannte Dramatiker vielmehr nach einer Welt fragte, in der eine solche Beziehung überhaupt möglich ist. Letztlich geht es zudem um Rollen- und Geschlechterbilder, die letztlich ebenso die Beziehung der beiden Helden, Ferdinand und Louise, definieren. Diese, zusammen mit Vorbehalten und Traditionen, bilden das Fundament eines solchen Konzepts, wie auch eine immerzu schneller werdende Welt, in der für das Kennenlernen im traditionellen Sinne gar kein Platz mehr ist.

Gerade in den entlegensten Winkeln unserer Welt trifft man immerzu auf das Konzept der arrangierten Ehe sowie auf die damit verbundenen Männer- und Frauenbilder. Die vietnamesische Kultur bildet hierbei keine Ausnahme, denn besonders in kleinen Gemeinschaften, von denen es besonders in den ländlichen Regionen sehr viele gibt, gilt eine Verbindung, die nicht von den Eltern im Vorfeld besprochen wurde oder die auf dem Willen des Mannes basiert, als fast schon unmöglich. Interessant ist dabei, wenn es zu einem Kontrast kommt zwischen den Werten der Gemeinschaft und jenen anderer Welten, was wiederum eine Sehnsucht weckt, nach einem selbstbestimmten Leben.

In ihrer Dokumentation Children of the Mist, die auf dem Internationalen Dokumentarfilmfest Amsterdam mit dem Preis für die Beste Regie ausgezeichnet wurde und aktuell im Rahmen des DOK.fest München zu sehen ist, begleitet die Regisseurin Diem Ha Le ein zwölfjähriges Mädchen und ihre Schwester, die in einem entlegenen Dorf in den nordvietnamesischen Bergen aufwachsen. Ihr Film zeigt das Leben, die Familie sowie die Dorfgemeinschaft, in der, wie in vielen anderen Gemeinden, der Brauch „Hai Pu“ praktiziert wird, nachdem eine junge Frau von einem Mann, der an ihr interessiert ist, entführt werden kann, was bereits Di älterer Schwester sowie ihrer Mutter widerfahren ist. Da sie von ihrer Schule her andere Werte als die ihrer Eltern und der Gemeinde vermittelt bekommt, sieht sich das Mädchen in einem Zwiespalt zwischen Tradition und einem selbstbestimmten Leben.

Unklare Sicht

Das Dorf, in dem Di und ihre Familie schon seit vielen Generationen leben und arbeiten, ist scheinbar stets von einem dichten Nebel umgeben, welcher oftmals die Sicht auf die Berge verdeckt. Es ist ein Bild, auf das Diem immer wieder zurückkommt oder welches den Hintergrund für viele andere Aufnahmen in Children of the Mist bietet, und bereits sehr früh als eine Art Metapher gesehen werden kann, für jene mangelnde Sicht auf die Zukunft, der besonders Di Kummer zu bereiten scheint. Was zunächst wie ein Bild für jenen Übergang der Kindheit hin zur Jugend erscheint, wird bei näherer Betrachtung eine Illustration für einen ganz anderen Scheideweg, der nicht nur das Ende eines Lebensabschnitts definiert. Die Regisseurin und Kamerafrau findet viele solcher Momente in ihrer Dokumentation, für die sie Di wie auch die anderen Mitglieder der Gemeinde drei Jahre lang begleitet hat. Es sind zugleich Bilder voller Kontraste, denn was auf der einen Seite wie ein idyllisches Abbild der Natur erscheint, betont auf der anderen Seite die Abgeschnittenheit und Engstirnigkeit, mit denen Di tagtäglich konfrontiert wird und welche mit der Zeit auch auf den Zuschauer beinahe klaustrophobisch wirken.

Fast erscheint Children of the Mist wie eine Dokumentation über das Leben in der Gemeinde, die täglichen Abläufe sowie das Zusammenspiel von Mensch und Natur. Die Jahreszeiten diktieren die Routine von Pflanzen und Ernten, sowie den Alltag der Menschen. Erst mit der Zeit erkennt man die Kontraste, besonders die zwischen der Dorfgemeinde und der Schule, wenn beispielsweise eine Lehrerin einen flapsigen Kommentar zu Marihuana macht oder eben über die Karrieremöglichkeiten aufklärt, von Männern wie auch Frauen. Zugleich steht die Unschuld der Jugend, die Neugier und das Entdecken immer im Zeichen der Tradition, die harmlose Flirts zwischen Mann und Frau verbietet, zieht dies doch sogleich einen Auftritt der Eltern des Jungen nach sich, der sogleich seine Ansprüche geltend machen möchte.

Credits

OT: „Nhung dua tre trong suong“
Land: Vietnam
Jahr: 2021
Regie: Diem Ha Le
Kamera: Diem Ha Le

Bilder

Trailer

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Children of the Mist
Fazit
„Children of the Mist“ ist eine Dokumentation über den Konflikt zwischen Tradition und Selbstbestimmung. Regisseurin Dien Ha Le erzählt von dem Leben eines zwölfjährigen Mädchens, die sich in einem Zwiespalt befindet zwischen den Vorgaben ihrer Eltern und dem, was man ihr in der Schule beibringt.
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