Als ein 13-jähriger Junge ermordet aufgefunden wird, bedeutet dies traurige Gewissheit für die Polizei: An den zunehmenden Fällen verschwundener Jungen ist mehr dran. Sie sind nicht einfach nur abgehauen. Davon ist zumindest Xavi Bonet (Clemens Schick) überzeugt, der gemeinsam mit Fina Valent (Anne Schäfer) den Fall übernimmt. Er meint sogar, den Täter bereits gefunden zu haben. Niemand Geringeres als der Apotheker Victor Toura (Bernhard Schütz) muss es gewesen sein, der zuvor den Fund der Leiche gemeldet hatte. Die Beweislage ist zwar dünn, zumal Toura zuvor nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Doch für Bonet ist das nur Ansporn, umso mehr in dessen Überführung zu investieren und zur Not auch schon mal ein paar Grenzen zu überschreiten. Denn die zeit drängt, ist doch gerade ein weiterer Junge verschwunden …
Die spanische Großstadt als düsterer Ort
Was einmal geht, das geht auch öfter. Zumindest bei Krimis des öffentlich-rechtlichen Fernsehens kann man sich ziemlich sicher sein, dass bei entsprechender Quote der Filme Fortsetzungen obligatorisch sind. Manchmal dauert es aber etwas länger, wie das Beispiel Der Barcelona-Krimi zeigt. Im November 2017 liefen die ersten beiden Filme der ARD-Krimireihe. Danach hießt es, bis Mai 2020 warten, bevor Kommissar Xavi Bonet und Kommissarin Fina Valent in zwei weiteren Teilen auf Mörderjagd gingen. Nun stehen, weitere zwei Jahre später, mit Der längste Tag und Der Riss in allem die Filme fünf und sechs an. Publikumbindung sieht normalerweise etwas anders aus. Immerhin: Vorkenntnisse braucht es keine. Während andere Reihen filmübergreifende Nebengeschichten erzählen, fehlt das hier, weshalb auch Neulinge eingeladen sind, die Reise nach Spanien anzutreten.
Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass man sich diese Reise getrost sparen kann, ohne dabei viel zu verpassen. Das soll nicht heißen, dass der Film nichts zu bieten hätte. Die Donnerstagabend-Krimis im Ersten leben oft von ihrer Optik, wenn sie uns an die verschiedensten Orte in Europa mitnehmen. Ob nun Kommissar Dupin, Der Kroatien-Krimi oder Der Bozen-Krimi, sie alle locken mit idyllischen Aufnahmen, die beim Publikum den Wunsch wecken, selbst auf Reise zu gehen. Das ist bei Der Barcelona-Krimi: Der längste Tag ähnlich. Zwar setzt die schwedische Regisseurin Carolina Hellsgard, die zuvor unter anderem das starke Drama Sunburned gedreht hat, die spanische Großstadt gelungen in Szene. Im Gegensatz zu den Postkartenmotiven der inhouse-Konkurrenz ist Barcelona jedoch ein sehr düsterer Ort.
Schwacher Krimi, kein lokales Flair
Das ist reizvoll. Auch schauspielerisch kann Der Barcelona-Krimi: Der längste Tag punkten. Insbesondere Schauspielveteran Bernhard Schütz drückt als dubioser Apotheker dem Film seinen Stempel auf. Die Art und Weise, wie sich seine Figur auf ein persönliches Duell mit den Polizisten einlässt, bei dem lange unklar bleibt, welche Seite zuerst aufgibt, kann sich schon sehen lassen. Es wird aber zu wenig aus diesen Möglichkeiten herausgeholt. Im Grunde läuft es darauf hinaus, dass Bonet immer mit dem Kopf durch die Wand will und es zu keinen nennenswerten Auseinandersetzungen kommt. Überhaupt sind die Dialoge ganz schwach, verlassen sich auf irgendwelche Plattitüden. Zum Ende hin gibt man sich ganz tiefgängig, obwohl man lediglich einen abgenutzten Spruch wiederaufwärmt. Man merkt einfach an zu vielen Stellen, dass da niemand näher nachdenken wollte.
Damit einher geht auch der enttäuschende Fall. Eigentlich sind verschwundene Kinder ein Selbstläufer, die ohne viel Zutun Spannung erzeugen. Der Barcelona-Krimi: Der längste Tag ist hingegen ziemlich träge, wenn fast anderthalb Stunden lang nur geredet wird. So etwas kann funktionieren. In Tatort: Hitchcock und Frau Wernicke saßen die Figuren die meiste Zeit über nur in einer Wohnung, ohne viel zu tun. Nur war dies mit einer deutlich dichteren Atmosphäre verbunden und mit einem weniger willkürlichen Verlauf des Krimis. Hinzu kommt, dass das Setting zu wenig genutzt wird. Während beispielsweise Der Wien-Krimi viel mit regionalen Elementen arbeitet, sei es geografischer oder historischer Natur, fehlt hier jegliches lokales Flair. Würde der Film nicht den Ort im Titel tragen, man wüsste gar nicht, dass man hier in Barcelona ist, zumal – eine Unsitte dieser Auslandskrimis – alle Figuren mit Deutschen besetzt wurden. Da diese zum Teil sehr bekannt sind, stellt sich hier nie das Gefühl ein, wirklich nach Spanien gereist zu sein, womit eines der Hauptargumente wegfällt, sich das überhaupt anschauen zu wollen.
OT: „Der Barcelona-Krimi: Der längste Tag“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Carolina Hellsgard
Drehbuch: Katharina Eyssen, Remy Eyssen
Musik: Fabian Römer, Steffen Kaltschmid
Kamera: Patrick Orth
Besetzung: Clemens Schick, Anne Schäfer, Bernhard Schütz, Sylvie Rohrer, Sebastian Fritz, Alexander Beyer
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