Eigentlich lief es sehr gut für Ronald Kandiotis (André Dussollier): Als Kunstsammler hat er sich einen Namen gemacht, ein eigens produzierter Dokumentarfilm lässt seine Laufbahn Revue passieren und präsentiert ihn dabei von seiner besten Seite. Die Feierlaune endet jedoch abrupt, als er die Nachricht erhält, dass seine Tochter Lara (Manue Fleytoux) entführt wurde. Kommissar François Mattei (Bruno Todeschini) und seine Kollegin Marie Longpré (Charlotte Gabris) nehmen daraufhin die Ermittlungen auf, befragen ihn und sein Umfeld, zu dem auch der Filmemacher Valentin Andrieu (Nicolas Bridet) zählen. Besonders rätselhaft ist, dass der oder die Täter es offenbar gar nicht auf sein Geld abgesehen haben, sondern ihn mit ein paar dunklen Geheimnissen konfrontieren wollen …
Auf der Suche nach Antworten
Juliette im Bade ist einer dieser Filme, bei denen es nicht ganz einfach ist zu sagen, was sie genau sind. Wenn eine Geschichte mit einer Entführung beginnt, dann stehen die Zeichen eigentlich ganz eindeutig auf Thriller. Schließlich geht es darum, einen Menschen zu befreien, was meistens mit einem Wettlauf gegen die Zeit einhergeht. Damit verbunden ist auch das Genre des Krimis, wenn es darum geht, den Täter oder die Täterin zu finden. Das gibt es auch hier, eine eifrig ermittelnde Polizei inklusive. Bei den entsprechenden Filmportalen findet man hingegen die Angabe Komödie. Auch das ist bei dem Thema natürlich prinzipiell möglich, wie der Klassiker Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone zeigte. Und doch könnten die Filme unterschiedlicher nicht sein. Man sollte hier vieles erwarten, aber keine Gags.
Stattdessen handelt es sich bei der Adaption von Metin Arditis Roman Juliette dans son bain um eine Mischung aus Genrefilm und persönlichem Drama, dem noch ein paar Elemente der Satire beigemischt wurden. Dreh und Angelpunkt bleibt dabei immer Ronald Kandiotis. Bei Entführungen ist es bekanntlich keine Seltenheit, dass es gar nicht so sehr um die entführte Person geht, sondern um deren Umfeld. Lösegeldforderungen stehen im Anschluss meist ganz weit oben auf der Liste. Doch auch wenn der Protagonist sicherlich zu Geld gekommen ist, genügend Geld, um ihm einiges davon wegnehmen zu wollen: Es geht in Juliette im Bade gar nicht darum. Stattdessen steht bald fest, dass es um irgendwelche schmutzigen Geheimnisse des vorgeblichen Mustermannes geht und die Aktion eine Reaktion auf dessen Image ist, das dieser genießt.
Perfide und willkürlich
Das rückt den französischen Film in die Nähe von anderen Entführungsgeschichten, die Teil eines gesellschaftlichen Statements sind und Missstände aufdecken wollen. Die Brücke – Transit in den Tod war ein solcher Fall. Nur dass es sich hierbei um einen ganz offensichtlich persönlichen Rachefeldzug handelt. Dabei darf wie immer spekuliert werden, wer dahinter stecken könnte. Dennoch sollte man in der Hinsicht nicht zu viel von Juliette im Bade erwarten. Zum einen ist die Zahl der verdächtigen Personen überschaubar: Es gibt also nicht viele Möglichkeit, wer dahinter stecken könnte. Zum anderen ist die Auflösung recht willkürlich, da wurde einfach nur irgendwas zusammengebaut, bei dem man nicht ganz sicher ist, ob das jetzt ernst gemeint ist oder nicht.
Spannend ist Juliette im Bade jedoch als Porträt eines Mannes, bei dem das öffentliche Image nicht so ganz mit dem übereinstimmt, was er im Geheimen ist. Der französische Schauspielveteran André Dussollier (Drei Männer und ein Baby) überzeugt an der Stelle als widersprüchliche Gestalt, aus der man lange nicht ganz schlau wird. In dem Zusammenhang werden auch mediale Manipulationen thematisiert, wenn die Wahrheit nur eine Form der Erzählung ist. Dies geschieht jedoch nicht belehrend, sondern in Form eines unterhaltsamen Films, der mit einem besonders perfiden Szenario aufwartet. Denn was hier von dem Protagonisten verlangt wird, geht über das hinaus, was sonst in Entführungsgeschichten angewendet wird. Die Art und Weise, wie hier eine Figur vor den Augen aller demontiert wird, macht die Adaption definitiv sehenswert.
OT: „Juliette dans son bain“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Jean-Paul Lilienfeld
Drehbuch: Jean-Paul Lilienfeld, Gilles Taurand
Vorlage: Metin Arditi
Musik: Philippe Sarde
Kamera: Fabrice Sébille
Besetzung: André Dussollier, Marisa Berenson, Charlotte Gabris, Bruno Todeschini, Nicolas Bridet, Agnès Soral
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