Als die Untergrundorganisation ETA Juan Mari Jáuregui ermordet, den früheren sozialistischen Zivilgouverneur der baskischen Provinz Gipuzkoa, bricht für seine Frau Maixabel (Blanca Portillo) und dessen Tochter María (María Cerezuela) eine Welt zusammen. Umso mehr, da dieser sich immer für einen Dialog eingesetzt hatte und die Gräben überwinden wollte. Elf Jahre später haben die beiden wie auch andere Opfer dieser Anschläge noch immer unter den schrecklichen Verlusten zu leiden. Als eine Initiative, diese Opfer mit den Tätern zusammenbringen möchte, sind die Zweifel daher auf beiden Seiten groß. Doch Maixabel möchte sich diesem stellen und lernt auf diese Weise Luis Carrasco (Urko Olazabal) und Ibon Etxezarreta (Luis Tosar) kennen, zwei der drei Mörder ihres Mannes …
Aufarbeitung eines Mordes
Auch wenn Icíar Bollaín ihre Karriere im Filmgeschäft eigentlich als Schauspielerin begann, so hat sich die Spanierin inzwischen doch auch als Regisseurin einen Namen gemacht. Dabei beeindruckt die Vielseitigkeit der Filme, die sie inszeniert. El Olivo – Der Olivenbaum ist eine schöne Mischung aus Sozialkommentar, Familiengeschichte und Roadmovie. In Yuli erzählt sie die wahre Geschichte eines kubanischen Jungen, der zu einem international gefragten Balletttänzer wird. Auch in Maixabel – Eine Geschichte von Liebe, Zorn und Hoffnung nimmt sie sich ein reales Ereignis zum Vorbild. So gab es tatsächlich einen Austausch zwischen Maixabel Lasa und den Männern, die 2000 ihren Mann ermordet hatten. Ein Zeitungsartikel brachte die Filmemacherin auf die Idee.
Dabei handelt es sich bei dem Drama nicht um ein Biopic im engeren Sinn. Bollaín, die zusammen mit Isa Campo auch das Drehbuch geschrieben hat, nutzt die Vorlage, um deutlich allgemeinere Themen anzusprechen. Ein Unterschied: Auch wenn der Titel Maixabel – Eine Geschichte von Liebe, Zorn und Hoffnung das impliziert, geht es in dem Film nicht primär um die Titelfigur. Stattdessen wechselt das Drama mehrfach die Perspektive, erzählt mal aus ihrem Leben, mal aus dem der Attentäter, bevor es zu der Zusammenführung kommt. Ziel ist es, das Menschliche hinter dem Mord zu entdecken. Was bringt Leute dazu, solche Schreckenstaten zu vollbringen? Und wie gehen sie im Anschluss damit um? Das lässt sich natürlich nicht verallgemeinern. Hier werden Männer vorgestellt, bei denen ohnehin ein Sinneswandel einsetzt und die ihre eigene Rolle und die Mittel hinterfragen.
Ein Appell für schwierige Dialoge
Im Mittelpunkt von Maixabel – Eine Geschichte von Liebe, Zorn und Hoffnung steht dann auch die Aussöhnung zwischen Täter und Opfern, für die der konkrete Fall exemplarisch steht. Schon die Frage, ob es eine Aussöhnung geben kann, ist dabei kontrovers. Auf beiden Seiten reagiert das Umfeld mit Unverständnis, empfindet den Versuch, mit der anderen Seite zu reden, als Verrat. Bollaín verzichtet dabei auf den Kitsch, den solche Annäherungsgeschichten zuweilen mit sich bringen. Auch plumpe Manipulationsversuche sind nicht ihr Ding. Stattdessen gibt sie sich ganz nüchtern, sowohl im Hinblick auf den Inhalt wie auch die Inszenierung. Das Drama besteht in erster Linie aus Gesprächen zwischen den verschiedenen Leuten, aus denen nach und nach die jeweiligen Seelenzustände erarbeitet werden.
Dass dies spannend ist, verdankt der Film nicht nur der einfühlsamen Annäherung an ein schwieriges Thema. Auch das Ensemble trägt maßgeblich dazu bei, dass das hier die Balance aus Emotionalität und Nachdenklichkeit hält. Blanca Portillo (Boy Missing) und Luis Tosar (Auge um Auge) meistern die mit ihren Rollen verbundenen Aufgaben und geben mit ihrem nuancierten Spiel dem Publikum genügend mit auf den Weg, mit dem es sich am Anschluss an den Kinobesuch beschäftigen kann. Der implizite Appell, sich immer dem Dialog zu stellen, so schwierig dieser auch sein mag, ist ohnehin willkommen. In einer Zeit, die von maximaler Konfrontation geprägt ist und von weiten Gräben, die ein Zusammenleben schwieriger und schwieriger machen, findet sich hier ein Funken Hoffnung, dass es noch irgendwie weitergehen kann.
OT: „Maixabel“
Land: Spanien
Jahr: 2021
Regie: Icíar Bollaín
Drehbuch: Isa Campo, Icíar Bollaín
Musik: Alberto Iglesias
Kamera: Javier Agirre
Besetzung: Blanca Portillo, Luis Tosar, Urko Olazabal, María Cerezuela, Tamara Canosa, María Jesús Hoyos, Arantxa Aranguren
San Sebastian 2021
Zurich Film Festival 2021
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