Es ist ein grausiges Verbrechen, welches die Kriminaloberkommissarin Elisabeth Eyckhoff (Verena Altenberger) da zu lösen hat: Jemand hat eine Jugendliche getötet, in Plastik eingewickelt und vergraben. Während sie und ihr neuer Partner Dennis Eden (Stefan Zinner) ermitteln, stoßen sie auf einen früheren Fall, der einige auffällige Gemeinsamkeiten aufweist. Auch damals war eine Jugendliche verschwunden. Könnte es sich um denselben Täter handeln? Kurze Zeit später taucht zudem Caroline Ludwig (Anna Grisebach) auf, die Mutter der seinerzeit verschwundenen Teenagerin, die nie die Suche nach ihrer Tochter aufgegeben hat und die Vermutung hat, es könne sich bei der gefundenen Toten um diese handeln. Doch die Sache ist komplizierter …
Gefangen in der Sprachlosigkeit
Zuletzt gab es beim Polizeiruf 110 diverse Fälle, über die man aus den verschiedensten Gründen viel reden konnte. Keiner von uns markierte den Ausstieg von Charly Hübner, der viele Jahre eines der Aushängeschilder der ARD-Krimireihe war – das allein war schon viele Meldungen in den Medien wert. Später folgte mit Seine Familie kann man sich nicht aussuchen der Film, bei dem es um seine Nachfolgerin ging, die ausgerechnet von Hübners Ehefrau Lina Beckmann gespielt wurde. Auch das bringt Aufmerksamkeit. Dazwischen fand sich mit Hildes Erbe der bislang beste Teil dieses Jahres, wobei es sicher weniger der Krimipart war, der Diskussionen entfesselte, sondern das Spiel mit gestandenen Geschlechterrollen. Und nun folgt Das Licht, das die Toten sehen, bei dem erst einmal nicht wirklich hervorsticht, was Artikel rechtfertigen würde.
Dabei sorgt der 398. Teil der Reihe auf seine Weise durchaus für Gesprächsstoff, indem er vieles bewusst gar nicht sagt. Wobei manchmal nicht ganz klar ist, ob das daran liegt, dass Polizeiruf 110: Das Licht, das die Toten sehen nicht viel sagen kann oder sagen will. Stattdessen folgen wir über längere Zeit unkommentiert den verschiedensten Leuten, die erst einmal ohne wirklichen Zusammenhang sind. Sie leben alle irgendwie in demselben Kosmos, ohne dass es dabei aber zu Berührungen kommen würde. Dann und wann wird geschrien, etwa der offensichtlich an irgendwelchen Psychosen leidende Patrick (Aniol Kirberg). Seine Mitbewohnerin Stefanie (Zoë Valks) setzt mehr auf Suggestion und Manipulation. Das auf der Schulter sitzende Teufelchen, das andere in den Abgrund leitet – teils wortwörtlich.
Zwischen Faszination und Langeweile
Und doch bleibt am meisten Caroline in Erinnerung, die noch immer umherstreifende Mutter, die sich auf der Suche nach der verschwundenen Tochter selbst verloren hat. Sie ist die greifbarste dieser Figuren, die irgendwo am Rand agieren. Der Schmerz, der sie gleichermaßen antreibt und lähmt, ist einer der wenigen Faktoren in Polizeiruf 110: Das Licht, das die Toten sehen, die man auch als Außenstehender noch verstehen kann. Bei den anderen ist es deutlich schwieriger, einen Zugang zu finden. Zum Teil ist das sicher so auch gewollt: Der Film taucht in einen Mikrokosmos ein, der die Beteiligten sichtlich fasziniert. Der sie aber auch ratlos zurücklässt, wenn alles fremd ist und von dem Versuch geprägt, in der Sinnlosigkeit einen Sinn zu entdecken.
Das darf man dann als Zuschauer bzw. Zuschauerin selbst faszinierend finden. Frustrierend, weil einem nie wirkliche Antworten gegeben werden. Oder eben auch langweilig. Da geht es zwar viel darum, sich einzufühlen und in die Menschen zu schauen. Polizeiruf 110: Das Licht, das die Toten sehen findet dabei aber nichts, was man nun unbedingt mit anderen teilen müsste – oder könnte. Am Ende ist selbst Mord nichts, was eine wirkliche Reaktion hervorruft. Man begeht ihn, weil man es kann, nicht weil es irgendwie zwingend gewesen wäre oder etwas verändern würde. Das ist auf eine gewisse Weise schon provokativ, wenn es das Publikum mit all dem mehr oder weniger alleine zurücklässt. Spannend ist der Film jedoch kaum, als Generationenporträt letztendlich auch zu nichtssagend.
OT: „Polizeiruf 110: Das Licht, das die Toten sehen“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Filippos Tsitos
Drehbuch: Sebastian Brauneis, Roderick Warich
Musik: Josepha van der Schoot
Kamera: Ralph Netzer
Besetzung: Verena Altenberger, Stephan Zinner, Hanna Scheibe, Anna Grisebach, Zoë Valks, Aniol Kirberg, Karolina Horster, Katharina Stark
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