Rivale
© Drop-Out Cinema eG

Rivale

„Rivale“ // Deutschland-Start: 2. Juni 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

Nach dem Tod seiner Großmutter ist Roman (Yelizar Nazarenko) alleine, denn es gibt niemanden mehr, der für den neunjährigen Jungen sorgen könnte. Seine Mutter Oksana (Maria Bruni) ist vor vielen Jahren, weil sie in der Ukraine keine Arbeit fand, nach Deutschland ausgewandert, illegal mit der Hilfe von Schleppern. Zu ihr soll nun auch Roman zurück und mit der Hilfe einiger Freunde der Familie wird schnell ein Kontakt zu Oksana hergestellt sowie das nötige Geld aufgebracht, damit Roman über die Grenze nach Deutschland geschmuggelt wird. Verängstigt und ohne ein Wort Deutsch zu können, kommt er endlich bei seiner Mutter an, die ihn dort mit Gert (Udo Samel) empfängt. In dessen Haushalt hat sie die Jahre über gearbeitet und hat sich in erster Linie um die Frau Gerts gekümmert, die bettlägerig war und schwer krank. Nach ihrem Tod hat Gert sie gebeten zu bleiben und geschworen, sich weiter um sie wie auch ihren Sohn zu kümmern. Zwar reagiert Roman äußerst reserviert auf den alten Mann, der immer wieder versucht, einen Zugang zu dem schweigsamen Jungen zu bekommen, doch er genießt andererseits die Zeit mit seiner Mutter. Diese zeigt ihm ihren Alltag, das Deutschland, was sie kennt und versucht ihm sogar einige Worte Deutsch beizubringen, genauso wie die Tatsache, dass sie mit Gert mehr als nur ein Arbeitsverhältnis verbindet. Bei einem gemeinsamen Essen erklären die beiden Roman, dass sie vorhaben zu heiraten, was in einem Wutanfall des Jungen mündet, der nun eine noch stärkere Abneigung gegenüber dem älteren Mann empfindet.

Eine dramatische Szene

Während seiner Arbeit an zahlreichen Dokumentationen, fürs Fernsehen wie auch das Kino, wurde Regisseur Marcus Lenz Zeuge einer Szene zwischen einem Mann, einem Jungen und einer Frau, wahrscheinlich dessen Mutter, die ihn so beschäftigte, dass sie das Fundament bilden sollte für seinen ersten Spielfilm. Zusammen mit Drehbuchautor Lars Hubrich arbeitete er dann die Details der Handlung zu Rivale heraus, einem Coming-of-Age-Drama, welches unter anderem auf den Hofer Filmtagen in der Kategorie Bester Film ausgezeichnet wurde sowie auf dem Achtung Berlin Festival, in den Kategorien Beste Kamera, Bester Film und Bestes Drehbuch.

Wie Hubrich in Interviews erklärt, hat der junge Hauptdarsteller Yelizar Nazarenko das Drehbuch wohl nie erhalten, hatte sich Lenz für ihn doch eine spezielle Herangehensweise überlegt, die beinhaltete, dass er ihm im Vorfeld nur erklärte, was in der nun folgenden Szene passieren würde. Oftmals führte dies zu großen Überraschungen für Regie und die anderen Schauspieler, waren seine Reaktionen doch so nicht im Drehbuch. Gerade diese Natürlichkeit und Ungeschliffenheit in der Darstellung Nazarenkos als Roman bildet den Dreh- und Angelpunkt von Rivale, betont diese die unterschiedlichen Gefühle des Helden, ohne diese auszubuchstabieren. Wie auch für sein Umfeld im Film bleibt Roman letztlich so etwas wie ein Geheimnis, changiert zwischen großer Freude, wenn er beispielsweise ein Paar leuchtender Schuhe im Supermarkt findet und seine Mutter die ihm kauft, oder eben enormer Wut, deren Heftigkeit sowohl die anderen Figuren und die Zuschauer überraschen. Darsteller wie Udo Samel oder Maria Bruni lassen sich auf diese Art des Spiels ein, was Rivale immer wieder eine enorme emotionale Kraft gibt.

Für sich kämpfen

Dass Nazarenko durch seine Darstellung dieses emotionale Zentrum der Geschichte bildet, ist mehr als verständlich, versteht man Rivale als eine Mischung aus Coming-of-Age-Drama und als Entwicklungsgeschichte. Der realistische Ansatz der Erzählweise wie auch den Bildern Kameramanns Frank Amann betont die Isolation des Jungen, zumindest die gefühlte emotionale Distanzierung von seiner Umwelt, die ihn mit einer Mischung aus Ablehnung und Willkommen empfängt. Die Kamera, wie auch der Zuschauer, wird Zeuge eines Prozesses, in dem die eben beschriebene Wut zu einem Zustand der Befreiung wird, von eben jenen Instanzen, die dem Jungen noch so etwas wie Halt gegeben haben und die ihn scheinbar vorbereiten auf ein Leben, in dem er für sich selber sorgen muss. Insbesondere die letzten Momente von Rivale scheine hier wie eine Vorwegnahme dieser Entwicklung zu sein, innerhalb derer nun ein wichtiger Prozess abgeschlossen zu sein scheint.

In Bezug auf die Bilder fällt letztlich auch auf, mit welch wenigen Mitteln Lenz in seiner Geschichte auskommt, verlässt er sich doch größtenteils auf Techniken, die man aus dem Bereich des Dokumentarfilms kennt und ebenso auf das Talent seiner Darsteller. Dies führt ihn zu sehr vielen sehr intensiven Momenten und Szenen, wegen derer alleine man sich Rivale nicht entgehen lassen sollte.

Credits

OT: „Rivale“
Land: Deutschland, Ukraine
Jahr: 2020
Regie: Marcus Lenz
Drehbuch: Lars Hubrich, Marcus Lenz
Musik: Caroline Siegers
Kamera: Frank Amann
Besetzung: Yelizar Nazarenko, Udo Samel, Maria Bruni, Alex Vent, Jule Böwe, Evhen Chernykov

Bilder

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.



(Anzeige)

Rivale
Fazit
„Rivale“ ist ein sehr intensiv gespieltes und inszeniertes Coming-of-Age Drama. Marcus Lenz gelingt ein immer wieder überraschendes und schockierendes Drama, welches durch seine Bilder, vor allem aber aufgrund seiner Darsteller zu überzeugen weiß.
Leserwertung1 Bewertung
0
9
von 10