Sophie Scott (Skyler Davenport) galt einmal als eines der größten Skitalente in den USA. Doch als bei ihr eine degenerative Augenkrankheit festgestellt wurde, die unweigerlich zur Erblindung führt, haben sich ihre olympischen Ambitionen erledigt. Stattdessen schlägt sie sich damit durch, dass sie für reiche Leute auf deren Häuser und Katzen aufpasst und dabei unbemerkt wertvollen Wein stiehlt. Als sie aber wieder in Abwesenheit der Besitzerin eine abgelegene Villa hütet, bekommt sie unerwartete Konkurrenz durch Otis (George Tchortov), Dave (Joe Pingue) und Ernie (Pascal Langdale), die selbst etwas stehlen möchten und dabei keine Zeugin gebrauchen können. Sophies einzige Chance, wieder heil aus der Sache herauszukommen, ist Kelly (Jessica Parker Kennedy), die sie aus der Ferne mithilfe einer speziellen App durchs Haus lotst …
Home Invasion mal anders
Ein immer wieder gern verwendetes Subgenre des Thrillers ist das des Home Invasion Thrillers. Die Wirkung dieser Filme basiert dabei maßgeblich auf zwei Faktoren. Zum einen ist es mit einem besonderen Terror verbunden, wenn das eigene Zuhause, das für alle ein Rückzugspunkt darstellt, keine Sicherheit bietet. Zum anderen führen diese Szenarien zu ungleichen Kämpfen. Die Invasoren sind meist erfahren und skrupellos, weswegen eine direkte Konfrontation keine gute Idee ist. Dafür haben diejenigen, die sich der Einbrecher erwehren müssen, den Heimvorteil und können den Schauplatz gegen die Bösen nutzen. Aber es geht auch anders. Bei See for Me fallen diese beiden Punkte weg, indem das Haus gar nicht das der Protagonistin ist.
Dafür hat sich das Drehbuchduo Adam Yorke und Tommy Gushue eine andere Methode ausgedacht, um Spannung zu erzeugen: Die Protagonistin kann nicht sehen. Das erinnert ein wenig an Don’t Breathe, wo ebenfalls Leute bei einer blinden Person einsteigen. So richtig zu vergleichen sind die beiden Filme dennoch nicht, da hier eindeutig ist, für wen das Publikum sein soll. Theoretisch zumindest. Praktisch wird das erschwert, indem die Hauptfigur nicht unbedingt als Heldin durchgeht. Wenn wir in einer frühen Szene erfahren, dass sie regelmäßig die Leute bestiehlt, in der Überzeugung, als Blinde eh nie verdächtigt zu werden, dann bringt das nicht unbedingt Sympathiepunkte. Als Idee ist das interessant. Leider wurde das aber nicht ganz konsequent umgesetzt, da hätte See for Me schon deutlich mehr in die Richtung machen dürfen.
Solide mit Luft nach oben
Auch in anderer Hinsicht wäre mehr Einsatz wünschenswert gewesen. So ist die grundsätzliche Idee, dass sich Sophie nur mithilfe einer App und einer Person fortbewegen kann, die gar nicht in dem Haus ist, eigentlich sehr reizvoll. Es fehlen jedoch die notwendigen Einfälle, wie man aus dem Ganzen mehr macht, sowohl inhaltlich wie visuell. Eigentlich sollte das Setting groß genug sein für ein paar Versteckspielchen oder auch Orientierungslosigkeit, um auf diese Weise Spannung zu erzeugen. Meistens sitzt Sophie aber nur irgendwo rum und starrt auf das Handy. Mit Perspektiven wird ebenfalls nichts gemacht. Da waren seinerzeit die Found-Footage-Geschichten deutlich weiter als See for Me, wenn es darum ging, beim Publikum das Gefühl einer Verlorenheit und Unsicherheit zu erzeugen.
Schlecht ist der Thriller, der auf dem Tribeca Film Festival 2021 Premiere feierte, deswegen nicht. Der auch als See for Me – Der unsichtbare Feind bekannte Film ist nur etwas enttäuschend, da das Szenario sehr viel mehr möglich gemacht hätte und hier zu einem Gimmick reduziert wird. Dafür wurde mit Skyler Davenport eine gute Besetzung für die Rolle gefunden: Die tatsächlich sehbehinderte Schauspielerin füllt mit ihrem Einsatz und ihrer Präsenz auch die Stellen, bei denen das Drehbuch zu genügsam war. Alles in allem reicht es auf diese Weise zu einem soliden Genrevertreter, der dem Konzept des Home-Invasion-Thrillers eine interessante Nuance abgewinnt und mit dem man es sich einen Abend vor dem Fernsehen gemütlich machen kann.
OT: „See for Me“
AT: „See for Me – Der unsichtbare Feind“
Land: Kanada
Jahr: 2021
Regie: Randall Okita
Buch: Adam Yorke, Tommy Gushue
Musik: Joseph Murray, Lodewijk Vos
Kamera: Jordan Oram, Jackson Parrell
Besetzung: Skyler Davenport, Jessica Parker Kennedy, Kim Coates, Pascal Langdale, George Tchortov, Joe Pingue
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