Bei einem Bombenanschlag auf eine Bank in London kommt unter anderem die Tochter von Restaurantbetreiber Quan Ngoc Minh (Jackie Chan) ums Leben, womit er nun keinerlei Familienangehörige mehr hat. Als sich eine Gruppierung namens Kern-IRA zu der Tat bekennt, zieht Quan los, um die direkt Verantwortlichen ausfindig zu machen. Geduldig wartet er tagelang, bis er bei den Behörden ein Gespräch mit Commander Bromley (Ray Fearon) bekommt, welcher ihm diesbezüglich aber nicht weiterhelfen kann und ihm rät, sich herauszuhalten und die Polizei ihre Arbeit machen zu lassen. Als Quan im Fernsehen den stellvertretenden Ersten Minister Nordirlands, Liam Hennessy (Pierce Brosnan), über den Terrorakt und seine Vergangenheit als führendes Mitglied der IRA spricht, reist der Chinese nach Belfast, um herauszufinden, ob der Politiker Antworten für ihn hat …
Ein Actionmeister auf Rachefeldzug
Jackie Chan ist am besten dafür bekannt, dass er seine körperliche Unversehrtheit dafür aufs Spiel gesetzt (und oft auch eingebüßt) hat, ein Millionenpublikum zu unterhalten. Wer allerdings erwartet, dass Chan mit 63 Jahren noch ohne Seile, Netz oder doppelten Boden aus schwindelerregender Höhen fällt, Gegenstände aus der Umgebung als Verlängerung seiner Gliedmaßen benutzt oder brutalste Tritte mit seinen Armen abwehrt, der sollte der Realität vielleicht einmal ins Auge sehen. Dass Fans der alten Jackie-Chan-Filme sich (zugegebenermaßen verständlicherweise) nicht gerne von dem Gewohnten lossagen können, zeigte spätestens die überwiegend negative Reaktion auf The Knight of Shadows. Dabei hätte zu diesem Zeitpunkt eigentlich niemand mehr überrascht sein dürfen, erschien The Foreigner schließlich zwei Jahre früher, also bereits 2017.
Im Gegensatz zum vorgenannten Film handelte es sich hierbei aber natürlich nicht um eine eher leichtere, heitere Angelegenheit. Der beliebte Actionstar hat in der Rolle des trauernden Vaters auf Rachefeldzug tatsächlich gar nicht so viel Screentime, wie der Trailer oder das Poster es vermuten lassen würden beziehungsweise wahrscheinlich sogar gezielt implizieren, aber wenn er im Film ist, dann ist er auch wirklich da – präsent. Die Kampfszenen sind zwar kurz gehalten, den Umständen entsprechend aber ziemlich hart und effektiv. Von ihnen abgesehen, beweist der Hongkonger seine schauspielerischen Qualitäten, welche in den sonstigen Filmen, mit denen er sonst so assoziiert wird, meist gar nicht so richtig zum Tragen kommen. Ihm zur Seite gestellt, mit deutlich mehr und längeren Auftritten, ist Pierce Brosnan (Spinning Man – Im Dunkel der Seele). Der ehemalige Bond-Darsteller, welcher mit Regisseur Martin Campbell bereits 1995 in James Bond 007: GoldenEye zusammenarbeitete, spielt nicht einfach nur, sondern lebt seine Rolle.
Mehr Politik als nötig
Unterstützt werden die zwei gealterten Mimen dabei vom Drehbuch. Der gewaltsame Tod von Quans Tochter lässt die Wege zweier Männer kreuzen, welche eigentlich ein ruhiges, friedliches Leben führen wollen. Während in Bezug auf Liam Hennessy zunächst vermeintlich mit offenen Karten gespielt und seine Vergangenheit als aktiver IRA-Terrorist nicht verheimlicht wird, der nun als Politiker zivilisierteren Möglichkeiten der Völkerverständigung nachgeht, entfalten sich Quans Hintergrundgeschichte und Charakter langsamer, kalkulierter. Beide Männer müssen sich nun nicht nur gegenseitig ins Gesicht sehen, sondern sich auch damit auseinander setzen, dass ihre jeweiligen früheren Erfahrungen mit Gewalt, in der ein oder anderen Form, als der Verursacher beziehungsweise das indirekte Opfer, sie nicht loslassen und bis heute Auswirkungen auf sie haben.
Es ist ein dieser Hinsicht formidabel ausgearbeitetes Skript, welches aber leider nicht frei von Kritik bleiben kann. Wenn The Foreigner ein bisschen mehr auf Action sowie Jackie Chan gesetzt hätte, wäre es vielleicht leichter, ihm eine höhere Wertung zu geben. Diese Elemente werden wohldosiert eingesetzt und eventuell wäre zu viel des Guten hier nicht angebracht, aber dass der Film darauf besteht, zum Teil auch Politthriller sein zu wollen, wird ihm übertrieben gesagt etwas zum Verhängnis. Das Pacing leidet zwar nie unter dem Genremix, allerdings könnte die Aufmerksamkeit einiger Zuschauer bei manchen dialoglastigen Szenen hier und da für einen Moment nachlassen.
OT: „The Foreigner“
AT: „The Foreigner – Rache für meine Tochter“ (ZDF)
Land: UK, China, USA, Indien
Jahr: 2017
Regie: Martin Campbell
Drehbuch: David Marconi
Vorlage: Stephen Leather
Musik: Cliff Martinez
Kamera: David Tattersall
Besetzung: Jackie Chan, Pierce Brosnan, Ray Fearon, Rufus Jones, Charlie Murphy, Orla Brady, Lia Williams, Rory Fleck Byrne
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