We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden
© filmproduktion loekenfranke

We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden

„We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden“ // Deutschland-Start: 12. Mai 2022 (Kino)

Inhalt / Kritik

Kaum eine Branche hat sich in den letzten Jahren vergleichsweise rasant verändert wie die des Automobils. Waren Elektroautos vor nicht allzu langer Zeit noch belächelt, hat diese Sparte inzwischen ein paar Gänge nach oben geschaltet. Da wird nicht mehr die Frage gestellt, ob sie gegen die klassischen Fahrzeuge bestehen können, sondern wann sie diese überholen. Aber schon bevor diese neue Grundausrichtung auf dem Programm stand, hat sich viel getan in der Produktion. Alte Standorte wurden in andere Länder verlegt, wo sich billiger produzieren lässt. Vieles von dem, was früher noch per Hand gemacht wurde, ist mittlerweile selbst automatisiert. Beides zusammen führte dazu, dass einstige Auto-Hochburgen verkümmerten. Aus Vorzeigestädten wurden Orte, bei denen man gar nicht weiß, ob sie noch eine Zukunft haben.

Aus dem Leben zweier ehemaliger Automobil-Hochburgen

We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden stellt gleich zwei Orte vor, denen es so ergangen ist. Die eine ist die im Titel bereits genannte US-amerikanische Stadt Detroit, die wie keine andere für den erzwungenen Wandel steht. Die einstige Metropole und Wirtschaftsmotor, Heimat großer US-Automobilkonzerne, verschwand innerhalb nur kurzer Zeit, geblieben ist eine Geisterstadt ohne echte Perspektive. Entsprechend groß dürften die Ängste in Bochum gewesen sein, der zweiten Stadt des Dokumentarfilms, als Opel seinen Standort dort schloss. Das Unternehmen war schließlich ein wichtiger Pfeiler der Stadt gewesen. Dessen Wegfall würde niemand so schnell ausgleichen können. Es droht auch hier, wie in anderen Industriezentren dieser Welt, dass sie von der Zeit überrannt werden und anschließend in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Ulrike Franke und Michael Loeken, die gemeinsam Regie führten, beschäftigte in ihrem Film mehrere Fragen. Eine davon ist: Wie gehen die Menschen damit um, wenn ihnen die bisherige Lebensgrundlage genommen wird? Die Antworten fallen dabei schon recht unterschiedlich aus. Manche verkraften die Veränderung besser als andere. Die Begeisterung hält sich aber aus naheliegenden Gründen immer in Grenzen. We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden zeigt, wie die Betroffenen früheren Zeiten hinterhertrauern. Sie erzählen mit Stolz von damals, als der Ort wichtig war, als sie sich selbst wichtig fühlen durften. Und auch mit Wehmut, teils Unverständnis. Wie so viele auf dieser Welt fühlen sie sich im Stich gelassen und übergangen.

Zwischen Verlust und Aufbruch

Aber nicht alle geben sich der Resignation hin. We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden ist ein Film, der natürlich schon klar in der Vergangenheit verankert ist und zeigt, was verloren gegangen ist. Doch wo Lücken entstehen, entstehen eben auch Möglichkeiten. Und so treffen wir hier in den knapp zwei Stunden Leute, die diese Freiräume sowie die gewonnene Zeit anders nutzen wollen. In Detroit machen sich beispielsweise einige daran, mitten in der Stadt Gemüse anbauen zu wollen, welches sie dann anschließend verkaufen. Die einstige Automobil-Metropole als Zielscheibe des Urban Gardening? Warum nicht. Wenn die Zugpfeiler der Industrialisierung abgetragen werden, ist es irgendwie konsequent, ein bisschen vom Leben davor zurückzuholen.

Eine eindeutige Antwort auf die Probleme ist das natürlich nicht. Auch die Pläne, die in Bochum geschmiedet werden, um das ehemalige Gelände verwenden zu können, sind keine Universallösung. Das soll We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden aber auch gar nicht sein. Stattdessen ist das Werk von Franke und Loeken gleichermaßen Bestandsaufnahme wie Denkanstoß für die Zuschauer und Zuschauerinnen: Wie gestalten wir diesen notwendigen Wandel? Wie wollen wir ganz allgemein in der Zukunft leben? In dem Schicksal der Menschen, die ihrer Grundlage beraubt werden, steckt zumindest die Chance einer gesellschaftlichen Debatte, wie Städte aussehen sollen und wie wir all diejenigen mitnehmen, deren alte Welt im Wandel untergegangen ist.

Credits

OT: „We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Ulrike Franke, Michael Loeken
Musik: Maciej Śledziecki
Kamera: Uwe Schäfer, Philip Hallay, Fabrizio Constantini, Michael Loeken, Michael Chauvistré, Jörg Adams

Bilder

Trailer

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We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden
Fazit
„We Are All Detroit – Vom Bleiben und Verschwinden“ nimmt uns mit nach Detroit und Bochum und erzählt davon, wie die Menschen in den ehemaligen Automobil-Hochburgen nach einem Weg in die Zukunft suchen. Universallösungen gibt es dabei keine, dafür viele persönliche Geschichten und manche Denkanstöße.
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