Einst war Piet N. Schneller (Heino Ferch) ein gefeierter Restaurantbesitzer, der sich nur mit dem Besten vom Besten umgab. Doch davon ist heute nicht mehr viel übrig. Geld hat er keines mehr, Ansehen sowieso nicht. Statt Luxusleben heißt es nun, bei der Hamburger Tafel zu arbeiten und ansonsten eine Bewährungsstrafe zu verbüßen, die ihm aufgrund seines Steuerbetrugs aufgezwungen wurde. Als er zufällig seiner alten Flamme Veronika (Tanja Wedhorn) wieder über den Weg läuft, will er sich die Blöße seines Abstiegs aber nicht geben und tut so, als wäre alles wie früher. Tatsächlich versuchen die zwei an vergangene Zeiten anzuknüpfen und doch noch die Reise nach Venedig zu machen, sie sie damals geplant, aber nie vollendet hatten …
Früher war alles besser
Die Sehnsucht nach der Vergangenheit ist bekanntlich eine mächtige Waffe. Das zeigt sich nicht nur in den Großmachtfantasien gescheiterter Lokalidioten, die anderen ihren Lebensraum missgönnen. Auch in Filmen sieht man dieses Phänomen sehr oft. Manche sind selbst von der Sehnsucht geprägt, wie die unzähligen Hollywoodstreifen, die ganz ungeniert auf die Nostalgie des Publikums setzen. In der ARD-Liebeskomödie Liebe verjährt nicht wiederum ist es die Erinnerung an eine lang zurückliegende Beziehung, die vorzeitig endete, welche die beiden Hauptfiguren antreibt. Sie wissen, wie glücklich sie damals waren, und hätten das alles ganz gern zurück. Dass sie selbst keine jungen Menschen sind, stört sie dabei nicht. Man kann ja trotzdem so tun als ob.
Dabei macht der Film früh klar, dass dies keine Begegnung auf Augenhöhe ist. Während Piet einen schrecklichen Absturz hinter sich hat und keine wirkliche Zukunft hat, da hat Veronika Karriere bei einem Auktionshaus gemacht. Das ist grundsätzlich eine vielversprechende Figurenkonstellation, die sich auch für Geschlechterbilder anbietet. Ein gescheitertes Großmaul muss sich einer Frau unterordnen? Das klingt nach einer potenziellen spaßigen Demütigung, zumal Hauptdarsteller Heino Ferch wie kaum jemand anderes für den Typ Alpha-Macho steht, zumindest vor der Kamera. Da darf man sich freuen, wenn Liebe verjährt nicht dem aufgeblasenen Wichtigtuer das eigene Versagen aufs Brot schmiert und ihn vielleicht im Laufe von anderthalb Stunden zu einem besseren Menschen macht. Oder zumindest zu einem, der weniger unerträglich ist.
Fragen über Fragen
Was genau Veronika an diesem fand, wird nicht klar. Auch nicht, weshalb sie sich überhaupt auf die Exhumierung ihrer alten Beziehung einlässt, nachdem sie seinerzeit von ihm sitzengelassen wurde. Aber man sollte von Liebe verjährt nicht insgesamt nicht erwarten, dass der Film Sinn ergibt. Immer wieder finden sich in dem Drehbuch des erfahrenen Autors Wolfgang Limmer (Bei mir liegen Sie richtig) Passagen, die sich ohne Vorbereitung oder nachvollziehbaren Kontext abspielen. Man macht einfach irgendwas. Natürlich haben Roadmovies – und diese Liebeskomödie hat Elemente eines solchen – immer etwas Episodenhaftes und Willkürliches, wenn unterwegs die unterschiedlichsten Begegnungen stattfinden. Zumindest sind die dann aber meist Teil einer thematischen Reise, an dessen Ende die Annäherung der Figuren steht.
Bei Liebe verjährt nicht gibt es eine Annäherung, gleichzeitig wieder nicht. Eigentlich versteht man sich ganz gut, warum auch immer. Dann gibt es einen dramatischen Konflikt, warum auch immer. Dann noch mal eine Kehrtwendung zum Guten hin, warum auch immer. Klar, viele Filme folgen diesem dramaturgischen Aufbau. Selten muss man sich aber einen ansehen, der derart schlampig und unmotiviert die einzelnen Punkte abarbeitet. Andererseits macht es das dankbar einfach, diese weder komische noch romantische Liebeskomödie zu ignorieren. Wenn schon formelhaft, sollte ein Film wenigstens so durchschnittlich sein, dass man die Zeitverschwendung nicht merkt. Bei diesem hier reicht es nicht mal dazu. Tatsächlich tragisch ist nur, dass Regisseur Sebastian Hilger sein Talent, das er bei Wir sind die Flut bewies, für so etwas verschwendet.
OT: „Liebe verjährt nicht“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Sebastian Hilger
Drehbuch: Wolfgang Limmer
Musik: Stefan Benz
Kamera: Gunnar Fuß
Besetzung: Heino Ferch, Tanja Wedhorn, Michaela Rosen, Kim Riedle, Hans-Jürgen Alf, Frank Dukowski, Philipp Hochmair, Ulrike Hübschmann
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