Zuhören ist nicht unbedingt die große Stärke von Antoine (Pascal Elbé). Das hängt einerseits damit zusammen, dass er nicht so wahnsinnig viel auf andere achtet und mehr mit sich selbst beschäftigt ist. Aber auch sein Körper ist in der Hinsicht ein Hindernis, hat sein Gehör doch rapide nachgelassen. Darunter haben sie alle zu leiden: seine Familie, seine Schulklasse, der er Geschichte beibringen soll, die Kollegen und Kolleginnen. Vor allem seine neue Nachbarin Claire (Sandrine Kiberlain) ist furchtbar genervt, da sie jeden Morgen seinen ohrenbetäubend lauten Wecker ertragen muss. Als Antoine eines Tages auch den Feueralarm in der Schule überhört, muss er sich eingestehen, dass er vielleicht doch ein Hörgerät braucht, auch wenn er dafür viel zu jung ist. Das hilft ihm einerseits, sich wieder besser mit anderen zu verständigen. Es bedeutet aber auch, sich wieder mit ihnen auseinandersetzen zu müssen …
Der Anfang des Alters
In den letzten Jahren hat es eine ganze Reihe von Filmen gegeben, in denen Menschen im fortgeschrittenen Alter eine Alltagskrise zum Anlass nehmen, um ihr Leben zu überdenken und noch einmal von vorne anzufangen. Gewissermaßen trifft das auch bei Schmetterlinge im Ohr zu, wenn der Protagonist an einem Punkt ankommt, wo es nicht mehr wie bisher weitergeht. Während bei diesen Werken aber normalerweise Figuren jenseits der 70 die Welt noch einmal von einer frischen Perspektive kennenlernen, da ist Antoine mit Anfang 50 eigentlich noch viel zu jung. Dieser Auffassung ist er zumindest selbst, wenn er sich vehement gegen die ersten Alterserscheinungen wehrt und seine Probleme weder vor sich selbst noch vor anderen zugeben mag.
Das klingt erst einmal nach einem Film über männliche Eitelkeit. Zumindest streckenweise scheint sich Pascal Elbé (Der Sohn der Anderen), der nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern auch Regie führte und das Drehbuch schrieb, über seinen Protagonisten lustig machen zu wollen. So gerät er immer wieder in peinliche Situationen, die gespickt sind mit Missverständnissen, weil er alles immer falsch versteht – oder gar nicht erst wahrnimmt. Richtig konsequent ist er dabei aber nicht. Tatsächlich irritiert Schmetterlinge im Ohr anfangs ein wenig, wenn ohne erkennbaren Grund mal das Gehör mitspielt, dann wieder nicht. Wenn er sich in manchen Situationen beispielsweise ganz normal unterhalten kann, nur um dann Wecker oder Feueralarme nicht zu hören, dann ist das alles schon recht willkürlich.
Schön versöhnlich
Glücklicherweise hält sich Schmetterlinge im Ohr aber nicht zu lange mit dieser Art Witzen auf. Der Film bleibt zwar klar im komödiantischen Fach angesiedelt, erweitert um ein bisschen Romantik. Das Thema bewegt sich aber weg vom rein akustischen Hören und befasst sich stärker mit der zwischenmenschlichen Dynamik: dem Zuhören. Dass sich auch in der Hinsicht etwas tun wird, das dürfte niemanden überraschen. Der auf seine Weise isoliert lebende Antoine muss schließlich irgendwie eingefangen und in das Leben integriert werden. Das funktioniert einerseits über Claire, die selbst ganz gern mal laut wird und seit dem Tod ihres Mannes durchs Leben schlingert. Aber auch deren Tochter Violette (Manon Lemoine), seit dem Verlust des Vaters verstummt, spielt eine Schlüsselrolle hierbei.
Der konkrete Ablauf innerhalb des originellen Szenarios kommt ohne größere Überraschungen daher, das meiste hier ahnt man schon vorab ganz gut. Spaß macht Schmetterlinge im Ohr aber trotz der eher überschaubaren erzählerischen Ambitionen. So hat Elbé immer wieder unterhaltsame Einfälle, arbeitet mit sanft überzeichneten Figuren. Und auch das Ensemble, das der Allzweck-Filmemacher um sich geschart hat, spielt gut mit. Gerade auch das Zusammenspiel mit der bekannten Kollegin Sandrine Kiberlain (Nur Fliegen ist schöner) funktioniert sehr schön und macht die Wohlfühlkomödie letztendlich sehenswert. Sie hat zudem einen versöhnlichen Ton, wenn mehrere Menschen lernen müssen sich aufeinander zuzubewegen – und das ist etwas, das momentan nie verkehrt ist.
OT: „On est fait pour s’entendre“
Land: Frankreich
Jahr: 2021
Regie: Pascal Elbé
Drehbuch: Pascal Elbé
Musik: Christophe „Disco“ Minck
Kamera: Rémy Chevrin
Besetzung: Pascal Elbé, Sandrine Kiberlain, Valérie Donzelli, Emmanuelle Devos, François Berléand, Marthe Villalonga, Claudia Tagbo, Manon Lemoine
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