The Princess
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The Princess (UK)

The Princess
„The Princess“ // Deutschland-Start: 30. Juni 2022 (Kino) // 26. August 2022 (DVD)

Inhalt / Kritik

Wenn man heutzutage mit jemandem eine Unterhaltung über Staatsformen und -systeme beginnt, wird wohl niemand auf die Idee kommen, ernsthaft vorzuschlagen, dass man die Monarchie wiedereinführen sollte. In Bezug auf Deutschland und im Hinblick auf unsere Geschichte waren es nicht zuletzt diese Landesherren, die nicht nur viele Menschen auf dem Gewissen hatten und ihren Status ausnutzten, sondern ebenso ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass der Erste Weltkrieg ausgelöst wurde, nach dessen Ende sie abgesetzt wurden. Dennoch hat bei aller Kritik besonders in der Gegenwart die Idee eines Königs oder eine Königin sicherlich für viele nicht nur etwas Nostalgisches, wird dieses Konzept doch mit einer Form der Stärke, des Charismas und einer Politik assoziiert, die nicht zu vergleichen ist mit jenen langen Verhandlungen und den Diskussionen, welche man von einer Demokratie gewöhnt ist.

Mit einem gewissen Neid schauen dabei viele in Richtung Großbritannien, deren Königsfamilie zwar nur eine rein repräsentative Funktion hat, aber wie kaum ein anderes Konzept oder Symbol für all jenes steht, was man unter der britischen Identität versteht. Gerade in Zeiten der Krise, der Rezession und der Arbeitslosigkeit der 1980er Jahre oder dem Brexit waren es immer wieder die Royals, die dafür sorgten, dass man sich auf die Gemeinsamkeiten besann, also die Liebe zu diesen. Zugleich jedoch verweisen die Skandale, die sich um die Familie Windsor sammeln, auf ein Problem hin, was bis heute noch ungelöst bleibt und sich nur hin und wieder zeigt in Konflikten und Tragödien wie die Diskussion um Meghan Markle oder eben die Biografie von Diana Frances Spencer, besser bekannt als Prinzessin Diana von Wales.

Mittlerweile haben ganze Generationen von Schülern das Thema Großbritannien in ihrem Englischunterricht besprochen, genauso wie die Rolle der Monarchie im Vereinigten Königreich, ohne aber je von Prinzessin Diana gehört zu haben. Gerade in den letzten Jahren haben sich eine ganze Reihe neuer Veröffentlichungen und Filme mit dem Leben Lady Dianas befasst, wie zuletzt Pablo Larrains Biopic Spencer, in dem Kristen Stewart die Hauptrolle spielte. Einen ganz anderen Ansatz wählt Regisseur Ed Perkins in seiner Dokumentation The Princess, bei dem er die Geschichte Dianas angefangen bei ihrer Heirat mit Prince Charles bis zu ihrem Tod 1997 mittels einer ganzen Reihe Archivmaterials nacherzählt. Nicht nur kann der Zuschauer diesen Teil ihres Lebens noch einmal (oder zum ersten Mal) miterleben, es ergeben sich an vielen Stellen auch Themen, die Dianas Biografie prägten, wie die Konflikte in ihrer Ehe und mit den Medien, was wiederum zu einem ganz anderen Themenkomplex führt, nämlich inwiefern sich anhand dieses Schicksals nicht zudem zeigt, dass es sich bei der Monarchie nicht nur um einen liebgewonnen Anachronismus handelt, sondern vielleicht gar um einen Komplex in der britischen Identität, der nicht von Traditionen lassen kann.

Ein Leben, von Fremden erzählt

Auch wenn viele Zuschauer die Hochzeit von Charles und Diana damals nicht mitverfolgen konnten, ist man das Prozedere nach den Hochzeiten ihrer Kinder, William und Harry, mittlerweile gewöhnt. Die Feierlichkeiten werden durch den Hype, geschürt von einer bereits seit Wochen andauernden Kaskade von Informationen über jedes noch so kleine Detail, zu einem Ereignis, das weit über die Grenzen des Landes hinausgeht und ein neues Kapitel beginnt in jener Erzählung, die das Leben am Hofe darstellt. Es ist ein Narrativ, welches keinesfalls den Angehörigen oder dem Brautpaar gehört, denn es wird zu einer Story für jeden Zuschauer, der sich in dieser Mischung aus Tradition, Romantik und Kitsch wiederfinden kann und ganz bewusst Ähnlichkeiten zu jenen Märchen aufweist, die man als Kind vorgelesen bekam. Durch den Zusammenschnitt dieser und vieler anderer Aufnahmen gelingt Perkins eine Rekreation dieses Narrativs, doch zudem eine kritische Distanzierung, die eine Auseinandersetzung erstmals zulässt und den Blick schult auf den Kontext, die Einzelheiten und Menschen wie Diana, die irgendwann jenes öffentliche Gesicht nicht mehr tragen will und die Kontrolle über ihr eigenes Narrativ verloren hat.

Während die eine Seite von The Princess die persönliche Geschichte Dianas erzählt, die Konflikte und die Tragödie, geht die andere Seite von Perkins Film einen Schritt weiter und fragt nach dem, was man auf dieser Geschichte denn lernen kann. Viele Fragen reißt The Princess dabei an, angefangen bei der Rolle der Monarchie als Identitätsstifter, der Beziehung zu den Medien sowie der Kontrast zwischen Öffentlichkeit und Privatleben, und letztlich auch das Problem mit der Tradition, was sich nicht nur anhand der Tragödie Dianas zeigt. Perkins holt seine Geschichte damit in die Gegenwart und betont ihre Relevanz für Diskussionen, die nach wie vor noch geführt werden müssen im Land der Royals.

Credits

OT: „The Princess“
Land: UK
Jahr: 2022
Regie: Ed Perkins
Drehbuch: Ed Perkins
Musik: Martin Phipps

Bilder

Trailer

Interview

Wer mehr über den Film und die Gedanken dahinter erfahren möchte: Wir haben uns zum Kinostart von The Princess im Interview mit Regisseur Ed Perkins darüber unterhalten.

Ed Perkins [Interview]

Filmfeste

Sundance Film Festival 2022
Filmfest München 2022

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The Princess (UK)
Fazit
„The Princess“ ist eine Dokumentation, die zum einen das Leben Lady Dianas nacherleben lässt aus der Sicht der Medien, doch darüber hinaus auch nach der Relevanz dieser Biografie für heute fragt. Ed Perkins gelingt ein Film, der durch den Zusammenschnitt von Archivmaterial ohne jeglichen Kommentar auskommt oder etwa Interviews, und dabei dennoch sehr viel zu sagen hat, über diese Frau, ihr Leben und warum sie uns noch heute interessieren sollte.
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8.5