Es ist eine vollkommen unerwartete, aber äußerst willkommene Nachricht, die Violet Crawley (Maggie Smith) auf Downton Abbey erhält: Ein verstorbener französischer Graf hat ihr eine Villa in Südfrankreich vermacht. Also reisen ihr Sohn Robert (Hugh Bonneville) und einige andere Familienmitglieder und Bedienstete des Anwesens nach Frankreich, um mit den Hinterbliebenen des Verstorbenen die genauen Besitzverhältnisse zu klären. Lady Mary (Michelle Dockery) bleibt unterdessen auf Downton Abbey, wo sich ein Filmteam angekündigt hat, um das Anwesen für Dreharbeiten zu nutzen. Vor allem Daisy (Sophie McShera), Mr. Molesley (Kevin Dolye) und einige andere Mitglieder der Dienerschaft sind von der Aussicht begeistert, echten Hollywoodstars bei der Arbeit zuzuschauen. Doch die Schauspielerin Myrna Dalgleish (Laura Haddock) entpuppt sich abseits der Leinwand aufgrund ihres divenhaften Verhaltens als wenig faszinierend, während der Regisseur Jack Barber (Hugh Dancy) offen mit Lady Mary flirtet. In Frankreich wiederum bereitet die Witwe des verstorbenen Grafen, Madame Montmirail (Nathalie Baye), Robert und seiner Entourage einen äußerst kühlen Empfang. Noch dazu erwarten Robert einige aufregende Enthüllungen über die Vergangenheit seiner Mutter…
Wiedersehen macht Freude
Man muss schon den Hut ziehen vor Julian Fellowes, dem Schöpfer und (bis auf wenige Folgen in der ersten Staffel) alleinigen Drehbuchautor von Downton Abbey. Über sechs Staffeln und einen Kinofilm hinweg hat er es geschafft, das Publikum mit den Liebschaften, Intrigen, Tragödien und Erfolgen einer auf den ersten Blick unüberschaubar großen Zahl von Figuren zu unterhalten und damit weltweit Fans gewonnen. Mit dem zweiten Kinofilm Downton Abbey II: Eine neue Ära folgt nun der (vorläufige?) Abschluss der Saga um die britische Adelsfamilie der Crawleys und ihre Dienerschaft. Und auch wenn Neulinge im Downton Abbey-Universum natürlich nicht das Hintergrundwissen besitzen, um die Details aller Handlungsstränge und Figurenentwicklungen hier genau nachvollziehen zu können, bemüht sich Fellowes doch sehr, auch diejenigen mit ins Boot zu holen, die den Film ganz ohne Vorwissen anschauen. Das gelingt ihm auch insofern, als man im Film über den Status aller relevanten Charaktere und Entwicklungen informiert wird. So ist beispielsweise das Geld auf Downton Abbey etwas knapp, hat Thomas Barrow (Robert James-Collier) immer noch mit seiner nicht offen gelebten Homosexualität zu kämpfen und zwischen Mr. Molesley und Phylllis Baxter (Raquel Cassidy) knistert es schon lange gewaltig, ohne dass die beiden sich trauen, näher aufeinander zuzugehen – um nur einige der vielen großen und kleinen Handlungsstränge zu nennen. Die obige Inhaltsangabe ließe sich jedenfalls ohne Weiteres noch um zahlreiche Figuren und Handlungselemente erweitern.
Für Fans der Serie ist es natürlich ein Fest, fast alle der geliebten Figuren wiederzusehen – darunter sogar einige, die im ersten Kinofilm nicht dabei waren. Von den Hauptfiguren fehlt eigentlich nur Matthew Goode als Marys Ehemann Henry Talbot, der anscheinend herausgeschrieben wurde, indem man seine Abwesenheit mit der Teilnahme an einer Autorally erklärt. Das wiederum gibt dem Neuzugang Hugh Dancy hier die Gelegenheit, nicht wie in Hannibal mit Mads Mikkelsen, sondern heftig mit Michelle Dockery zu flirten. Ganz im Sinne der Regeln einer Soap Opera schafft Downton Abbey also auch weiterhin neue Krisen und Konflikte, um die Figuren beschäftig und das Publikum bei der Stange zu halten. Die Handlung teilt sich dieses Mal wie erwähnt auf zwei Spielorte auf. Die Dreharbeiten auf Downton Abbey sind dabei ein willkommenes und frisches Element. Sie bringen interessante neue Figuren ins Spiel und lassen einige der altbekannten Charaktere wortwörtlich in völlig neue Rollen schlüpfen. Gleichzeitig sind sie das Signal für den tatsächlichen Beginn einer „neuen Ära“, denn Film ist immer noch eine recht neue Kunstform, die bei der älteren Generation nur auf Skepsis stößt (was wiederum zu einigen der wieder herrlich spitzen Kommentare von Maggie Smiths Figur führt).
Zwischen Abschied und Neuanfang
Der in Südfrankreich spielende Handlungsstrang kann etwas weniger begeistern, bietet aber immerhin einen Szenenwechsel und holt mit der französischen Leinwandikone Nathalie Baye (Haute Couture – Die Schönheit der Geste) einen weiteren unerwarteten Gaststar ins Ensemble. Im Mittelpunkt steht in diesem Teil der Handlung Robert Crawley, der durch einige Enthüllungen und Entwicklungen in eine Sinnkrise gestürzt wird. Abgesehen von der großen Anzahl an Gaststars und dem Schauplatz in Frankreich fühlt sich aber auch dieser zweite Kinofilm im positiven Sinn ganz genauso an wie eine Episode der Serie. Die Schauspielleistungen der überwiegend britischen Charakterdarsteller sind gewohnt hoch und auch die Handlung dreht sich um erprobte Elemente wie Krankheiten, Gerüchte, Familiengeheimnisse, Geldprobleme oder unerfülltes Verlangen. Obwohl natürlich wie in der Serie einige Figuren eindeutig im Vordergrund stehen, gibt der Film wirklich allen Haupt- und Nebencharakteren ihren Raum. Auch für einige von ihnen findet hier der Übergang zu einer neuen Ära statt und sie begeben sich auf neue (Karriere-)Pfade. Nach dem Finale der sechsten Staffel und dem ersten Kinofilm musste Julian Fellowes mit diesem Film nun zum dritten Mal ein Ende für Downton Abbey schreiben und obwohl es dieses Mal ein bittersüßes ist, ist es doch auch ein äußerst gelungenes. Was allerdings nicht heißt, dass wir uns nicht doch ein erneutes Wiedersehen mit den lieb gewonnenen Charakteren wünschen…
OT: „Downton Abbey: A New Era“
Land: UK, USA
Jahr: 2022
Regie: Simon Curtis
Drehbuch: Julian Fellowes
Musik: John Lunn
Kamera: Andrew Dunn
Besetzung: Hugh Bonneville, Michelle Dockery, Elizabeth McGovern, Maggie Smith, Jim Carter, Allen Leech, Penelope Wilton, Kevin Doyle, Hugh Dancy, Imelda Staunton, Tuppence Middleton, Dominic West, Nathalie Baye, Robert James-Collier, Joanne Froggatt, Brendan Coyle, Lesley Nicol, Sophie McShera, Laura Haddock, Phyllis Logan, Laura Carmichael, Jonathan Zaccaï
Wer nach dem Film noch ein wenig in Erinnerungen schwelgen möchte: Wir haben uns zum Start von Downton Abbey II: Eine neue Ära im Interview mit Hauptdarsteller Hugh Bonneville über seine Zeit bei der Kultserie unterhalten.
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