The Girl in the Water Surface Apple TV+
Gugu Mbatha-Raw und Oliver Jackson-Cohen als Ehepaar in der Krise in "The Girl in the Water" (© Apple TV+)

Gugu Mbatha-Raw / Oliver Jackson-Cohen [Interview]

The Girl In The Water erzählt die Geschichte von Sophie Ellis (Gugu Mbatha-Raw), die sich nach dem Sturz von einer Fähre an nichts mehr erinnern kann. Was wollte sie auf dem Schiff? Ist sie von selbst gesprungen? Wurde sie gestoßen? Bei ihrer Suche nach Antworten ist sie auf ihren Mann James (Oliver Jackson-Cohen) und dessen Antworten angewiesen. Doch ausgerechnet bei ihm hat sie bald erste Zweifel, ob er tatsächlich die Wahrheit sagt oder nicht doch etwas vor ihr verbirgt. Zum Start der Serie am 29. Juli 2022 auf Apple TV+ unterhalten wir uns mit den beiden über die Arbeit an dem Thriller, schauspielerische Selbstfindung und ob wir andere je wirklich kennen können.

 

Was hatte euch an The Girl in the Water interessiert? Warum wolltet ihr bei der Serie mitspielen?

Gugu Mbatha-Raw: Da gab es so viele Gründe. Das Drehbuch war unglaublich. Ich hatte nur die erste Episode bekommen, war aber sofort beeindruckt von der Qualität. Ich hatte noch nie etwas Vergleichbares gelesen. Veronica Wests Texte waren so geheimnisvoll und fesselnd. Ich fand auch die Prämisse sehr reizvoll, jemanden zu spielen, der keine Ahnung hat, wer er ist. Außerdem fand ich es reizvoll, bei einem Genre mitzumachen, das ich zuvor noch nie gemacht hatte. Ein psychologischer Thriller mit Noir-Elementen, der in San Francisco spielt, das war für mich sehr atmosphärisch.

Oliver Jackson-Cohen: Bei mir war es ähnlich. Die Drehbücher haben mich von Anfang an gepackt. Ich wollte einfach wissen, was da geschieht. Außerdem musste ich einfach die Chance ergreifen, mit Gugu und unserem Hauptregisseur Sam Miller zu arbeiten. Der hatte zuvor an der Serie I May Destroy You gearbeitet, was zu dem Besten gehörte, was ich zuletzt gesehen hatte. Da musste ich nicht erst lange überlegen, ob ich mitmachen möchte.

Ein Teil des Reizes bei solchen Geschichten ist immer, dass man spekulieren und mitfiebern darf, was dahintersteckt. Was war eure Theorie beim Lesen des Drehbuchs?

Gugu Mbatha-Raw: Bei mir war es leider so, dass ich nachdem ich zugesagt hatte, eine Zusammenfassung der kompletten Serie bekam. Die Drehbücher waren noch nicht ganz fertig und die Zusammenfassung sollte mir eine Vorstellung davon geben, in welche Richtung sich das weiterbewegt. Deswegen wusste ich leider schon grob, was passieren würde. Das hat den Wunsch mitzumachen aber nur weiter verstärkt. Denn es ist eine Sache, die Zusammenfassung zu kennen. Die andere ist zu sehen, wie das alles umgesetzt wurde. Außerdem gab es noch viele Detailfragen, die offen blieben. Bei The Girl in the Water spielt sich so viel unter der Oberfläche ab. Alles, was die Figuren sagen, könnte eine andere Bedeutung haben.

Oliver Jackson-Cohen: Für mich wurde es leider auch ein wenig durch diese Zusammenfassung verdorben. Aber ich konnte die Drehbücher, als sie dann vorlagen, trotzdem nicht mehr weglegen, da es in der Serie nicht nur um das große Geheimnis geht, sondern auch die ganzen zwischenmenschlichen Beziehungen.

Sophie muss im Laufe der Serie für sich selbst erkennen, wer sie als Mensch ist, nachdem sie alles über sich und ihre Vergangenheit vergessen hat. Der Versuch einer solchen Rekonstruktion, ist das nicht ungefähr das, was ihr eigentlich am Anfang eines neuen Projekts macht, wenn ihr für euch festlegen müsst, wer eure Figur ist?

Gugu Mbatha-Raw: Das war tatsächlich eine interessante Erfahrung. Meistens beschäftigt man sich bei der Vorbereitung mit der Vorgeschichte, den Erfahrungen, den Vorlieben und Abneigungen. All das war bei Sophie nicht relevant, weil sie das selbst alles nicht wusste. Sophie selbst ist das Geheimnis der Serie und ich habe sie erst im Laufe der Staffel kennengelernt, parallel zu ihrem eigenen Kennenlernen. Das war also die Umkehrung von dem, wie wir sonst an eine Figur herangehen.

Eine ganz allgemeine Frage: Beim Schauspielen schlüpft ihr jedes Jahr in neue Rollen und ihr werdet jedes Mal zu einem anderem Menschen. Macht es das einfacher oder schwieriger für euch herauszufinden, wer ihr selbst seid?

Oliver Jackson-Cohen: Das ist vermutlich bei jedem anders, weil jeder seine eigene Methode bei diesem Beruf hat. Da sucht sich jeder das aus, was für ihn oder sie funktioniert. Bei mir persönlich, ohne das hier jetzt zu einer Therapiestunde machen zu wollen, ist es so, dass ich durch diese Figuren sehr viel über mich selbst lerne. Wir alle sind auf unsere Weise immer auf der Suche nach uns selbst. Das gilt heutzutage noch mehr als früher, wenn von jedem verlangt wird sich zu erklären und zu positionieren. Wer bist du? Wofür stehst du? Alle Figuren, die ich spiele, sind ein Teil von mir, weil sie alle von mir kommen und ich mich selbst einbringe. Auch an Stellen, an denen das gar nicht vorgesehen ist.

Gugu Mbatha-Raw: Da stimme ich absolut zu. Wenn Leute mir sagen, dass ich jemand komplett anderes spiele, dann widerspreche ich. Diese Rollen sind eine Gelegenheit für mich, andere Facetten von mir selbst zu erforschen. Du musst etwas von deiner Figur in dir haben, damit du sie spielen kannst. Und es geht darum, dich so sehr in diese Figur einzufühlen, dass du diesen Teil findest und zeigen kannst. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum wir Schauspieler sind: Wir haben so viel in uns, das wir zeigen müssen. So viele Gefühle und Energie. Und wir müssen das durch die vielen Leben ausdrücken, die wir annehmen, weil ein Leben nicht genug ist.

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James (Oliver Jackson-Cohen) und Sophie (Gugu Mbatha-Raw) scheinen in „The Girl in the Water“ die perfekte Ehe zu führen. Oder etwa doch nicht? (© Apple TV+)

In The Girl in the Water geht es für Sophie nicht nur darum, sich selbst kennenzulernen, sondern auch bei den anderen zu erkennen, wer sie wirklich sind. Geht das überhaupt? Können wir andere je wirklich kennenlernen oder sind wir dazu verdammt, an der Oberfläche zu bleiben, der Surface, wie eure Serie im Original heißt?

Oliver Jackson-Cohen: Oh, wow. Ich würde nicht unbedingt das Wort „verdammt“ nutzen. (lacht) Aber es ist ein Thema, welches die Serie auf jeden Fall anspricht. Wie viel von uns zeigen wir anderen Leuten? Wenn wir Sophie und James am Anfang der Geschichte treffen, sieht alles perfekt aus. Sie führen die perfekte Ehe, leben im perfekten Haus, tragen die perfekte Kleidung. Aber das ist nur die Oberfläche. Darunter ist etwas kaputt, stimmt etwas nicht. Dass wir etwas verbergen, ist dabei aber völlig normal und etwas sehr Menschliches. Wir verbergen alle etwas, sogar vor uns selbst, die ganze Zeit. Wenn wir alle immer völlig offen wären, würde die Welt im Chaos versinken.

Gugu Mbatha-Raw: Ich weiß selbst nicht, ob es möglich ist, jemanden wirklich völlig zu kennen, weil jeder die Wahl hat, nur Teile von sich zu zeigen. Aber das ist für mich auch ein wenig das Magische an einer Seele. Wir kommen alle allein auf diese Welt und verlassen sie auch wieder allein. Du kannst nicht alles sehen bei einem anderen Menschen, selbst wenn dieser völlig offen ist. Wir alle haben etwas, von dem wir nicht wollen, dass andere es mitbekommen. Das wir nicht teilen wollen. Das muss auch nicht verkehrt sein. Vielleicht beschützt du auch jemanden, wenn du ihm nicht die volle Wahrheit sagst. Nicht alle Geheimnisse, um die es in The Girl in the Water geht, geschehen aus böser Absicht heraus. Manches Geheimnis entsteht auch aus Liebe.

Gegen Ende der Staffel sagt Sophies Therapeutin zu ihr, dass sie diesen Gedächtnisverlust als Chance ansehen soll, noch einmal völlig von vorne anzufangen. Als ein Geschenk. Würdest du dem zustimmen?

Oliver Jackson-Cohen: Ohne jetzt zu viel über die Serie verraten zu wollen: Ich denke, dass man das in beide Richtungen so sehen kann. James sieht das als ein Geschenk. Aber das ist eine recht naive, idealistische Vorstellung. Du kannst der Wahrheit, was geschehen ist, nicht entkommen. Ob nun bewusst oder unbewusst, die Vergangenheit holt uns immer irgendwann ein.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Gugu Mbatha-Raw wurde am 21. April 1983 in Oxford, England geboren. Sie interessierte sich schon früh für die Schauspielerei, Tanzen und Musik und trat mit dem National Youth Theatre auf. Später studierte sie an der Royal Academy of Dramatic Art. Am Anfang ihrer Karriere spielte sie in mehreren Fernsehserien mit, war aber auch weiterhin Theaterschauspielerin, darunter in London und am Broadway. Zuletzt spielte sie unter anderem in den Serien The Morning Show (2019) und Loki (2021) mit.

Oliver Jackson-Cohen wurde am 24. Oktober 1986 in London, England geboren. Er studierte am Lee Strasberg Theatre and Film Institute in New York, verließ dieses aber nach vier Monaten wieder, als er ein Jobangebot bekam. Als Teenager spielte er in mehreren Fernsehserien mit. Bekannt ist er vor allem für mehrere Horror-Titel. So spielte er in den Netflix-Romanadaptionen Spuk in Hill House (2018) und Spuk in Bly Manor (2020) mit, ebenso in dem Kinofilm Der Unsichtbare (2020).



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