Die Magnetischen Interview Marie Colomb / Thimotée Robart
Marie Colomb und Thimotée Robart in dem Coming of Age Drama "Die Magnetischen" (© Port au Prince Pictures)

Marie Colomb / Thimotée Robart [Interview]

In Die Magnetischen (Kinostart: 28. Juli 2022) lernen wir Philippe (Thimotée Robart) kennen, der zusammen mit seinem Bruder Anfang der 80er einen kleinen Piratensender betreibt und sich dabei in dessen Freundin Marianne (Marie Colomb) verliebt. Richtig kompliziert wird es, als er zum Militär eingezogen wird und dort die Musik nutzen will, um seiner Angebeteten seine Gefühle zu zeigen. Wir haben bei der Deutschlandpremiere beim Filmfest München 2022 Thimotée und Marie getroffen und sie zu dem Film, den 1980ern und ihren eigenen Musikvorlieben befragt.

Was hat euch an Die Magnetischen gereizt? Warum wolltet ihr bei dem Film mitmachen?

Thimotée Robart: Weil ich Geld brauchte! Nein, im Ernst, ich mochte das Drehbuch einfach sehr gern. Die Musik. Die Beziehung der beiden Brüder. Der Film nimmt uns mit in die 1980er und erzählt eine ganz klassische Coming-of-Age-Geschichte, in der ich mich sofort wiederfinden konnte.

Marie Colomb: Für mich war es zunächst ein Casting wie jedes andere. Nachdem ich das Drehbuch gelesen habe, war ich aber sofort schockverliebt und habe alles dafür gegeben, um diese Rolle zu bekommen. Ich fand es so toll, mit wie viel Liebe diese Epoche beschrieben wurde, gerade auch weil der Regisseur Vincent Maël Cardona diese Zeit eigentlich nicht wirklich miterlebt hat. Ich mochte auch meine Figur, die so frei ist und die beiden Brüder liebt und dabei von niemandem verurteilt wird. Außerdem hat mir die Musik gut gefallen.

Thimotée Robart: Ich fand es auch schön, dass die Zeit damals nicht so verklärt wird, wie es bei anderen Filmen oft der Fall ist. Du hast da manchmal den Eindruck, dass damals alles besser war und sexyer. Vincent wollte die 80er zeigen, wie sie wirklich waren, und wie es war, in dieser Epoche wirklich zu leben, mit all den hässlichen Dingen.

Ihr selbst habt die frühen 80er natürlich auch nicht erlebt. Was glaubt ihr, wie war die Zeit damals?

Thimotée Robart: Es war eine Zeit, in der sich Frankreich stark verändert hat. Politisch gab es einen großen Wechsel mit Mitterand. AIDS kam auf. Alles wurde anders. Das war es auch, was Vincent so sehr daran interessierte. Es ging ihm nicht um bloße Nostalgie.

Marie Colomb: Für mich war es spannend, eine Zeit vor der digitalen Revolution kennenzulernen. Wir sind vermutlich die letzte Generation, die überhaupt noch Teile davon mitbekommen hat. Meine Großmutter hatte zum Beispiel noch eines dieser alten Telefone. Ein 15-Jähriger von heute wird vermutlich mit vielem im Film nichts mehr anfangen können und so etwas wie eine Musikkassette gar nicht mehr kennen. Ich glaube auch, dass die 80er eine Zeit der Hoffnung war, dass sich vieles zum Besseren verändern würde. Die Ernüchterung kam erst später.

Und wie habt ihr euch vorbereitet auf den Film, um euch in dieser Zeit zu fühlen?

Thimotée Robart: Das war gar nicht so schwierig, weil vieles von dem, was wir im Film erzählen, heute noch genauso wäre. Sich in den frühen 80ern in jemanden zu verlieben ist kein anderes Gefühl, als wenn du dich heute vierzig Jahre später verliebst. Das ist alles ziemlich zeitlos.

Marie Colomb: Das stimmt. Was aber eine Umgewöhnung war, das war die Sprache. Vincent hat uns viele Filme von damals zum Anschauen gegeben, damit wir uns in die Sprache finden konnten und hören konnten, wie die Jugend damals gesprochen hat. Da hat sich schon einiges geändert. Wir benutzen heute eine ganze Reihe von Füllwörtern, die man damals nicht verwendete, und ich musste mich schon sehr zurückhalten, dass ich nicht irgendwo ein „voilà“ oder ein „okay“ einbaute. Das war schon auch Arbeit. Die Hauptarbeit hatten aber die Leute, die für das Szenenbild und die Kostüme verantwortlich waren. Gerade bei den Kostümen musstest du aufpassen, dass sie nicht nach 80er Jahre Revival aussahen. Die 80er sind ja gerade wieder ziemlich in. Die Kostüme sollten aber so aussehen, wie sie damals waren, und nicht, wie wir sie uns heute vorstellen.

Nachdem ihr die 80er Jahre kennengelernt habt: Welche andere Epoche würde euch interessieren, wenn ihr sie euch aussuchen könntet?

Thimotée Robart: Ich würde gern das antike Rom kennenlernen und zusehen, wie die Leute sich gegenseitig im Kolosseum umbringen.

Marie Colomb: Bei mir wäre es das Mittelalter. Ich weiß, dass es eine schreckliche Zeit war, bin aber total fasziniert davon. Deswegen würde ich nur kurz vorbeischauen und dann wieder zurückgehen.

Ein weiteres Thema in Die Magnetischen ist der Gegensatz von Stadt und Land. Welcher Typ seid ihr selbst?

Marie Colomb: Ich brauche beides. Glücklicherweise habe ich inzwischen auch beides. Ich lebe heute in Paris, wo ich das kulturelle Leben sehr genieße und auch brauche. Ursprünglich komme ich aber vom Land und habe dort auch noch meine Wurzeln, weshalb ich immer wieder zurückkommen kann.

Thimotée Robart: Ich habe immer in Paris gelebt, weswegen das mit dem Leben auf dem Land für mich nie ein Thema war. Das ginge momentan auch gar nicht, weil du als Schauspieler nur in der Stadt deine Engagements bekommst.

Im Film redet ihr aber davon, dass man seine Heimatstadt irgendwann verlassen muss, um die Welt kennenzulernen und auch herauszufinden, wer man selbst ist. Würdest du dem zustimmen?

Thimotée Robart: Ja, das gilt aber nur, wenn du an einem beschissenen Ort lebst. (lacht)

Marie Colomb: Ich würde dem zustimmen. Für mich war es sehr wertvoll, von zu Hause wegzugehen und etwas Neues zu sehen.

Thimotée Robart: … weil du an einem beschissenen Ort gelebt hast.

Marie Colomb: Für mich war es auch wichtig, weil ich dadurch so viele spannende Leute kennengelernt habe, die mich auf meinem Weg in die Schauspielerei inspiriert haben.

Warum habt ihr überhaupt mit der Schauspielerei angefangen?

Thimotée Robart: Ich wollte eigentlich gar kein Schauspieler werden. Meine Eltern waren beide Schauspieler und ich habe ihnen immer gesagt, dass ich nicht so ein Leben wie sie führen möchte. Mein eigentlicher Beruf ist auch gar nicht Schauspieler, sondern Tonassistent. Tatsächlich kennen Marie und ich uns auch von vorher, weil ich ein Praktikum beim Fernsehen gemacht habe und an einer Show gearbeitet, wo sie mitgespielt hat. Es war daher ganz lustig, als wir uns bei Die Magnetischen wiedergetroffen haben.

Marie Colomb: Ich wollte immer schon Schauspielerin werden, seit ich sechs Jahre bin. Am Anfang gab es für mich dabei aber nur das Theater und ich wollte gar nichts anderes. Ich bin erst mit 18 beim Dreh eines Films gelandet und habe mich in diese Arbeit verliebt.

Und spielst du jetzt noch Theater?

Marie Colomb: Nein. In Frankreich brauchst du beim Theater eine richtige Schauspielausbildung um voranzukommen. Du musst an einer großen Schauspielschule gewesen sein. Beim Kino kannst du es auch ohne schaffen.

Und wie wichtig ist Musik in eurem Leben? In Die Magnetischen geht es sehr viel über das Thema.

Marie Colomb: Bei mir ist es sehr wichtig, weil ich aus einer Musiker-Familie komme. Ich höre auch viel Musik, wenn es mir gerade schlecht geht und ich auf andere Gedanken kommen will.

Thimotée Robart: Ich höre auch sehr viel Musik. Eine Zeit lang habe ich vor allem Rockmusik mit Sängerinnen gehört, keine Ahnung warum. Vor Kurzem habe ich Mazzy Star für mich entdeckt und ich liebe ihre Stimme! Ansonsten höre ich viel Reggae. Reggae geht immer. Manchmal auch elektronische Musik, wenn mir danach ist.

Marie Colomb: Ich höre eigentlich alles, von Rock über Jazz und Klassik bis zu Pop. Mit Reggae kann ich hingegen nicht so viel anfangen.

Und wie geht es bei euch jetzt schauspielerisch weiter?

Marie Colomb: Ich habe in dem Film „As bestas“ mitgespielt, der in Cannes Premiere feierte und der gerade in Frankreich angelaufen ist. Außerdem habe ich einen Film gedreht, über den ich aber noch nicht so viel verraten kann.

Vielen Dank für das Gespräch!



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