1988, ein Tag nach Halloween: Während die anderen in ihrem Alter noch von den Erfahrungen des Vorabends zehren, ist die 12-jährige Erin (Ridley Lai Nelet) bereits unterwegs. Schließlich ist es der erste Tag bei ihrem neuen Job, bei dem sie die lokale Zeitung „Hell Day“ austragen darf. Ganz einfach ist das nicht, immer wieder trifft sie auf neue Herausforderungen. Sie trifft aber auch auf Erin (Riley Lai Nelet), Mac (Sofia Rosinsky) und KJ (Fina Strazza), die ebenfalls als Nebenjob Zeitungen austragen. Und das ist nicht das Einzige, was die vier gemeinsam haben, finden sie sich doch nach einer Reihe seltsamer Vorkommnisse plötzlich in der Zukunft wieder. Aber wie sind die dort gelandet? Und wie sollen sie nur wieder zurückkommen?
Zwischen Vergangenheit und Zukunft
Gerade erst ist die vierte Staffel von Stranger Things zu Ende gegangen und verteidigte dabei ihren Status als popkulturelles Phänomen. Ein günstiger Zeitpunkt also, um die akuten Entzugserscheinungen der Fans anderweitig stillen zu wollen. Zumindest wird es nicht wenige geben, welche die Amazon Prime Video Serie Paper Girls mit der Erfolgsproduktion des Konkurrenten vergleichen werden. Schließlich geht es in beiden Titeln um eine Gruppe junger Menschen aus den 1980ern, welche eine Reihe eigenartiger Erfahrungen machen und große Geheimnisse lösen müssen. Um eine bloße Kopie des naheliegenden Vorbilds handelt es sich hierbei jedoch nicht. Entsprechende Vorwürfe sind also kaum gerechtfertigt.
Der erste größere Unterschied: Der Nostalgiefaktor, auf den Stranger Things setzt und welcher auf viele andere Filme und Serien überschwappte, spielt in Paper Girls keine wirkliche Rolle. Zwar gibt es hier einige Elemente, die an die damalige Zeit erinnern – in einer der ersten Folgen läuft beispielsweise A Hazy Shade of Winter von den Bangles. Aber das wird alles recht sparsam eingesetzt. Aus gutem Grund: Die Geschichte spielt nur zu Beginn in den 1980ern. Im Anschluss geht es um die Erfahrungen, welche die vier in der Zukunft machen. Für Nostalgie ist in einem solchen Umfeld natürlich wenig Platz. Tatsächlich futuristisch wird es aber nicht, da die Zukunft der Mädchen unsere Gegenwart ist. Wer bei einer Serie über Zeitreisen also entweder mehr über die Vergangenheit oder künftige Visionen sehen möchte, der geht ziemlich leer aus.
Begegnung mit dem eigenen Ich
Interessant ist im Hinblick auf die Zeitreisen dafür, welche Auswirkungen dies auf die Mädchen hat. So müssen sie dabei nicht nur Abenteuer überstehen und Gefahren entkommen – darunter die von Adina Porter gespielte Prioress, welche von einer mysteriösen Organisation stammt. Sie müssen sich vor allem mit ihrer jeweiligen Zukunft auseinandersetzen. Das ist letztendlich auch der interessanteste Teil von Paper Girls: Die Begegnung mit ihrem zukünftigen Ich ist für beide Seiten oft ernüchternd. Für die Mädchen, weil sie erkennen müssen, was aus ihnen geworden ist. Für die Frauen, weil ihnen vor Augen geführt wird, dass ihr Leben nicht so verlaufen ist, wie sie sich das wünschten. Da geht es um Themen wie Selbstverwirklichung, aber auch wie sehr wir durch außenstehende Faktoren geprägt werden.
Was hingegen weniger interessant ist, das ist die eigentliche Geschichte um die Zeitreise. Sie ist weder so komisch, wie man sich das vorstellen würde – die plötzliche Konfrontation mit der Technik der Zukunft ist immer für etwas Culture Clash gut –, noch so spannend. Das liegt auch daran, dass Paper Girls viel von der zwischenmenschlichen Komponente erzählt, wenn es um die Beziehungen der Mädchen geht. Denn die sind keine Freundinnen, wie wir später erinnert werden, sondern nur Leidensgenossinnen, deren Gemeinsamkeit darin bestand, Zeitungen austragen zu wollen. Dass dieser Dramapart einen so großen Anteil hat, stößt bei Fans der gleichnamigen Comicreihe von Brian K. Vaughan und Cliff Chiang auf wenig Gegenliebe. Für sich genommen ist die Serie aber durchaus solide, wenngleich sicher kein Ereignis nach der Art von Stranger Things.
OT: „Paper Girls“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Georgi Banks-Davies, Destiny Ekaragha, Karen Gaviola, Mairzee Almas
Drehbuch: Stephany Folsom, Christopher Cantwell, Christopher C. Rogers, Lisa Albert, K.C. Perry, Kai Yu Wu
Idee: Stephany Folsom
Vorlage: Brian K. Vaughan, Cliff Chiang
Musik: The Haxan Cloak
Kamera: Zachary Galler, Tarin Anderson
Besetzung: Camryn Jones, Riley Lai Nelet, Sofia Rosinsky, Fina Strazza, Adina Porter, Ali Wong, Nate Corddry
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)