Nach dem Ende seiner Karriere im Ring und als Trainer, sowie dem Krebstod seiner Frau Adrian, hat sich Rocky Balboa (Sylvester Stallone) endgültig zur Ruhe gesetzt. In seiner alten Wohngegend hat er ein kleines Restaurant eröffnet und unterhält die Gäste jeden Abend mit seinen Geschichten von seinen Kämpfen gegen Apollo Creed oder seiner Zeit als Schwergewichtschampion. Zu seinem Sohn (Milo Ventimiglia) hat er eine angespannte Beziehung seit dem Tod seiner Frau, was die Entfremdung von Vater und Sohn noch weiter beflügelt hat, besonders da Rocky Jr. das Gefühl hat, stets im Schatten seines berühmten Vaters zu stehen. Neben den Geschichten, die er seinen Gästen erzählt sowie den täglichen Besuchen von Adrians Grab, sind es die Begegnungen mit Adrians Bruder Paulie (Burt Young), die Rocky noch an alte Zeiten erinnern.
Trotz seines Alters, was eine Rückkehr zum Ring eigentlich undenkbar macht, verspürt Rocky einen Drang zurück zu seiner alten Wirkungsstätte, vor allem nach der Simulation einer Sportsendung, nach der er in einem Kampf gegen den amtierenden Champion Mason „The Line“ Dixon (Antonio Traver) als Sieger durch Knockout hervorgehen würde. Bereits kurz nach der Übertragung versuchen die Manager Dixons mit Balboa Kontakt aufzunehmen, da ein solcher Kampf nicht nur eine wahre Sensation darstellen würde, sondern auch für ihren Klienten eine wahre Herausforderung sein könnte, haben die Boxfans ihn doch trotz über 30 gewonnener Kämpfe noch nicht akzeptiert. Trotz des Widerstandes seiner Freunde und seines Sohnes, der ihm abermals vorwirft, er würde hierbei nur an sich denken und nicht an das Wohl seiner Familie, macht sich Rocky daran, nochmals als Kämpfer zugelassen zu werden und sich auf den Kampf vorzubereiten.
Ein würdiges Ende
Als Anfang der 90er Jahre die Dreharbeiten zum fünften Teil der beliebten Rocky-Reihe abgeschlossen waren, sollte dies der letzte Eintrag in der Geschichte um den Boxer aus Philadelphia sein, der sich, entgegen aller Stimmen gegen ihn, immer wieder gegen seine Gegner in- und außerhalb des Ringes durchsetzen konnte. Nicht nur wegen der größtenteils negativen Kritiken des Filmes war Hauptdarsteller und Drehbuchautor Sylvester Stallone unzufrieden mit diesem Film, er hatte sich auch generell ein besseres Ende für einen seiner weltweit populärsten Charaktere neben John Rambo gewünscht, sodass er sich über ein Jahrzehnt später an die Arbeit zum Drehbuch zu Rocky Balboa machte, den er dieses Mal auch inszenieren wollte. War Rocky V noch eine Enttäuschung für Stallone und die Fans des „Italian Stallion“ gewesen, so war Rocky Balboa vom Publikum wie von der Kritik gefeierte Neuentdeckung oder Wiederbegegnung mit einer Figur, die mittlerweile fester Bestandteil der Popkultur geworden ist.
Als die ersten Trailer zu diesem neuen Eintrag in die Rocky-Reihe das Licht der Welt erblickten, verband sich ironischerweise Fiktion mit Wirklichkeit, denn keiner glaubte daran, dass es Stallone schaffen würde, mit seiner Regiearbeit an den einstigen Erfolg der Reihe anzuknüpfen. Stattdessen aber übertraf er nicht nur die Erwartungen, sondern legte auch indirekt den Grundstein für die Creed-Reihe, in der sich die Geschichte von Rocky fortsetzte, dieses Mal allerdings in der Rolle eines Trainers. Zum einen ist dies der Darstellung Stallones an sich zu verdanken, aber auch seinem Gefühl für die Welt, in der Rocky lebt, die ihn mit einer Mischung aus Nostalgie und Heldenverehrung begegnet. Generell scheint sich in der Ecke Philadelphias, in der Rocky und Paulie hausen seit dem ersten Film der Reihe, zumindest wenn man der Darstellung in den Filmen trauen darf, nicht viel geändert zu haben. Wenn überhaupt scheint sich das Elend, die Arbeitslosigkeit und der allgegenwärtige Verfall noch erweitert zu haben, wie in einer frühen Sequenz eingefangen wird, in der Balboa und sein Schwager Orte aufsuchen, die für sie besonders wichtig sind und die Fans der Reihe wohl schnell erkennen werden. Es ist ein Ort, in dem lokale Mythen und Legenden noch Platz haben, zu Geschichten werden über einen Aufstieg und ein Glück, doch zugleich mit der Zuversicht versehen werden, dass heute dies nicht mehr möglich sein kann.
Einstecken statt austeilen
Wie für das Genre des Boxerfilms üblich, ist das Körperliche als Metapher für bestimmte Themen zu verstehen. Im Falle Stallones ist der Körper, vor allem aber das Gesicht eine Landkarte dieser unzähligen Prüfungen, Kämpfe, der Siege und Enttäuschungen im Leben, was nicht nur seine Darstellung in diesem Film ausmacht, sondern auch seine wenig später folgende Wiederentdeckung der Figur John Rambo in dem gleichnamigen Film von 2008. Wie Rocky seinem Sohn sagt, kommt es auf das Einstecken von Schlägen an und wie man dies verkraftet, und weniger auf das Austeilen, da sich so der Wert eines Menschen nicht ermessen lasse. Stallone zeigt diese Version des „Italian Stallion“ als einen Charakter, der bereits viel einstecken musste, doch ebenso viel von diesem Ballast endlich loswerden muss. Rocky wird zu einer Art Spiegelbild für den Zuschauer, einem Charakter, dem man sich nahe fühlt, den man gerne anfeuert, ohne dass dies übertrieben kitschig wirkt.
Neben einer eigenen Darstellung und seinem Verständnis für die Figuren, zeichnet sich Rocky Balboa durch Qualitäten aus, die man von der Reihe bereits kennt. Abgesehen von einigen Szenen und Montage, die sehr an die alten Filme erinnern (unterlegt natürlich von der unverwechselbaren Filmmusik Bill Contis), sind es auch die Aufnahmen aus dem Ring, die packend und spannend inszeniert und geschnitten sind.
OT: „Rocky Balboa“
Land: USA
Jahr: 2006
Regie: Sylvester Stallone
Drehbuch: Sylvester Stallone
Musik: Bill Conti
Kamera: Clark Mathis
Besetzung: Sylvester Stallone, Burt Young, Antonio Traver, Milo Ventimigilia, Geraldine Hughes, James Francis Kelly III, Tony Burton
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