Auch wenn Martin (Rasmus Bjerg) keine direkten Sorgen plagen, so richtig zufrieden ist er mit seinem Leben nicht. Auf der Suche nach einem neuen Sinn beschließt der Däne deshalb, erst einmal seine Frau Anne (Sofie Gråbøl) zu verlassen, nach Norwegen zu reisen und dort so zu leben, wie es seine Vorfahren getan haben. Ganz so einfach ist das aber nicht wie gedacht. Immer wieder stößt er an seine Grenzen, wenn er feststellen muss, dass ein Fell zu tragen aus ihm noch keinen Wikinger macht. So braucht es selbst in dieser Situation noch Geld, um irgendwie überleben zu können. Richtig kompliziert wird es aber erst, als er Musa (Zaki Youssef) über den Weg läuft und dieser in ihn in eine fiese Geschichte hineinzieht …
Zurück zur (vermeintlichen) Natur
Nicht erst seit der Corona-Pandemie empfinden viele Menschen das tiefe Bedürfnis, sich in die Natur zurückzuziehen, das bisherige Leben hinter sich zu lassen und in der zeitlosen Abgeschiedenheit wieder zu sich zu finden. Dass diese Menschen mit der selbst gewählten Situation oft überfordert sind, liegt ein wenig in der Natur der Sache, das Ergebnis einer zivilisatorisch bedingten Entfremdung. Für Filme ist das immer wieder ein spannendes Thema, welches auf die unterschiedlichsten Weisen beleuchtet werden kann. Leave No Trace und Abseits des Lebens erzählten jeweils von Leuten, die im Leben traumatische Erfahrungen gemacht haben und in Folge die Anwesenheit anderer nicht mehr ertrugen. Wild Men nähert sich diesem Phänomen hingegen von einer deutlich humoristischeren Seite an, betont die Komik eines solchen Unterfangens.
Genauer entlarvt Regisseur und Co-Autor Thomas Daneskov die Versuche eines Lebens in der Natur als reine Maskerade. So hat Martin zwar beste Absichten, ist letztendlich aber zu weltfremd, um wirklich in der Natur zu leben und nicht nur so zu tun. Im Zweifel will er dann doch nicht auf alle Bequemlichkeiten verzichten, an die er sich so gewöhnt hat. Und damit ist er nicht der einzige: In einer der lustigsten Szenen von Wild Men erkunden wir gemeinsam mit dem Protagonisten ein vermeintlich authentisches Wikingerdorf, bei dem einiges reine Fassade ist. Das hat mehr von einer Freizeitveranstaltung, welche der Entspannung wegen gesucht wird. Eine Verkleidung, die man sich überwirft, um eine Zeit lang Spaß zu haben und abzuschalten. Eine tatsächliche Rückbesinnung auf ein naturgegebenes Leben sieht anders aus.
Spaßig und brutal komisch
Daraus hätte man eine reine Satire machen können, welche realitätsfremde Macho-Männlichkeitsbilder genüsslich demontiert, ein bisschen wie The Art of Self-Defense. Alternativ wäre auch eine eher der Albernheit zugetane Komödie denkbar gewesen, in der unser Held dauern irgendwas falsch macht und in peinliche Situationen gerät. Stattdessen wendet sich Wild Men mit der Zeit stärker dem Genrefilm zu. Durch das Auftauchen des Drogendealers Musa, der mit einigen richtig finsteren Typen zu tun hat, nimmt der Film eine deutlich dunklere Färbung an. Vor allem Fargo wird an der Stelle gern mal als Vergleichsmaterial herangezogen, wenn es im frostigen Norwegen brutal komisch wird – überzogene Figuren inklusive.
Ein vergleichbarer Kultfilm wird Wild Men wohl kaum werden. Spaß macht der dänische Film, der auf einer Reihe von Festivals zu sehen war, aber auf alle Fälle. Vor allem die Darstellung von Rasmus Bjerg (Sons of Denmark – Bruderschaft des Terrors), der zwischen naiv und empört wechselt, trägt dazu bei, dass man hier ganz gerne zusieht, wie ein vermeintliches Aussteigerabenteuer völlig in die Hose geht. Sofie Gråbøl hat da als seine liebende Ehefrau eine im Vergleich deutlich undankbarere Rolle. Aber so ist das eben in einer Männerwelt: Da erkennt man vor lauter Bäumen zuweilen den Wald nicht mehr. Man kann sich ja nicht einmal sicher sein, dass das überhaupt noch Bäume sind oder nicht doch nur ein Imitat, das des schönen Scheins wegen aufgestellt wurde.
OT: „Vildmænd“
Land: Dänemark
Jahr: 2021
Regie: Thomas Daneskov
Drehbuch: Thomas Daneskov, Morten Pape
Musik: Ola Fløttum
Kamera: Jonatan Rolf Mose
Besetzung: Rasmus Bjerg, Zaki Youssef, Marco Ilsø, Sofie Gråbøl
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