Schon seit Längerem träumt die Stripperin Gypsy (Lena Headey) davon, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und noch einmal von vorne anzufangen. Nun scheint dieser Traum in greifbare Nähe gerückt zu sein, als sie das Angebot erhält, ein Buch zu schreiben. Doch dieser Plan fällt ins Wasser, als sie Sam (Dean Scott Vazquez) trifft, den 10-jährigen Nachbarsjungen. Dessen Familie wurde gerade brutal ermordet, nachdem der Vater den Gangsterboss Jack (Sam Worthington) bestohlen hat. Nun machen dessen Killer auch Jagd auf Sam, weil sich in dessen Besitz die Beute befinden soll. Auch wenn Gypsy mit Kindern nicht viel anfangen kann und sie sich eigentlich auf ihr Buch konzentrieren will, beschließt sie, dem Jungen zu helfen – womit sie sich selbst in große Gefahr bringt …
Mehr Drama als Action
In Krimis und Thrillern ist sie immer wieder anzutreffen: die Figur der Prostituierten mit dem goldenen Herzen, welche dem Protagonisten zur Seite steht und eine Nähe schenkt, die dieser sonst nicht kennt. In 9 Bullets wurde diese Prostituierte zwar durch eine Stripperin ersetzt. Außerdem kommt sie hier nicht als Love Interest in Frage, da der Protagonist ein kleiner Junge ist. Man scheint sich insgesamt aber schon an entsprechenden Genrebeiträgen orientiert zu haben, bei dem Versuch eine eigene Fassung davon zu kreieren. Genauer hat man den Eindruck, dass eine ganze Reihe von Filmen Pate standen, die hier dann zusammengeworfen wurden, ohne dass sich jemand Gedanken darüber gemacht hätte, ob das so überhaupt auch passt.
Eine Warnung in der Hinsicht vorab: Auch wenn 9 Bullets als actionreicher Thriller verkauft wird, der Film erfüllt diese Erwartungen nur bedingt. Natürlich sind die beiden auf der Flucht vor brutalen Gangstern, weshalb es zu der einen oder anderen brenzligen Situation kommt. Diese sind aber recht selten und kurz. Sie sind noch nicht einmal besonders gut. Eines der seltenen Highlights ist, wenn Barbara Hershey in einer Nebenrolle beweist, dass sie auch jenseits der 70 noch für prägnante Auftritte gut ist. Während ihre Figur in dem Kontext noch einigermaßen funktioniert, sind andere Frauenrollen eigenartige Fremdkörper. Wie so oft bei Roadmovies darf das Duo unterwegs mit anderen Leuten etwas zu tun haben, die nicht immer relevant sind für die Geschichte, aber für ein wenig Abwechslung sorgen sollen.
Tödliche Langeweile
Der Film handelt dann insgesamt auch weniger von dem Kampf mit dem Gangsterboss, auch wenn Artwork und Titel das suggerieren. Stattdessen konzentriert sich Regisseurin und Drehbuchautorin Gigi Gaston mehr auf das Verhältnis zwischen den ungleichen Hauptfiguren. Gypsy wird zu einer Ersatzfamilie für den Jungen, der auf einen Schlag alle Leute verloren hat, die ihm wichtig sind. 9 Bullets wird so zu einem süßlichen Drama, das sich an emotionaler Tiefe versucht. Das klappt nur leider nicht. Auch wenn sich Lena Headey (Twist, 300) redlich bemüht, eine nuancierte Vorstellung der Protagonistin aufzuzeigen, das bleibt alles an der Oberfläche. Mehr als Klischees, verbunden mit ungelenken Dialogen, ist da nicht drin.
Letzten Endes ist das größte Problem von 9 Bullets aber, dass es kein wirkliches Konzept gibt. Der Film besteht aus lauter Einzelteilen, die für sich genommen schon nicht gut sind und in Kombination erst recht nicht funktionieren. Bei dem seltsamen Genremix kommen weder Fans tiefgründiger Dramen noch von Actionreißern auf ihre Kosten. Die Geschichte um eine zynische Stripperin mit literarischen Ambitionen, einen Jungen mit Bitcoin-Sucht und einen Gangsterboss, der offensichtlich nur Pfeifen beschäftigt, bleibt ein Stückwerk. Eines, das zudem mit ausufernden Dialogen langweilt. Dass der Film bei uns erscheint, dürfte in erster Linie auf die bekannten Namen zurückzuführen sein, die groß auf dem Cover zu finden sind. Die Spannung wird man hingegen vergeblich suchen.
OT: „9 Bullets“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Gigi Gaston
Drehbuch: Gigi Gaston
Musik: Hugo de Chaire
Kamera: Byron Werner
Besetzung: Lena Headey, Dean Scott Vazquez, Sam Worthington, Barbara Hershey, La La Anthony
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