In Bad Sisters folgen wir vier Schwestern, die ein gemeinsames Ziel haben: Sie wollen ihren Schwager JP umbringen, der das Leben der fünften Schwester zur Hölle macht. Der dänische Schauspieler Claes Bang spielt in der Serie das ungeliebte Familienmitglied, das alle Leute zur Weißglut bringt. Zum Start der schwarzhumorigen Thrillerkomödie am 19. August 2022 auf Apple TV+ unterhalten wir uns mit Claes über seine Figur, den Reiz von Antagonisten und den richtigen Umgang mit Arschlöchern.
Was hat dich an Bad Sisters gereizt? Warum wolltest du in der Serie mitspielen?
Als mir das Drehbuch zugeschickt wurde, dachte ich beim Lesen sofort: Ich habe noch nie etwas Vergleichbares gesehen oder gelesen. Für mich war es sehr besonders und originell. Ich mochte auch meine Figur, selbst wenn sie bestimmt nicht die angenehmste Person ist.
Könntest du uns mehr über diese Figur verraten? Wen spielst du?
Ich spiele JP, der mit der zweitältesten von fünf Schwestern verheiratet ist. Er ist ziemlich anstrengend, unangenehm, ein Arschloch eigentlich. Er ist nicht nett zu seiner Frau, ist nicht nett zu irgendeiner der Schwestern. Er empfindet diese Schwestern als große Bedrohung für seine Familie, weswegen er ständig andere heruntermacht, damit er selbst besser dasteht. Wir erfahren gleich zu Beginn der Serie, dass er tot ist. Daraus ergibt sich die Frage: Wie ist er gestorben und wer hat es getan? Es gibt so viele Leute, die ihn getötet haben könnten. Es steht ja nicht einmal fest, dass er überhaupt ermordet wurde.
Du hast schon gemeint, dass JP keine sehr angenehme Person ist. Es ist ja schon als bloßer Zuschauer bzw. Zuschauerin unangenehm, mit ihm Zeit zu verbringen. Wie war es da für dich, ihn zu spielen?
Oh, mir hat das sehr viel Spaß gemacht, weil die Szenen alle so toll geschrieben waren. Du brauchst natürlich aber auch Leute um dich herum, mit denen du das so spielen kannst. Und das hatte ich, es waren richtig coole Leute. Gleichzeitig war es aber auch spürbar, dass ich immer der meistgehasste Mensch im Zimmer war. Wenn ich nach zehn Stunden Dreh nach Hause zu meiner Frau kam, war ich manchmal schon deprimiert. Das geht nicht spurlos an dir vorüber, wenn alle dich hassen und Pläne schmieden, wie sie dich umbringen können. Insgesamt war es aber ein großer Spaß.
Du hast zuvor schon mehrere Antagonisten gespielt, etwa in Dracula oder kürzlich in The Northman. Macht es dir mehr Spaß, den Guten oder den Bösen zu spielen?
Spontan würde ich sagen, dass der Böse mehr Spaß macht, weil du da andere Möglichkeiten hast. Du kannst als Böser alles machen, was du willst, ohne dich irgendwie einschränken zu müssen. Du hast da mehr Raum. Gleichzeitig muss ich sagen, dass meine Lieblingsrolle die aus The Square war. Und das war kein böser Mensch. Dennoch durfte ich damals alles machen, was ich wollte, und mich an so vielem ausprobieren. Klar hat meine Figur niemanden erschossen oder ist auf dem Mond gelandet. Ansonsten hat sie aber so viel erlebt und hat so viele außergewöhnliche Erfahrungen gemacht, auch weil sie sich zum Teil richtig dämlich verhalten hat. Das habe ich geliebt. Insofern ist der Böse nicht automatisch der interessanteste Charakter einer Geschichte.
Und nun aus Sicht des Publikums: Was macht für uns einen Antagonisten interessant?
Ich kann da natürlich nur für mich selbst sprechen und muss deshalb ein wenig spekulieren. Aber ich glaube, dass wir immer nach etwas suchen, mit dem wir uns selbst identifizieren können. Egal ob wir nun ein Buch lesen, ein Theaterstück besuchen oder uns Kunst anschauen, wir suchen uns selbst in den Geschichten der anderen.
Und war deine Selbstsuche bei JP erfolgreich?
Oh ja, da gibt es so viel, mit dem ich mich identifizieren kann. Wir alle haben unsere Mängel und Schwächen. Die Frage ist nur, ob wir uns selbst gestatten, diese Seite in uns zu offenbaren. Bei JP durfte ich das und mich beim Spielen von meinem eigenen Leben inspirieren lassen oder auch von Leuten, die ich getroffen habe. Ich liebe diese Geschichte über Harry Dean Stanton, der zu Jack Nicholson gesagt haben soll, dass er nicht wirklich wüsste, wie er eine bestimmte Figur spielen sollte. Jack Nicholson sagte daraufhin: Sei einfach nur du selbst, den Rest erledigen die Kostüme. Und ich glaube, da ist eine Menge dran. Ich spiele in meinen Filmen immer mich selbst. Nur sind es jedes Mal andere Facetten, die ans Tageslicht kommen. Ich muss mich identifizieren können auf irgendeine Weise, weil ich anders die Figur gar nicht leben könnte. Und wenn ich sie nicht leben kann, dann ist sie auch nicht wahr.
Warum ist JP überhaupt so gemein zu allen, nicht nur zu seiner Frau, sondern auch den Schwestern? Sein Leben wäre deutlich einfacher, wenn er mit allen klarkäme …
Absolut! Ich denke, dass er sie auf Abstand halten will, weil er sie als Bedrohung wahrnimmt. Sie versuchen immer wieder, Einfluss auf seine Beziehung zu seiner Frau oder seiner Tochter zu nehmen. Zumindest nimmt er das so wahr. Ich glaube aber nicht, dass das so stimmt. Er bildet sich diese Bedrohung nur ein. Klar, in der Serie gibt es sie dann schon, wenn sie ihn umbringen wollen. Das ist schon ein massiver Eingriff. Aber es ist das Ergebnis der jahrelangen Misshandlungen. Vielleicht ist er auch einfach neidisch, weil er selbst nie so enge Familienbeziehungen hatte. So bin ich zumindest an die Figur herangegangen.
Wie würdest du mit einem Menschen wie JP umgehen, wenn der in deinem eigenen Leben auftauchen würde?
Ich würde versuchen, dieser Person aus dem Weg zu gehen. Vorausgesetzt, dass das überhaupt möglich ist, würde ich denjenigen machen lassen, was er will, und mich zurückziehen. JP ist eine sehr toxische Person, die du nicht in deinem Leben haben wolltest.
Die Schwestern haben diese Möglichkeit nicht. Stattdessen wollen sie ihn umbringen. Tatsächlich besteht ein Großteil der Serie aus den Überlegungen, wie man ihn am besten loswird. Was wäre deine Methode, wenn du dich entscheiden müsstest?
Wow, jetzt wird es richtig fies. Ich weiß nicht. Ich würde niemals wollen, dass das geschieht. Ich will nicht einmal eine Antwort auf diese Frage finden, weil es nichts gibt, das jemals rechtfertigen würde, einen anderen Menschen zu töten. Wir verlieren all unsere Menschlichkeit, sobald es für uns okay ist, jemanden zu töten.
Diese Mordpläne der Schwestern werden in der Serie humorvoll dargestellt. Kannst du selbst über diesen Humor lachen?
Was ich an Bad Sisters mag, ist dass es hier nicht diesen Ha-Ha-Humor gibt, bei dem dauernd irgendwelche Witze gerissen werden. Wenn die Serie komisch wird, dann weil sich das aus der Situation ergibt und vieles hier so unangenehm und verzerrt ist. Das spricht mich mehr an als eine Komik, wie man sie in Sitcoms findet und die auf Punchlines setzt.
Vielen Dank für das Gespräch!
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