Winnetou (Mika Ullritz) ist zwölf Jahre alt und Sohn des Häuptlings der Apachen. Während sein Vater Intschu tschuna (Mehmet Kurtulus) der Meinung ist, der Junge sei noch viel zu hitzköpfig und müsse erst noch lernen, Verantwortung zu übernehmen, sieht Winnetou sich selbst schon als großen Krieger und allen wichtigen Aufgaben gewachsen. Als die Männer des Stammes erfolglos von der Jagd zurückkehren, weil die Büffel in diesem Jahr unerklärlicherweise nicht vorbeiziehen, sieht Winnetou seine große Chance gekommen: Zusammen mit dem Waisenjungen Tom (Milo Haaf) und mit der Hilfe seiner Schwester Nscho-tschi (Lola Linnéa Padotzke) macht er sich auf, das Rätsel um die verschwundenen Büffel zu lösen. Dabei müssen sie es nicht nur mit den weißen Bewohnern der nahegelegenen Stadt und deren Sheriff (Helmfried von Lüttichau) aufnehmen, sondern auch mit ein paar nicht ganz so hellen Gangstern und ihrem fiesen Anführer Todd Crow (Anatole Taubman).
Vorgeschichte der bekannten Figuren
Basierend auf den bekannten Charakteren erzählt Der junge Häuptling Winnetou ein spaßiges, kindgerechtes Abenteuer, das als Prequel zu den bereits existierenden Geschichten von Karl May angelegt ist. Die erwachsenen Figuren spielen hier nur Nebenrollen, während die Kinder eine action- und wendungsreiche Geschichte erleben. Wie man es von einem Kinderfilm erwarten kann, fällt diese aber an keiner Stelle besonders brutal aus und gestorben wird dabei auch nie – es wird höchstens Mal ein Bösewicht bewusstlos geschlagen. Mika Ullritz als junger Winnetou erweist sich dabei als echter Casting-Glücksgriff, bringt er doch sowohl Niedlichkeit als auch Stärke und Abenteuerlust überzeugend zum Ausdruck und überzeugt auch in emotionalen Szenen. An seiner Seite wirkt zwar Milo Haaf in seiner ersten Filmrolle manchmal noch etwas künstlich und gezwungen, zusammen harmonieren die beiden aber dennoch wunderbar und geben ein starkes Team ab.
Für erwachsene Zuschauer kommt die Handlung zwar überraschungsfrei daher, bietet aber für Kinder genügend Spannung und Wendungen. Die Action ist flott inszeniert; unter anderem gibt es eine Western-typische Verfolgungsjagd zu bewundern, bei der ein außer Kontrolle geratener Wagen auf eine Schlucht zurast. Auch zu lachen gibt es immer wieder etwas, vor allem dank eines ziemlich bescheuert auftretenden Gangsterpaares. Gedreht in Andalusien, glänzt Der junge Häuptling Winnetou außerdem mit großartigen Landschaftsaufnahmen und wirkt an keiner Stelle klein oder billig.
Mit viel Liebe zum Detail
Von den erwachsenen Charakteren hinterlässt Anatole Taubman (Dark, James Bond 007: Ein Quantum Trost) als Gangsterboss Todd Crow am meisten Eindruck. Taubman stattet seine Figur fast schon mit zu vielen seltsamen Ticks aus. Zusammen mit der Tatsache, dass der im Film auch „Tante Todd“ genannte Figur eine Trans-Komponente anhaftet, ergibt sich so leider wieder einmal ein Beispiel für einen stereotypen Bösewicht, bei dem sein Anderssein mit seiner Bösartigkeit verknüpft wird. Die Figuren auf der Seite der „Guten“ werden jedenfalls alle vollkommen ohne sprachliche Ticks oder ähnliche Eigenheiten dargestellt. Wobei dies in einem Film, in dem einmal mehr weiße Mitteleuropäer amerikanische Ureinwohner spielen, die durchgehend als „Indianer“ bezeichnet werden, vielleicht gar nicht das größte Problem ist.
Ist man jedoch bereit, darüber hinwegzusehen, dann erwartet einen mit Der junge Häuptling Winnetou ein mit viel Liebe zum Detail inszenierter Abenteuerfilm für Kinder, der sich durch charmante Kinderdarsteller, tolle Kostüme, eine rasante Inszenierung und stimmungsvolle Musik auszeichnet.
OT: „Der junge Häuptling Winnetou“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Mike Marzuk
Drehbuch: Mike Marzuk, Gesa Scheibner
Musik: Wolfram de Marco, Fabian Römer
Kamera: Alexander Fischerkoesen
Besetzung: Mika Ullritz, Milo Haaf, Lola Linnéa Padotzke, Mehmet Kurtulus, Anatole Taubman, Tim Oliver Schultz
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