Auf den ersten Blick haben Rani (Tannishtha Chatterjee), Lajjo (Radhika Apte), Bijli (Surveen Chawla) und Janaki (Lehar Khan) nicht wahnsinnig viel gemeinsam. Die vier sind in einem unterschiedlichen Alter, sind in verschiedenen Phasen ihres Lebens, sind Ehefrauen oder Prostituierte. Und doch haben sie eines gemeinsam: Sie leben in einem kleinen Wüstendorf im heutigen Indien. Zu sagen haben sie in der patriarchalen Gesellschaft nichts, die Männer halten eisern an alten Traditionen fest. Gleichzeitig suchen sie nach einer Möglichkeit, ein eigenes Leben zu führen und werden dabei füreinander eine wichtige Stütze …
Vier Frauen in einer Männergesellschaft
Das indische Kino bringen viele nach wie vor mit Bollywood und den damit verbundenen Klischees in Verbindung. Dabei hat das Land mit seinen rund 1,4 Milliarden Menschen filmisch deutlich mehr als das zu bieten. Das betrifft nicht nur das Geografische – Bollywood bezieht sich ursprünglich eigentlich nur auf Hindi-Filme, die in Mumbai produziert werden. Auch thematisch und inszenatorisch ist die Bandbreite deutlich größer. Kürzlich sorgte etwa die Kino-Liebeserklärung Das Licht, aus dem die Träume sind für leuchtende Augen. Zorn der Bestien – Jallikattu war ein überwältigend-rauschartiger Jagdtrip durch ein Dorf. Im Vergleich dazu ist Die Zeit der Frauen relativ zurückhaltend. Doch auch dieser Film hat dem Publikum einiges zu sagen und zu zeigen.
Das Thema ist dabei natürlich kein schönes. Regisseurin und Drehbuchautorin Leena Yadav (Haus der Geheimnisse: Die Toten von Burari) schildert, wie vier Frauen an den Bedingungen und Einschränkungen der Männergesellschaft verzweifeln. Immer wieder müssen wir mitansehen, wie sie unterdrückt werden, teilweise auch misshandelt. Vor allem das Schicksal von Lajjo, die von ihrem alkoholkranken Mann verprügelt wird, weil sie ihm kein Kind gebärt, hat einige schockierende Momente. Bijli, die als Tänzerin und Prostituierte arbeitet, hat es insofern besser, weil sie von den Männern begehrt wird. Das schützt vor Gewalt. Aber auch sie wird in Die Zeit der Frauen zu einem Objekt degradiert, welches von den Leuten zwar gern benutzt, gleichzeitig aber auch irgendwie verachtet wird.
Die Kraft der Gemeinschaft
Diesen finsteren Augenblicken setzt Yadav aber auch immer wieder welche der Freude entgegen. Die Freundschaft der Frauen und der Zusammenhalt zwischen ihnen wird zu einem Gegenentwurf zu der Welt da draußen, in denen sie nichts wert sind. Tatsächlich ist Die Zeit der Frauen ein Film, der gerade auch von einer mitreißenden Lebensfreude bestimmt ist. Diese zeigt sich gleichermaßen in den Bildern, in den leuchtenden Farben der Kleidung, die dann doch wieder an Bollywood erinnern. Auf diese Weise entstehen hier starke Kontraste. Es sind zwei Welten, die aufeinanderprallen, mit mal ermutigendem, mal ernüchterndem Ergebnis. Ersteres überwiegt jedoch: Das Drama zelebriert Weiblichkeit, gerade auch in sexueller Hinsicht, als einen Akt der Selbstbehauptung und Befreiung.
Anders als etwa Die weiße Massai, das sich mit einer unsympathischen, arroganten und zugleich oberflächlichen Protagonistin selbst im Weg ist, da fällt es hier nicht schwer, den Frauen alles erdenkliche Glück zu wünschen. Sie versuchen nicht das Umfeld nach einer eigenen Vorstellung zu verändern, sondern suchen die Freiheit, sich selbst ausdrücken zu dürfen. Das hat immer mal wieder Crowdpleaser-Qualitäten. Kein Wunder, dass das Drama, welches auf dem Toronto International Film Festival 2015 Premiere feierte, anschließend auf mehreren Filmfesten zu Gast war. Aber auch daheim und lediglich mit einem Fernseher ausgerüstet lohnt es sich, den vieren Gesellschaft zu leisten, die in der Gemeinschaft sich selbst finden und dabei über sich hinauswachsen.
OT: „Parched“
Land: Indien, UK, USA
Jahr: 2015
Regie: Leena Yadav
Drehbuch: Leena Yadav
Musik: Hitesh Sonik
Kamera: Russell Carpenter
Besetzung: Tannishtha Chatterjee, Surveen Chawla, Radhika Apte, Lehar Khan
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